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Beim Bevölkerungsschutz in Hohenlohe ist viel in Bewegung

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Der Hohenlohekreis hat schon einiges auf die Beine gestellt, um das kommunale Krisenmanagement zu verbessern. Die Sturzflut im Kochertal 2016 klingt diesbezüglich noch nach.

Wenn selbst − wie hier beim Hochwasser 2016 in Künzelsau − die Feuerwache "Land unter!" meldet, braucht es ein ausgefeiltes Konzept für den reibungslosen Ablauf der Rettungsarbeiten. Foto: Archiv
Wenn selbst − wie hier beim Hochwasser 2016 in Künzelsau − die Feuerwache "Land unter!" meldet, braucht es ein ausgefeiltes Konzept für den reibungslosen Ablauf der Rettungsarbeiten. Foto: Archiv  Foto: Zimmermann

Der Bevölkerungsschutz wird zum Top-Thema im Hohenlohekreis. Gemeinsam mit dem zuständigen Bundesamt sollen die bestehenden Strukturen durchleuchtet und das Krisenmanagement verbessert werden. Hauptauslöser war die Flutkatastrophe im Ahrtal 2021. Auch die Sturzflut im Kochertal 2016 klingt nach.

Die Auswirkungen des Klimawandels werden hierzulande immer spürbarer, aber auch Krisen wie die Corona-Pandemie oder der Ukraine-Krieg erfordern verlässliche Strukturen, um lokale Folgen zu bewältigen, weil die Mechanismen ähnlich oder identisch sind. Darauf muss sich die Kommunalpolitik einstellen. Der Kreis geht als Kümmerer voran und zimmert mit den 16 Städten und Gemeinden ein Konzept.


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Die Redaktion sprach mit Kreisbrandmeister Torsten Rönisch und dem zuständigen Dezernenten im Landratsamt, Mike Weise. Seit dem Startschuss im Mai 2022 wurde schon erstaunlich viel umgesetzt. Die neuen Schutzpläne werden in den kommenden Monaten weiter verfeinert. Das sind die wichtigsten Punkte.

  • Eigenschutz

"Die Bürger müssen sich zunächst einmal selbst schützen", sagt Rönisch. Das heißt: Sie müssen ihre Vorräte so aufstocken und lagern, "dass sie 14 Tage über die Runden kommen", wenn der Strom ausfällt oder die gewohnte Infrastruktur anderweitig gestört oder zerstört ist. "Dabei geht es vor allem um Lebensmittel und Wasservorräte." Dafür wolle man die Bürger noch stärker sensibilisieren. "Nach zwei Wochen sind dann wir vom Bevölkerungsschutz aufgerufen, adäquate Hilfe zu leisten."

  • Warnung

"Jeder sollte sich die Nina-Warn-App auf sein Handy laden", rät Rönisch. Beim zweiten bundesweiten Warntag im Dezember habe die Alarmierung "ja wunderbar funktioniert", nachdem der erste Warntag 2020 ein Flop war. Auch ein Jahr später, als die Flutkatastrophe das Ahrtal erschütterte, liefen die Warnungen ins Leere. Das soll nicht noch einmal passieren. Rönisch wirbt für einen "Warn-Mix" aus digitalen Apps und klassischen Sirenen. Bei diesen Geräten gibt es erheblichen Nachholbedarf, weil viele nach Ende des Kalten Krieges abgebaut wurden. Die meisten Kommunen wollen nun wieder Sirenen nachrüsten, doch die Fördermittel reichen hinten und vorne nicht. Außerdem mahnt Rönisch: "Es muss in allen Bundesländern die gleiche Warnschwelle geben."

  • Rettungsleitstelle

Alle Notrufe gehen in der Rettungsleitstelle des Kreises in Gaisbach ein, die rund um die Uhr besetzt ist. Der DRK-Kreisverband Hohenlohe betreibt sie. "Wir haben sie technisch auf den neuesten Stand gebracht", sagt Rönisch.

