Millionenhilfen für Braunsbach
Wegen der massiven Unwetterschäden im Südwesten will Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) eine Pflichtversicherung für Bürger durchsetzen. Für das durch eine Schlammflut zerstörte Braunsbach braucht es aber deutlich mehr als das.
Einen Monat nach den Unwettern mit Wasserfluten im Südwesten erhält der besonders betroffene Ort Braunsbach für den Wiederaufbau Millionenhilfen des Landes. Die grün-schwarze Regierung bewilligte am Dienstag ein Sonderprogramm von 10,6 Millionen Euro im Nachtragshaushalt.
Zugleich bekräftigte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) seine Forderungen nach einer Pflichtversicherung gegen Elementarschäden. So sollen sich die Menschen in Zeiten des Klimawandels mit möglicherweise immer schlimmeren Naturkatastrophen gegen Schäden besser rüsten.
Der Wiederaufbau der vom Unwetter zerstörten Gemeinde Braunsbach wird nach Einschätzung von Bürgermeister Frank Harsch bis zu fünf Jahre dauern. „Es wird nie wieder so sein, wie es war“, sagte Harsch der Deutschen Presse-Agentur. Er will die Bürger am Wiederaufbau beteiligen - und den Platz im Ort für Neues nutzen. Bis zu 100 Millionen Euro könnten die Reparaturen an der öffentlichen Infrastruktur kosten, meinte er. „Es gibt keinen Ort, der das zahlen kann“, sagte Harsch.
Weiteres Verfahren wird noch festgelegt
Die 10,65 Millionen Euro würden genutzt, um im Vorgriff auf laufende Förderverfahren der Gemeinde später zu bewilligende Landesförderungen sofort zur Verfügung zu stellen, sagte Innenminister Thomas Strobl am Donnerstag. Falls die Landesförderung später nicht ausreichen sollte, werde der Eigenanteil der Gemeinde zu 100 Prozent als Zuschuss gewährt.
„Wir unterscheiden zwischen den 10,65 Millionen Euro, die sofort zur Verfügung stehen, und den Kosten für den Wiederaufbau der Gemeinde Braunsbach. Die werden voraussichtlich rund 100 Millionen Euro betragen. Für Wiederaufbaukosten wird das weitere Verfahren noch festgelegt“, so Strobl. Hier greife man in erster Linie auf die Fördermöglichkeiten der Ressorts zurück. Details würden in den nächsten Wochen in Gesprächen mit allen betroffenen Ministerien und dem zuständigen Regierungspräsidium Stuttgart geklärt.
Das Sturmtief „Elvira“ hatte am 29. Mai vor allem über dem Norden und Osten Baden-Württembergs gewütet. Braunsbach wurde von einer Geröll- und Schlammlawine zerstört. Kleine Bäche waren zu reißenden Strömen angeschwollen. Acht Häuser mussten bereits abgerissen werden.
Die Berichterstattung von Stimme.de zu den schweren Unwettern über der Region verlief zu einem großen Teil per Live-Blog. >>Hier geht es zum Nachlesen
Versicherungspflicht
Angesichts der schweren Unwetterfolgen auch in anderen Teilen im Südwesten will Regierungschef Kretschmann seine Idee für eine Versicherungspflicht vorantreiben. Bedenken seien „leicht ausräumbar“, sagte er. „Das kann so nicht weitergehen.“ Durch die Versicherungspflicht für Elementarschäden sollen Bürger ähnlich wie beim Brandschutz oder bei Kfz besser abgesichert sein. Er werde sich im „Interesse des Gemeinwohls“ in der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) weiter dafür einsetzen, sagte er. Dort hatte es zuletzt Zustimmung gegeben, zugleich aber europarechtliche Vorbehalte.
Es gehe nicht um ein staatliches Monopol der Versicherungen. „Die Leute können sich versichern, wo sie wollen“, betonte Kretschmann. Er warnte vor Lobbyisten unter den Versicherern sowie vor den „marktradikalen“ Vorgaben der EU, die gegen diese Initiative seien. Die EU solle sich zwar um Wettbewerbsgleichheit in Europa bemühen, aber nicht dort hineinregieren, wo es um die private Daseinsvorsorge der Menschen gehe, mahnte Kretschmann.
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hatte Kretschmanns Vorstoß Anfang des Monats kritisiert, weil er Anreize für Eigenvorsorge und Prävention in Gefahr sieht. GDV-Präsident Alexander Erdland hatte gesagt: „Wenn jeder Schaden in jedem Fall ersetzt wird, bleiben staatlicher und individueller Hochwasserschutz auf der Strecke. lsw/red
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