Fasching beginnt im Jagsttal sieben Stunden später
Beim traditionellen Rathaussturm der Lemia Krautheim wurde Andreas Insam nach nur 104 Tagen als Bürgermeister aus dem Amt gejagt. Doch warum beginnt Fasching in Krautheim erst um 18.11 Uhr?

Am 11.11. um 11.11 Uhr beginnt für Faschings-Freunde in ganz Deutschland die fünfte Jahreszeit. Ganz Deutschland? Nein. Eine kleine Stadt im Jagsttal widersetzt sich dieser Tradition und läutet die Faschingssaison erst sieben Stunden später ein. Doch auch zu dieser späteren Stunde legen sich die Narren der Krautheimer Fastnachtsgesellschaft Lemia am Samstag ins Zeug, um beim Rathaussturm Bürgermeister Andreas Insam das Amt strittig zu machen - und damit die närrische Zeit einzuläuten.
Lemia lässt auf sich warten
Es ist 18.11 Uhr. Vor dem Krautheimer Rathaus haben sich trotz Kälte zahlreiche Krautheimer versammelt und warten darauf, dass Bürgermeister Andreas Insam aus dem Rathaus gejagt wird. Doch die Fastnachtsgesellschaft Lemia lässt zunächst auf sich warten. Es gilt, erst den Gottesdienst zu beenden. Um Wartezeit und Kälte zu überstehen, verteilen einige Lemianer Punsch und Glühwein.
Und dann kommen sie doch noch. Mit lauter Musik kündigt die Stadtkapelle Krautheim die Narren an. Und diese macht sich - nachdem sie, wie es die Tradition verlangt, auf den Lemia-Arsch geschworen haben - ans Werk, das Rathaus zu stürmen. Zunächst ohne Erfolg, die Tür bleibt verschlossen, die Lichter im Rathaus aus. "Vielleicht sollten wir klingeln", ruft ein Lemianer. Doch dann öffnet sich die Tür, und die gelb-blau gekleideten Narren stürmen die Treppen hoch. "Mit breiten Schultern stand vor uns ein blonder Hüne, sah aus wie der germanische Gott Thor, der Kühne", wird Sitzungspräsidentin Sibylle Weisl später erzählen, was sich oben zugetragen haben soll.
Andreas Insam in Handschellen

Gerade, als die ersten Zuschauer vorm Rathaus ungeduldig werden, kommen die Narren wieder nach unten. In ihrer Mitte: Bürgermeister Andreas Insam in Handschellen. Und mit diesem rechnet Weisl in ihrer Büttenrede ab. Zumindest theoretisch. Denn wirklich angreifen kann sie den 48-Jährigen nicht. Der ist gerade mal etwas mehr als 100 Tage im Amt. Und so sind es eher gut gemeinte Ratschläge, die sie Insam mitgibt - mit vielen Anspielungen auf die leere Stadtkasse.
Weisl fordert eine Lösung fürs ZG-Areal in der Stadtmitte. "Flexibilität ist gefragt, sonst sind wir bald auf dem Abstellgleis, mit dem teuersten Schotterparkplatz im ganzen Hohenlohekreis", erklärt sie und erntet dafür viel Applaus von den Krautheimern. "Als ehemaliger Kämmerer erwarten wir von ihnen große Dinge", mahnt sie Insam. Und drückt dem Bürgermeister Thors Hammer in die Hand: "Wird mit dem Hammer auf n" Tisch gschlage, traut sich keiner mehr was zu stellen in Frage", reimt Weisl.
Pragmatische Gründe
Nach dem der traditionelle Teil vorbei ist, geht es für alle in einem kleinen Umzug ins nur wenige Meter entfernte neue Vereinsheim. "Pfarrer Kern hat sich spontan bereiterklärt, es noch zu segnen", freut sich Weisl.
Doch warum beginnt in Krautheim der Faschingsauftakt nun nicht um 11.11 Uhr? Das hat pragmatische Gründe, wie Sibylle Weisl verrät: "Um 11.11 Uhr hat keiner Zeit, da arbeiten bei uns alle noch", sagt sie gut gelaunt.
Prunksitzung der Lemia
Der Vereinsname Lemia leitet sich aus dem leicht angepassten Götzenspruch "Leck er mich im Arsche" ab. Die Fasnachtsgesellschaft hat die Termine für die Prunksitzungen bereits festgelegt. Diese finden am 9. und 10. Februar ab 19.31 Uhr statt. Am Sonntag, 11. Februar, ist Kinderfasnacht angesagt.