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Diskrepanzen bei Coronadaten in Hohenlohe

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Problem erkannt, aber bis heute nicht gebannt: Die Gesamtzahl der Infektionen und Todesfälle weicht zwischen Landkreis und Landesgesundheitsamt schon länger deutlich ab. Wie kann das sein?

Vergleicht man die Tagesmeldungen des Landesgesundheitsamts (LGA) mit den Daten des hiesigen Gesundheitsamts in der Online-Übersicht des Hohenlohekreises, weicht die Gesamtzahl der Corona-Infektionen und Todesfälle im Kreis seit 17. April 2021 deutlich voneinander ab. Am 22. April hatte die HZ erstmals darüber berichtet. Am 14. Mai zitierte die HZ das Landratsamt, der Fehler sei "teilweise behoben", die Daten würden "in den folgenden Wochen" korrigiert. Doch bis heute sind sie genauso krumm wie damals. Mitte April lag die Differenz bei 236 Fällen und acht Toten. Das Dashboard des Kreises enthielt letzte Woche sogar bis zu 400 Gesamtfälle mehr als die Liste des Sozialministeriums. Bei den Toten sind es 167 zu 155. Wie kann das sein?

Die Sache mit dem Software-Update

Damals war der Grund ein missglücktes Software-Update. Dies führt das Landratsamt auch diesmal als einen Grund an: "Vereinzelt treten dann auch doppelte Datensätze auf, die händisch korrigiert werden müssen", sagt Sprecher Sascha Sprenger. "Nach jetzigem Kenntnisstand betrifft die Zahlendiskrepanz größtenteils Altfälle" - und habe mehrere Ursachen: Etwa die "Referenzdefinition" des Robert Koch-Instituts (RKI), "die klinisch-epidemiologische Fälle ausschließt". Im Dashboard des Kreises könnten diese aber enthalten sein. "Dies betrifft beispielsweise Fälle mit eindeutigen Symptomen einer Covid-19-Erkrankung, die aus verschiedenen Gründen jedoch nicht per PCR-Test bestätigt werden konnten."

Mehrere Vornamen: ein Problem

Die "Art der Eingabe von Personen mit mehreren Vornamen", die "zunächst nur mit dem Rufnamen, an anderer Stelle aber mit allen Vornamen erfasst wurden", sei ein weiterer Faktor. "Auch diese müssen aktuell noch händisch abgeglichen werden."

Ein Teil der Diskrepanz sei indes dem "Meldeverzug" geschuldet. Während der Kreis die Daten bis 15 Uhr an das Landesgesundheitsamt melde, werde das eigene Dashboard erst morgens aktualisiert. Es enthalte so auch Fälle, "die nach 15 Uhr des Vortages bearbeitet werden".


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Und noch eine andere Software

Dies alles führe vor allem bei Updates der Erfassungs- und Nachverfolgungs-Software Sormas, aus deren Daten sich auch das Kreis-Dashboard speise, "immer mal wieder zu Schwierigkeiten". Die Meldung an das LGA erfolge indes über eine andere Software: SurvNet. Gesundheitsamt und LGA glichen die Daten nun ab. "Die Korrektur erfolgt dann schnellstmöglich." Künftig wolle der Kreis seine Coronafälle an die Referenzdefinition von RKI und LGA anpassen. "Zudem ist vorgesehen, die Aktualisierung des Dashboards des Hohenlohekreises an die LGA-Meldung zu koppeln."

Expertin des Landesgesundheitsamts spricht von einem ungewöhnlichen Fall

Dr. Christiane Wagner-Wiening, die beim LGA die Infektionsüberwachung leitet, erklärt: Dass Daten über einen solch langen Zeitraum und in dieser Menge abwichen, sei ungewöhnlich. Dem müsse auf jeden Fall nachgegangen werden. Meist lägen kleinere Zahlendifferenzen vor, die schnell korrigiert würden. Aber: "Probleme mit den digitalen Schnittstellen der örtlichen Gesundheitsämter und unseren sind nicht die Ursache", so die Virologin. Auch nicht im Hohenlohekreis. Alle benutzten Softwares, die kompatibel seien. Bei Updates habe es öfter geklemmt. Dann seien entweder nicht alle Coronafälle in das neue Programm übernommen oder Neuinfektionen doppelt übertragen worden. Diese Abweichungen würden in der Regel rasch bereinigt.


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"Keine Lücke" bei den aktuellen Datensätzen

"Wir veröffentlichen nur die Fälle, die das jeweilige Gesundheitsamt an uns auch übermittelt hat und die die Referenzdefinition erfüllen", so die Virologin. Das heißt, dass diese Fälle PCR-bestätigt sind. Aktuell laufe dabei alles glatt, die digitalen Meldesysteme seien voll angeglichen. "Es kommt nur ganz selten vor, dass mal ein Web-Service ausfällt. Dann bitten wir die Gesundheitsämter, uns die Daten noch einmal zu schicken." Derzeit bestünde "keine Lücke" in den Datensätzen, alle neu gemeldeten Infektionen würden in der täglichen Kreis-Liste des Sozialministeriums eins zu eins dargestellt.

Welche Rolle spielt der Meldeverzug?

"Das heißt aber nicht, dass alle neuen Fälle eines Tages auch tatsächlich am selben Tag übermittelt werden." Vor allem wenn viele Neuinfektionen aufliefen. "Dann kann es schon sein, dass mal Fälle liegen bleiben und erst am nächsten Tag nachgemeldet werden. Das nimmt derzeit wieder ein Stück weit zu, weil die Zahlen nach oben schnellen." Nur: "Dieser Meldeverzug geht nicht über mehrere Wochen, sondern nur über wenige Tage." Dies habe deshalb keine Auswirkungen auf die Aussagekraft der Sieben-Tages-Inzidenzen.


Keine Meldung von Neuinfektionen am Sonntag: Was steckt dahinter?

Noch ein anderer Punkt sticht im Vergleich zu anderen Kreisen ins Auge: Seit 28. November übermittelt das Landesgesundheitsamt in seinen Tagesmeldungen sonntags keinen einzigen Corona-Fall für den Hohenlohekreis. Dies war durchgehend bis Sonntag, 9. Januar, der Fall. Auch am 7. und 14. November war das so, nur am 21. November nicht. Gibt es auch hier einen Fehler im System? Nein, bekräftigt das Landratsamt. Das diensthabende Corona-Team befinde sich an Sonn- und Feiertagen nur in Bereitschaft und überwache, ob Fälle eingingen.

"Da die Zahl der gemeldeten Fälle für Sonntag zuletzt verschwindend gering war und mehrfach auch bei Null lag, wurden diese zumeist am nächsten Werktag bearbeitet und gemeldet. Dies würde sich natürlich bei einem größeren Aufkommen ändern." Weil der reine Inzidenzwert für die Stufenmodelle irrelevant sei, ändere sich nichts an möglichen Maßnahmen.

Christiane Wagner-Wiening vom LGA bestätigt, es sei "in den vergangenen Wochen sonntags vom Hohenlohekreis ganz sicher nichts gekommen". Dies liege aber nicht an der Technik. Jedes Gesundheitsamt könne frei entscheiden, wie es sein Personal einsetze. Dass Kreise an Sonntagen gar keine Fälle übermitteln, "trifft vereinzelt zu".

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