Gibt es nach zwei Jahren nochmals eine öffentliche Erörterung zum Windpark?
Das Landratsamt plant womöglich wieder eine Anhörung im Projekt Karlsfurtebene. Diese Phase galt eigentlich längst als abgeschlossen. Unterdessen üben Gegner und Projektierer Kritik am vertagten Entscheid über die restlichen Anlagen.

Nach jahrelanger Prüfung hat das Landratsamt (LRA) im November vier der neun vom Projektierer Abo Wind geplanten Windräder abgelehnt - und die Entscheidung über die restlichen Anlagen von der Nachbesserung der Genehmigungsunterlagen abhängig gemacht. Im Zuge dieses Prozesses wurde und wird auch nochmals die Öffentlichkeit beteiligt: Die Unterlagen waren öffentlich einsehbar - und bis Ende des Monats können bei der Behörde erneut Einwendungen gegen das Projekt geltend gemacht werden (wir berichteten).
Wer nun in diesem Zuge die Bekanntmachungen des LRA aufmerksam las, der stutzte: "Gegebenenfalls" werde für das Projekt am 29. Juni nochmals eine öffentliche Erörterung angesetzt.
Das verwunderte zunächst aus zweierlei Gründen: Erstens, weil 2019 bereits an ganzen vier Tagen - wegen der Vielzahl an Themen und Einwänden war der Termin seinerzeit gleich doppelt in die Verlängerung gegangen - in Michelbach über das Ökostrom-Projekt diskutiert worden war. Die Phase der öffentlichen Anhörung schien also seit zwei Jahren längst beendet.
Und zweitens stellt sich die Frage der Notwendigkeit, weil für die aktuell noch in Rede stehenden Anlagen zwar Papiere nachgefordert - aber eben kein neues Genehmigungsverfahren initiiert worden war.
Behörde dementiert Verschleppungstaktik
Nachfrage also bei der Genehmigungbehörde: Warum soll nun trotzdem nochmals ein öffentlicher Erörterungstermin stattfinden? "Aus Gründen der Rechtssicherheit" habe sich das LRA zur erneuten Beteiligung der Öffentlichkeit entschieden. Ob es aber tatsächlich zum avisierten und angekündigten Termin am 29. Juni komme, stünde noch nicht fest und hänge von der Art und Qualität der bis 1. Juni eingehenden Stellungnahmen und Einwendungen ab. Der entsprechende Termin müsse jedoch bereits in der öffentlichen Auslegung benannt werden, auch wenn er letztlich dann doch nicht erforderlich würde. Grundsätzlich sieht die Behörde also kein Problem, damit nun wieder an das Jahr 2019 anzuknüpfen.
Ob man nachvollziehen könne, dass manch einer darin erneut eine Verschleppungstaktik der Behörde wittert? "Der Vorwurf ist unberechtigt", sagt LRA-Sprecher Sascha Sprenger. Man halte sich strikt an die gesetzlichen Vorgaben.
Bedenken anderer Art hat auch Sandra Schulz, zweite Vorsitzende der Bürgerinitiative (BI) "Gegenwind Waldenburg-Michelbach-Öhringen". Denn: "Ich glaube nicht, dass dieser Termin so stattfindet", sagt sie. Die Zeit bis dahin sei viel zu kurz, wenn erst am 1. Juni die Einwendungsfrist ende. Die BI intensiviere ihr Tun aktuell: Plakate kleben, Info-Stände abhalten.

Beide Seiten üben Kritik
Seltene Einigkeit herrscht zwischen BI-Vertreterin und Projektierer Abo Wind indes in einem Punkt: "Das Landratsamt hätte im November direkt auch über die verbliebenen Anlagen entscheiden müssen," sagt Schulz. Und Abo-Wind-Sprecher Daniel Duben betont: Es sei zumindest "ungewöhnlich, dass in diesem Fall über die abgelehnten Anlagen bereits abschließend entschieden wurde, während die restlichen noch nicht abschließend beurteilt wurden". Sein Unternehmen sei ein Vierteljahrhundert im Windenergie-Geschäft und habe zig Projekte in 16 Ländern realisiert: "Bekannt ist mir freilich kein solcher Fall", sagt der Firmensprecher.
Das Landratsamt bleibt auf HZ-Nachfrage nach den Gründen vage: "Der Antrag wurde nicht vertagt, sondern aufgrund geänderter Sachlage fortgeführt", da eben Unterlagen hätten nachgereicht werden müssen, heißt es aus der Behörde. Unterdessen wartet man in der Wiesbadener Zentrale von Abo Wind weiter auf Entscheide in zwei Gerichtsverfahren: Beim Verwaltungsgerichtshof klagt der Ökostrom-Anlagen-Entwickler sowohl einerseits per Normenkontrollklage gegen die Fortschreibung des Flächennutzungsplans "Windkraft" im Gemeindeverwaltungsverband Hohenloher Ebene - als auch für das Recht, letztlich doch noch alle neun gewünschten Anlagen zu bauen.