Stimme+
Künzelsau
Hinzugefügt. Zur Merkliste Lesezeichen setzen

Stadt Künzelsau kassiert doppelt und unrechtmäßig

   | 
Lesezeit  2 Min
Erfolgreich kopiert!

Die Stadt Künzelsau hat elf Mal zu viel für das Abräumen von Gräbern berechnet. Das Geld wird den Bürgern jedoch nicht erstattet, obwohl die Gebührenbescheide rechtswidrig waren.

Ist die Ruhezeit eines Grabes abgelaufen, können Angehörige dessen Abräumung beauftragen. Die Stadt Künzelsau hat dafür jedoch zu viel berechnet.
Ist die Ruhezeit eines Grabes abgelaufen, können Angehörige dessen Abräumung beauftragen. Die Stadt Künzelsau hat dafür jedoch zu viel berechnet.  Foto: Draskovits, Katrin

Insgesamt elf Mal hat die Stadt Künzelsau zwischen 2015 und 2022 Bürgern eine nachweislich zu hohe Gebühr für das Abräumen eines Grabes berechnet. Eine Rückerstattung gibt es für die Betroffenen dennoch nicht. Was ist passiert? Die Friedhofsgebührensatzung der Kreisstadt sieht vor, dass das Abräumen von Gräbern durch den Bauhof 530 Euro kostet. Berechnet wurden den genannten Bürgern aber satte 1060 Euro.


Mehr zum Thema

In herbstlichem Sonnenschein präsentierte sich gestern Mittag der Friedhof von Künzelsau, auf dem Angehörige ihrer Toten gedachten.Foto: Heiko Fritze
Stimme+
Künzelsau
Lesezeichen setzen

Abräumen von Doppelgräbern: Stadt Künzelsau agiert unglücklich


Die Begründung der Stadt: Es handelt sich um Doppelgräber, die entsprechend doppelten Aufwand für die Mitarbeiter bedeuten. Die SPD/Grüne-Fraktion mahnte das Vorgehen in der Gemeinderatssitzung vom 29. November an und stellte einen Antrag, in dem es unter anderem hieß: "Die Künzelsauer Bürgerschaft muss sich darauf verlassen können, dass sie angemessene, dem Leistungsaufwand entsprechende Gebührensätze erhält und nicht über Gebühr zur Kasse gebeten wird." Jetzt stand das Thema erneut auf der Tagesordnung des Rats.

Satzung deckt Vorgehen nicht

"Die Verwaltung hat den Antrag der Fraktion SPD/Grüne der Rechtsaufsichtsbehörde beim Landratsamt zur Prüfung vorgelegt", heißt es in der Sitzungsvorlage vom 14. Februar. Bei dieser Prüfung sei laut Bürgermeister Stefan Neumann festgestellt worden, dass die Gebührenbescheide rechtswidrig sind.

Der Grund: Die sogenannte Bestattungsgebührensatzung, die als Rechtsgrundlage für die Gebühren dient, stimme nicht mit den Bescheiden überein. Denn in der Satzung werden Reihen- und Wahlgräber aufgeführt. Eine Untergliederung in Einzel- und Doppelgräber gibt es darin nicht. Demnach müssen diese laut Satzung gleich behandelt und mit 530 Euro abgerechnet werden - dem Mehraufwand bei einem Doppelgrab zum Trotz.

Bescheid nicht mehr anfechtbar

"Wir wollen uns entschuldigen, dass wir hier Bürger unrechtmäßig belastet haben", sagt Neumann. "Wir können das aber nicht zurückerstatten", betont er. Das liegt daran, dass die sogenannte Bestandskraft bereits eingetreten ist. Diese tritt vier Wochen nach Zustellung des Gebührenbescheids ein, wie Elke Sturm, Sprecherin der Stadt, auf Nachfrage unserer Redaktion erklärt. Dann ist auch ein eigentlich rechtswidriger Bescheid nicht mehr von den Betroffenen anfechtbar und somit gültig.

"Die Gebühren sind durch den Gemeinderat festzulegen. Das haben wir getan. Dass die Verwaltung beschlossen hat, das anders abzurechnen, ist unverständlich", sagt Hans-Jürgen Saknus, Fraktionsvorsitzender von SPD/Grüne. Geärgert habe man sich innerhalb der Fraktion auch über die Rechtfertigung der Verwaltung. Bürgermeister Neumann hatte im November von einem "Abwehrpreis" gesprochen. Da man das Abräumen von Gräbern eigentlich gar nicht im Zuständigkeitsbereich der Stadt sehe, habe man mit dem hohen Preis abschrecken wollen, damit die Dienstleistung erst gar nicht in Anspruch genommen werde. Zudem, so Neumann, habe man den Bürgern stets empfohlen, das von Drittanbietern, wie Steinmetzen, erledigen zu lassen.

Auch darüber, dass diese in der Regel bessere Preise anbieten, habe man informiert. Trotzdem hätten elf Betroffene den höheren Preis in Kauf genommen. "Ich möchte nochmals betonen, dass es sich um eine Freiwilligkeitsleistung, keine Pflichtaufgabe der Stadt handelt", erklärt Neumann. Viele Gemeinden bieten die Dienstleistung laut Stadtverwaltung nicht mehr an. Saknus überzeugt das nicht. Er stellt in der Raum, die Sache auf den Straftatbestand "Wucher" überprüfen zu wollen.

Den Vorschlägen der Verwaltung, eine neue Satzung zu beschließen und das Abräumen von Gräbern künftig gar nicht mehr anzubieten, oder eben für Doppelgräber auch die doppelte Gebühr zu verlangen, folgt der Gemeinderat nicht. Stattdessen bleibt die Satzung wie sie ist.

Dienstleistung: Ein Grab wird in der Regel abgeräumt, wenn die vorgeschriebene Ruhezeit abgelaufen ist und die Liegezeit von den Angehörigen des Verstorbenen nicht verlängert wird. Auch kann ein Grab auf Wunsch von Angehörigen, sofern die Mindestdauer erreicht ist, vorzeitig abgeräumt werden. Für das Abräumen sind grundsätzlich die Angehörigen zuständig. Sie müssen dafür sorgen, dass Bepflanzung, Grabfassung und -stein entfernt werden. Unter anderem Steinmetze, Bestattungsunternehmen oder auch Friedhofsgärtnereien in größeren Städten bieten das als Dienstleistung an.

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung
Keine Kommentare gefunden
Nach oben  Nach oben