Nach Gewaltexzessen andernorts: Was geschah in der Silvesternacht im Hohenlohekreis?
Brennende Kleidercontainer, angezündete Böller, die in Apotheken fliegen und behinderte Einsatzfahrzeuge: Zwar gab es im Hohenlohekreis keine Übergriffe auf Einsatzkräfte - dennoch wurde auch hier mit Feuerwerkskörpern allerhand Schindluder getrieben.

Sie sorgen bundesweit für Entsetzen: die Berichte über Angriffe - unter anderem auch mit Feuerwerkskörpern - auf Einsatzkräfte in der Silvesternacht. Die Hohenloher Zeitung fragt nach: Gab es ähnliche Vorfälle im hiesigen Landkreis - und wie erleben die Einsatzkräfte die brenzlichen Situationen im Umgang mit manchen Bürgern, mit denen sie immer öfter konfrontiert sind?
Die erfreuliche Nachricht: "Im Hohenlohekreis gab es an Silvester keine solchen Übergriffe", berichtet Petra Rutz, Sprecherin der Heilbronner Polizei. Auch Timo Kieber, Vorsitzender des Hohenloher Kreisfeuerwehrverbands und Vize-Kommandant der Öhringer Wehr, bestätigt: Pöbeleien oder gar Angriffe auf Feuerwehrleute, die im Kreis zwischen 30. Dezember und Neujahr zu insgesamt vier Bränden ausrücken mussten, gab es keine.
Polizei sucht nach Zeugen
Aber: Auch im Hohenlohekreis wurden mutwillig mit Feuerwerk Straftaten begangen. Bislang unbekannte Täter setzten in Künzelsau einen Altkleidercontainer in Brand - und ebenfalls in Künzelsau warf ein Mann am Freitagabend gegen 18 Uhr einen angezündeten Böller in die Apotheke an der Keltergasse. Laut Polizei konnte jedoch durch das schnelle Handeln einer Angestellten, die den glühenden Feuerwerkskörper nach draußen vor den Eingang beförderte, Schlimmeres verhindert werden. Es entstand Schaden in Höhe von rund 500 Euro - die Ermittler suchen unter der Telefonnummer 07940/9400 Zeugen.
"So ein Verhalten ist absolut zu verurteilen", sagt Feuerwehrverbands-Chef Timo Kieber: Einerseits sei die Verletzungsgefahr immens, wenn in geschlossenen Räumen Böller explodierten. Und es bestehe natürlich auch das Risiko eines größeren Brandes, so der erfahrene Feuerwehrmann.
Auch wenn es in der Silvesternacht keine verbalen oder tätlichen Angriffe gab - dass manche Bürger dem gemeinwohlorientierten Handeln der Hilfskräfte mit immer mehr Respektlosigkeit begegnen, ist auch ihm grundsätzlich nicht verborgen geblieben.
Aber, so Kieber, in einer ländlichen Region wie der hiesigen funktioniere oftmals die soziale Kontrolle noch besser: "Wenn mal einer unter Alkohol unüberlegt handeln will, sind dann meist andere da, die wieder Vernunft walten lassen. In der Anonymität der Großstadt kommt so etwas doch eher vor."
Dennoch standen die Feuerwehrleute beim Jahreswechsel - der auch in einzelnen Orts- und Stadtteilen des Hohenlohekreises nach dem zweijährigen Pyrotechnik-Verkaufsverbot mit stundenlangen Böller-Orgien begangen wurde - vor Problemen. Denn die Einsatzkräfte wurden stellenweise durch die Gedankenlosigkeit der Feiernden behindert: "Wenn auf größeren Straßen Feuerwerk-Batterien gezündet werden, müssen die Einsatzfahrzeuge eine Zeit lang stehen bleiben." Früher - als noch häufiger einzelne Raketen statt Dauerfeuer gezündet worden seien - habe man damit weniger zu kämpfen gehabt.
Polizistin: "Man geht in Hab-Acht-Stellung raus"
Zwar ist die Region in Sachen Übergriffe auf Einsatzkräfte "im Vergleich zu anderen Kreisen sehr gut weggekommen", wie Polizeisprecherin Petra Rutz konstatiert. Jedoch: "Der Respekt ist einfach nicht mehr so da", sagt auch sie: "Das ist eine sehr traurige Entwicklung. Aber es geht ja nicht nur uns als Polizei so, sondern allen Blaulichtorganisationen."
Ein "riesengroßer Egoismus", so Rutz, habe mittlerweile bei einigen Menschen Platz gegriffen. Was das mit den Polizisten macht? "Man geht in so speziellen Nächten schon in Hab-Acht-Stellung raus und ist noch aufmerksamer und fokussierter."
Massive Umweltbelastung
Nicht nur wegen teils tödlicher Unfälle und Zweckentfremdung von Pyrotechnik als Waffe: Auch die Umweltfolgen der Silvester-Ballerei sorgen dafür, dass die Diskussion um ein Verbot wieder aufflammt. Müll, der an den Straßen, aber auch auf Wiesen und anderen Grünbereichen hinterlassen wird, sorgt ebenso für Unmut bei vielen Menschen wie die Lärmbelästigung, die insbesondere für Tiere traumatisch ist.
Und: Die gesundheitsgefährdende Feinstaub-Belastung ist am Neujahrstag oft so hoch wie sonst das ganze Jahr nicht. Ein breites Bündnis aus Organisationen um die Deutsche Umwelthilfe fordert daher in einem offenen Brief mit zahlreichen Bürgern ein Verbot privaten Silvester-Feuerwerks.