Registrierung bringt Hohenloher Behörden ans Limit
Die Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge fordert die Rathäuser in Künzelsau und Öhringen immens. Das Landratsamt bittet die örtlichen Polizeireviere um Hilfe.

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Monika Pfau nimmt kein Blatt vor den Mund. "Man muss sagen: Wir sind am Limit, aber wir geben unser Bestes." Und: "Wir brauchen weitere Unterstützung." Die Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge fordert die Öhringer Stadtverwaltung immens. "Wir haben bisher 150 Geflüchtete registriert", sagt die Sprecherin. Und das ist kein Pappenstiel.
Zur Mehrbelastung kommen die Corona-Ausfälle
Die Mehrbelastung für die Ämter ist das eine, der Personalausfall durch Corona das andere. Vier Abteilungen im Rathaus arbeiten mit Hochdruck im Flüchtlingsmanagement. Da kann es schon mal zu Wartezeiten kommen. Oder das normale Tagesgeschäft bleibt liegen. Viel Geduld ist gefragt. Und volle Konzentration. Gibt es zumindest eine zentrale Software, um alle Daten zu erfassen? "Ja", beteuert Pfau.
So läuft die Anmeldung der Geflüchteten in Öhringen ab
Erste Anlaufstelle für die Geflüchteten ist die Integrationsberatung. Sie händigt alle Formulare aus und vergibt die Termine für das Ordnungsamt. Im dortigen Einwohnermeldeamt wird der Wohnsitz erfasst. Pro Familie dauert das rund 30 Minuten. Dann geht es weiter zur Ausländerbehörde, wo die Ukrainer registriert werden. Das nimmt in der Regel ebenfalls eine halbe Stunde in Anspruch. Das Stadtbauamt prüft die Möglichkeiten der Unterbringung. "Die Erfassung im Ausländerzentralregister, bei der auch Fingerabdrücke genommen werden, ist derzeit nachrangig", so Pfau.
Neue Stellen im Öhringer Rathaus werden geschaffen
Das Rathaus erwartet, dass Flucht und Vertreibung die Stadt noch eine ganze Weile beschäftigen. Weil das Personal nicht reicht, werden neue Stellen geschaffen: jeweils eine halbe im Ordnungsamt (bezahlt die Stadt) und im Integrationsmanagement (wird vom Bund bezuschusst).
So meldet die Stadt Künzelsau die Flüchtlinge weiter
Auch bei der Stadt Künzelsau sei der Aufwand beträchtlich und verteile sich nahezu über die gesamte Verwaltung, sagt Sprecherin Elke Sturm. "Schwerpunkte liegen zunächst bei der Anmeldung im Bürgerbüro des Einwohnermeldeamts und dann beim Integrationsteam, das die Daten der Geflüchteten an das Landratsamt meldet." Diese Registrierung sei die Voraussetzung für die Gewährung staatlicher Leistungen. "Bisher erfolgt die Meldung an das Landratsamt täglich mittels Excel-Listen, deren Format vom Landratsamt vorgegeben ist. Eine spezielle Software darüber hinaus ist nach unserer Kenntnis bislang nicht vorhanden", so Sturm.
Leiter des Bürgerbüros lobt die Ukrainer
In den vergangenen drei Wochen hätten sich rund 90 Ukrainer angemeldet. Täglich kämen zehn bis 15 dazu. Der Leiter des Bürgerbüros, Marco Jungbauer: "Die Flüchtlinge sind sehr vorbildlich und haben in der Regel die für eine Anmeldung erforderlichen Personenstandsurkunden dabei. Falls nicht, bringen sie das Fehlende schnell im Anschluss vorbei. Meist ist jemand dabei, der übersetzen kann."
Ämterübergreifender Einsatz und ehrenamtliche Hilfe

Was ist mit dem Personal? "Bisher haben wir das Integrationsteam mit Ilona Nies verstärkt, die als gebürtige Ukrainerin den Geflüchteten und unserem Team mit Rat und Tat zur Seite steht", erklärt Bürgermeister Stefan Neumann. "Im Moment behelfen wir uns, indem wir Mitarbeiter ämterübergreifend einsetzen. Manches kann durch Ehrenamtliche abgefangen werden."
Eine eigene Kostenstelle wurde angelegt: "Wie sich Bund und Land beteiligen, wissen wir zur Zeit ebenso wenig konkret, wie die Summe all dessen, was auf uns zukommt", sagt Elke Sturm.
Ausnahmezustand auch im Landratsamt

Auch im Landratsamt des Hohenlohekreises herrscht Ausnahmezustand. Mehrere Behörden sind eingebunden, teilweise wurden Mitarbeiter aus anderen Abteilungen hinzugezogen. Kurzfristig hat man neue Kräfte eingestellt und weitere Stellen ausgeschrieben.
Polizeireviere werden um Amtshilfe gebeten
Die Polizeireviere im Kreis wurden um Amtshilfe gebeten. Dies sei nötig, um die "vollumfängliche Registrierung" der Flüchtlinge zu sichern. Das Ausländeramt ist dafür zuständig - und das Verfahren namens PIK enorm aufwendig. Die zeitnahe Meldung an das Regierungspräsidium (RP) habe Vorrang, so Sprecherin Mathea Weinstock. "Die Registrierung mittels PIK kann nachgeholt werden."
Die ersten Meldungen liefen über die Rathäuser ans Ausländeramt. Von dort gingen sie ans RP. Ab dann sei es möglich, den Flüchtlingen Aufenthaltstitel zu erteilen und gesetzliche Asyl-Leistungen zu gewähren.




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