Im Hohenlohekreis gibt es keine funktionierenden Bunker mehr
Viele Bürger haben Sorgen angesichts Putins Angriff auf die Ukraine: Ist der Hohenlohekreis auf einen militärischen Krisenfall vorbereitet?
Die Ereignisse und deren Bilder machen Angst: Droht in den kommenden Jahren eine Wiederkehr des Eisernen Vorhangs, ein neuer Ost-West-Konflikt? Besteht womöglich gar Gefahr, wieder reale kriegerische Auseinandersetzungen im Inland oder Luftangriffe fürchten zu müssen? Dies besorgt derzeit viele Bürger - wenngleich ein Krieg Russlands mit der Nato nicht sehr wahrscheinlich scheint. Dennoch: Ist man im Hohenlohekreis auf solche Krisenlagen vorbereitet?
Auf Nachfrage beim Landratsamt heißt es: Die Kreis-Verwaltung habe "gerade auch in den vergangenen Jahren gezeigt", dass sie "Aufgaben im Katastrophenschutz - also im Bevölkerungsschutz in Friedenszeiten - ernst nimmt und leistungsfähig aufgestellt ist". Für den Zivilschutz im Verteidigungsfall sei indes grundsätzlich der Bund zuständig.
Was das Landratsamt dennoch mitteilt, ist nicht unbedingt geeignet, die Sorgen mancher Bürger wirkungsvoll zu entkräften. Denn: Öffentliche Schutzräume oder Bunker - die womöglich gar in der Lage wären, dem Einsatz von Kernwaffen zu widerstehen - gibt es im Hohenlohekreis nicht mehr. "Vor ungefähr 20 Jahren hat der Bund Bau, Unterhaltung und Ertüchtigung von Schutzbauwerken beendet." Daher seien der Behörde "keine funktionsbereiten Schutzräume bekannt".
Landrat: Zäsur der europäischen Geschichte
Auch über mögliche Relikte aus dem Kalten Krieg, wo die Einrichtung von privaten Schutzräumen in den eigenen vier Wänden durch den Staat gefördert worden war, habe man keine Kenntnis. Gibt es im Kreis andere Örtlichkeiten, die im Kriegsfall kurzfristig umgenutzt werden könnten: etwa Stollen oder Tiefgaragen? Auch hierzu meldet die Behörde nichts Handfestes. Auch aufseiten der Kreisverwaltung ist man sich bewusst, dass künftig wohl wieder deutlich mehr für den Bevölkerungsschutz im Verteidigungsfall getan werden muss. Landrat Matthias Neth sagt unserer Zeitung: "Der Angriff Russlands auf die Ukraine stellt eine Zäsur in der europäischen Geschichte dar. Es steht zu erwarten, dass in vielen Fragestellungen ein Paradigmenwechsel der deutschen Politik erfolgen wird. Dieser wird sicherlich auch auf den Zivil- und Katastrophenschutz Auswirkungen haben."
Wenn es schon keinen Schutz vor möglichen Luftangriffen gibt: Existieren im Landkreis wenigstens größere Vorräte an Trinkwasser, Lebensmitteln und Kaliumiodid-Tabletten, die bei radioaktiver Kontamination einen gewissen Schutz bieten? Auch hier sei man auf Kreisebene nicht zuständig, heißt es: "Bestimmte Dinge wie Lebensmittel oder Kraftstoffe können vom Bund bundesweit bewirtschaftet werden."
Bund ist in der Pflicht
Die Kreisverwaltung weise jedoch "schon seit Jahren darauf hin, dass die Versorgung der Bevölkerung auch ein hohes Maß an Eigenverantwortung braucht": Jeder Bürger sei aufgefordert, permanente Vorräte im eigenen Haus laut der Empfehlungen des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe vorzuhalten. "Das hat jedoch nichts mit der gegenwärtigen Lage in der Ukraine zu tun."
Für einen eventuellen Ernstfall, bei dem mit radioaktivem Fallout zu rechen wäre, halten Bund und Länder laut eigener Auskünfte 180 Millionen hochdosierte Kaliumiodid-Tabletten bereit, die dann an die Bevölkerung ausgegeben würden. Herkömmliche Jod-Tabletten aus der Apotheke böten indes keinen ausreichenden Schutz.
Dennoch hat offenkundig bundesweit ein Run auf ebendiese Präparate eingesetzt: "Jod-Tabletten werden auch bei uns nachgefragt", berichtet Hans-Peter van Dorp, Geschäftsführer der Hohenlohe Apotheke in Künzelsau: Rund ein halbes Dutzend Menschen pro Tag wolle gegenwärtig welche erwerben. Doch alle beiden - wenigstens einigermaßen geeignete - Präparate seien beim Großhandel momentan schon nicht mehr lieferbar, weil die Nachfrage kurzfristig aufgrund der Verunsicherung der Menschen massiv angezogen habe.
Auch im Land- und Stadtkreis Heilbronn gibt es keine funktionsfähigen öffentlichen Schutzräume für den Fall eines militärischen Angriffs mehr. Grund zu akuter Panik besteht aber dennoch nicht. Auf seiner Homepage schreibt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe: "Dass Deutschland vor dem Hintergrund des bewaffneten Konflikts in der Ukraine einem Luftangriff ausgesetzt sein wird, ist unwahrscheinlich."

Stimme.de