Hohenloher Landrat liest AfD-Gruppe die Leviten
Matthias Neth findet klare Worte zu Form und Inhalt von drei Änderungsanträgen der AfD zum Kreishaushalt für 2022. Deren Sprecher Anton Baron widerspricht. Über den zunehmenden Frust von Kreisverwaltung und Kreisräten über das Verhalten der AfD-Gruppe.

Jede Fraktion oder Gruppe im Kreistag hat das Recht, Änderungsanträge zu stellen. Zum Beispiel zum Haushaltsentwurf der Kreisverwaltung. Davon hat die AfD bei den jüngsten Etatberatungen erneut Gebrauch gemacht. Allerdings wurden die Anträge nach Meinung von Landrat Matthias Neth nicht nur zu spät gestellt, sondern waren auch formell zu beanstanden. Das führte dazu, dass er diesmal in seiner Bewertung etwas weiter ausholte. Und in seiner Tonlage etwas schärfer wurde, ohne den sonst so launigen Unterton vermissen zu lassen.
AfD-Gruppe eckt zunehmend an
Immer wieder eckt die AfD-Gruppe mit Anfragen oder Anträgen an. Natürlich werden sie beantwortet und bearbeitet. Aber es ist spürbar, dass die Häufung nicht nur der Kreisspitze, sondern auch vielen Kreisräten zusehends auf die Nerven geht. Von fehlender Kenntnis der Regeln im strikt geordneten Kreistagsbetrieb ist da die Rede oder von mangelnder Professionalität, was die formalen Abläufe und politischen Zuständigkeiten dieses kommunalen Gremiums betrifft.
Nachsitzen als Zeitverschwendung?
So wurde den drei AfD-Kreisräten jüngst von dem Vertreter einer anderen Fraktion empfohlen, sich doch einmal schulen zu lassen, um offensichtliche Defizite im kommunalen Politikmanagement zu beseitigen. Etwa bei einem Bürgermeister, der diesem Gremium angehört. Konkret: Achim Beck, der dieses Nachsitzen aber wohl ebenfalls als "Zeitverschwendung" abkanzeln würde, wie er stets zu sagen pflegt, wenn die AfD Sitzungen aus seiner Sicht durch zweifelhafte Nachfragen mal wieder unnötig in die Länge zieht. Andererseits verweist der Landrat immer wieder darauf, solche Fragen doch bitte im Landtag oder Bundestag zu stellen, weil sie im Kreistag völlig fehl am Platze sind.
AfD-Gruppe sieht sich zu Unrecht kritisiert

So war es auch diesmal wieder, am 13. Dezember, als die Beschlussfassung des Etats für 2022 anstand. Die Anträge hatte die AfD laut Neth erst an diesem Tag gestellt, obwohl das so nicht abgesprochen worden war. Und sie seien allesamt auch aus "formellen Gründen" gar nicht "zustimmungsfähig" in einem Kreistag, weil sie überhaupt nicht "haushaltsrelevant" seien. Das sieht die AfD-Gruppe natürlich ganz anders. So wie immer, wenn sie ihre viel kritisierte Praxis verteidigt. Sprecher Anton Baron monierte, dass deren Forderungen wie "Änderungsanträge zweiter Klasse" behandelt würden. Daraufhin entgegnete der Landrat, die AfD habe auf die Einladung zu den finalen Haushaltsgesprächen nicht reagiert, weshalb ein Austausch unmöglich gewesen sei. Obwohl also die drei Anträge gar nicht "umsetzbar" seien, befasste sich Neth damit - "aus Respekt vor den Wählern". Auch wenn er den für ihn wahren Grund offen nannte: nämlich nur öffentliche Aufmerksamkeit zu erzielen, wie er meint.
Diese Änderungsanträge lagen auf dem Tisch
Konkret ging es der AfD darum, das Klimazentrum zu streichen und dafür ein "Aufforstungsprojekt" unter Einbeziehung der Schulen und des Forstamts zu lancieren, neue Corona-Stellen im Gesundheitsamt zeitlich zu befristen und im Flüchtlingsmanagement anders zu agieren, etwa statt Geld- nur noch Sachleistungen zu gewähren. Alle drei Anträge nahm Neth nach allen Regeln der kommunalen Regierungskunst auseinander. Sie wurden später von allen Kreisräten außer der AfD abgelehnt. Und er wünschte sich, dass die AfD-Gruppe es 2022 schaffe, "Anträge zu stellen, die rechtzeitig eingehen und wirklich den Kern der kommunalen Bedürnisse beinhalten". Dafür erntete er lautes Klopfen und Klatschen.
"Schmerzensgeld statt Sitzungsgeld"
Ein "verwunderter" Anton Baron widersprach, die Anträge seien "sachlich in Ordnung" und enthielten "wenig Polemik". Sie seien "anders behandelt worden", der "Umgang ist sehr schlecht von Ihnen". FDP-Kreisrätin Ute Oettinger-Griese verlangte daraufhin "Schmerzensgeld statt Sitzungsgeld" und erneuerte das Angebot, sich bei FWV-Kollege Armin Beck einmal gründlich schulen zu lassen. Der winkte augenrollend ab: "Ich bitte darum, nicht unnützerweise Zeit zu verschwenden." SPD-Kollegin Irmgard Kircher-Wieland herrschte Baron an: "Belästigen Sie uns nachher in Ihrer Haushaltsrede nicht mit weiteren Ausführungen zu Ihren Anträgen." Was der natürlich tat - und den ganzen "Aufruhr" sowieso nicht verstehen konnte. Fortsetzung folgt in 2022? Davon ist auszugehen.