Entscheid über zwei Solarparks gerät im Kupferzeller Rat zur Grundsatzdebatte
Eigentlich schien die Zustimmung zu zwei neuen Photovoltaik-Anlagen Formsache zu sein: Doch die Gemeinderäte sehen den im Herbst 2021 aufgestellten Kriterien-Katalog zur Solarpark-Ansiedlung missachtet - und fordern nun eine neuerliche Klärung der Modalitäten ein.

Die Bewilligung der zwei Bebauungspläne schien aus Sicht der Kupferzeller Gemeindeverwaltung offenbar nur Formsache zu sein: Nachdem - wie es Hauptamtsleiter Thomas Hühr formulierte - die Energiewende "drückt" und das Rathaus von Anträgen "geflutet" wird, sollten nun zwei neue Solarparks kraft Votum des örtlichen Gemeinderats auf den Weg gebracht werden.
Konkret geht es um ein rund vier Hektar großes Projekt namens "Zeiläcker" bei Mangoldsall sowie um die fünf Hektar messende Anlage "Feßbach-Ohrnbach" zwischen Goggenbach und Feßbach. Die Sache schien klar - und auch gut vorbereitet: Denn sowohl die jeweiligen Ortschaftsräte als auch der Technische Ausschuss des Gemeinderats hatten zuvor für beide geplanten Vorhaben grünes Licht gegeben.
Missbilligung im Ratsrund
Doch die avisierten konkreten Projekt-Entscheidungen gerieten in der Diskussion rasch zur Grundsatzdebatte. Denn: Zahlreiche Gemeinderäte kritisierten, dass jener Kriterien-Katalog für die Bewilligung von Photovoltaik-Anlagen, den sich Rat und Verwaltung nach einem gemeinsamen Abstimmungsprozess im Herbst 2021 gegeben hatten, mittlerweile das Papier nicht mehr wert sei, auf dem er stehe.
Als Erste brachte Anke Weiß (SPD) die Missbilligung aufs Tableau: Sowohl das dort fixierte Ziel der Begrenzung der maximal ausgewiesenen Fläche - höchstens zehn Hektar jährlicher Zuwachs - als auch das Entscheidungs-Prozedere - gesammelte Abstimmung über alle Anträge - werde neuerdings gerissen. Es fehle ein "Korrektiv". Das mittlerweile angewandte Verfahren sei "nicht in Ordnung" und führe statt zur koordinierten PV-Ansiedlung zu einem "Windhundrennen", bei dem derjenige Vorhabenträger gewinne, der seine Unterlagen am schnellsten komplett vorlege.
Weitere fraktionsübergreifende Kritik aus dem Ratsrund schloss sich an und verleitete Rathauschef Spieles gleich zweimal dazu, laut seine Verwunderung auszudrücken, dass zunächst "die Hälfte des Gremiums im Technischen Ausschuss zugestimmt" habe - und in der öffentlichen Debatte plötzlich nichts mehr davon wissen wolle.
Dass der Bürgermeister und seine Kollegen im Rathaus jene Ansiedlungs-Kriterien nicht als verbindliche Festlegungen, sondern eher als recht flexibel handhabbare Entscheidungsgrundlagen begreifen: Das ist eigentlich nicht neu, sondern hatte sich schon recht kurz nach der Einführung besagter Regeln erwiesen. Und: Gemeinden haben ohnehin seit Anfang des laufenden Jahres nicht mehr überall auf ihrem Territorium die Gestaltungshoheit, weil nach neuer Gesetzeslage im Korridor neben Autobahnen und Bahnstrecken Photovoltaik privilegiert installiert werden kann und soll.
Rolle rückwärts zu den Grundsätzen
Dennoch: Bürgermeister und Amtsleiter gelang es trotz mehrfachen Bekundens, dass es aus "verwaltungstechnischer Sicht" keine Alternative zum gestaffelten Entscheidungsprozess gebe, nicht, die Mehrheit der Räte zu überzeugen.
Zu groß ist offenkundig in deren Reihen die Furcht, vom Akteur zum Zuseher zu werden: "Wenn wir die Kriterien jetzt schon aufweichen, werden wir nächstes Jahr Bebauungspläne mit mehr als zehn Hektar Größe haben", argumentierte FWV-Chef Volker Baumann.
Auch weitere Vorgaben der Kriterien sah Kollege Joachim Deitigsmann aufgeweicht. Vom Prinzip "regionaler Wertschöpfung" könne bei den meisten Anträgen keine Rede sein. Und überhaupt: Zunächst sollten zur Verfügung stehende Dächer bestückt werden, ehe man Ackerland opfere. Doch ob in jenem Regelwerk der etwa von Tobias Härterich (FWV) tatsächlich angemahnte Stichtag beschlossen worden war - da herrschte dann doch zunächst Unsicherheit. Position der Verwaltung nach eifrigem Blättern: Es gibt eine solche Frist gar nicht. Christoph Spieles betonte unterdessen, er sehe weiterhin das Gros der Kriterien eingehalten, die Verwaltung achte ohnehin selbstständig darauf, dass die perspektivische Maximalfläche von rund 30 Hektar nicht überschritten werde.
Aber auch der Verweis auf die vielen eingehenden Anträge und darauf, dass es in zahlreichen Fällen um die Projekte örtlicher Landwirte gehe, die "nicht benachteiligt" werden dürften, konnte die Gemeinderäte nicht umstimmen: Bei zwei Gegenstimmen wurde letztlich beschlossen, noch nicht über die beiden konkreten Anträge zu entscheiden, sondern bei einer der nächsten Tagungen die genannten Modalitäten zunächst nochmals grundsätzlich mit der Gemeindeverwaltung zu erörtern und zu klären.