  • Alarmierungsnetz

In der Rettungsleitstelle gehen die Alarmierungen jetzt digital ein. In den vergangenen zwei Jahren wurde das zuvor analoge Netz kreisweit umgestellt. Ob Feuerwehr, Rotes Kreuz oder THW: Alle Mitglieder, die in Alarmbereitschaft sind, haben nun einen digitalen Piepser bei sich. Die Vorteile: "Die Alarmierung erfolgt verschlüsselt und ist vor Ausfällen gesichert. Außerdem ist das Netz dichter", so Rönisch. Dezernent Mike Weise ergänzt: "2025 wird auch der analoge Funk abgeschaltet und der Digitalfunk aktiviert. Das gilt es in den kommenden zwei Jahren umzusetzen." Sprechen, hören, empfangen: Auch dies wird für die Rettungskräfte dann digital und damit optimal möglich sein.

  • Informations- und Warnsystem

Die bisherigen Erfahrungen in puncto Hochwasser und Starkregen haben den Hohenlohekreis gelehrt: Man muss die gesamte Lage im Blick haben, nicht nur einzelne Kommunen. Und man muss in die Nachbarschaft schauen. Genau das gewährleistet das "Flut-Informations- und Warnsystem", oder kurz: Fliwas. Der Kreis und die Kommunen werden sich das beschaffen. "Im ersten Halbjahr 2023 gibt es die erste Kick-Off-Veranstaltung", sagt Mike Weise. "Dort können die Gemeinden ihren Bedarf anmelden." Bis Sommer soll das System eingeführt sein. "Manche Städte wie Niedernhall und Öhringen haben es schon." Nun sollen alle über dieses eine Netz zusammengeschlossen werden.

Der Fokus richtet sich verstärkt auf Sturzfluten, wie sie 2016 das Kochertal und vor allem Braunsbach heimgesucht haben. Der Unterschied zum Hochwasser: "So etwas kommt urplötzlich." Die Topographie spiele eine Hauptrolle, sagt Weise. "Für solche Starkregenereignisse müssen wir uns künftig anders aufstellen." Fliwas eignet sich dafür bestens. Alle regionalen Wetterdaten, Pegelstände, Niederschlagsmesser oder kritische Infrastrukturen sind darin hinterlegt. Nachrichten und Fotos können effektiv ausgetauscht und abgestimmte Alarmpläne gestrickt werden, sodass alle die gleichen Infos über die örtlichen Lagen haben und wenn nötig gemeinsam agieren und reagieren können.

  • Waldbrände

Um Waldbrände besser bekämpfen zu können, sei eine "Fachgruppe Forst" eingerichtet und bei der Feuerwehr Bretzfeld etabliert worden, erklärt Torsten Rönisch. Sie sei besonders ausgestattet und kooperiere mit der schon bestehenden Einheit im Landkreis Heilbronn, die bei Ellhofen sitzt.

  • Strukturanalyse

Der Hohenlohekreis kooperiert mit dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Das ist eine Besonderheit. Es gehe vor allem darum, die bestehenden Strukturen zu analysieren und wo nötig zu verbessern, sagt Rönisch. Außerdem würden die Führungsstäbe in der Verwaltung und bei den Rettungskräften 2023 sukzessive geschult und Katastrophenlagen trainiert. "Nach einem Jahr wird das dann bei einer Hauptübung im Kreis umgesetzt."

  • Personal

Torsten Rönisch kann im Landratsamt seit 2022 auf sieben Kräfte oder 4,5 Stellen zurückgreifen. Bis 2021 war es lediglich eine. "Ohne diese Verstärkungen wäre das gar nicht leistbar." Der Fachkräftemangel hat in dieser Hinsicht keine Rolle gespielt: "Wir haben alle Leute gefunden und ein tolles Team zusammengestellt."

  • Vernetzung

Die Kreisbrandmeister aus Heilbronn-Franken und die Berufsfeuerwehr Heilbronn haben laut Rönisch einen Sprengel gebildet, "damit wir uns im Krisenfall noch besser helfen können". Es gebe gemeinsame Ausbildungen und Infotage mit Experten und eine enge Abstimmung zwischen Feuerwehren und Katastrophenschutz.

 

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