Hunderte Bürger demonstrieren in Künzelsau gegen Rechtsextremismus und die AfD
Aus dem ganzen Hohenlohekreis sind Menschen am Samstag zur Demonstration nach Künzelsau gekommen, um ein Zeichen gegen Populismus und für die Stärkung der Demokratie zu setzen.

"Nie wieder ist jetzt": So lautet das Motto. Und jetzt ist Demo-Zeit im Herzen Künzelsaus: Der "Arbeitskreis für Demokratie - gegen Faschismus" hat gemeinsam mit rund 30 weiteren Organisationen und Vereinigungen aus Politik und Gesellschaft am Samstagnachmittag auf den Unteren Markt eingeladen, um dort jenes Credo sprichwörtlich auf die Straße zu bringen.
Rund 350 Menschen sind trotz Regenschauern und kalten Windes dem Aufruf gefolgt, um mit heißem Herz hier und heute für Demokratie und Menschenwürde sowie gegen den bedrohlich wiedererstarkenden Rechtsextremismus und die AfD zu demonstrieren - die nur 100 Meter entfernt einen Infostand errichtet hat, wo auch Landtags-Fraktionschef Anton Baron vorbeischaut.
"Natürlich ist das eine Provokation", findet Jana Marie Frank. Die 19-Jährige wird wenig später mit zwei weiteren Schülern des Künzelsauer Semi auf die Bühne treten und dort vor allem an die mühsam erkämpften Selbstbestimmungsrechte des weiblichen Geschlechts erinnern, welche sie durch das reaktionäre Frauenbild der AfD in Gefahr sieht.
Lob für Reinhold Würth bei der Künzelsauer Demo
Heinz Kollmar wartet mit der Ordner-Binde am Arm darauf, dass es losgeht. Warum er sich engagiert? "Ich denke an meine Kinder und Enkel - und freue mich, dass heute so viele junge Leute hier sind." Schon etwas älter ist zwar Moritz Keller, doch auch der Leiter der Gewerblichen Schule in Künzelsau will ein Zeichen gegen diejenigen in der Gesellschaft setzen, die allzu gerne den Biedermann geben, aber den Brandstifter leben. "Menschliches Miteinander wird heruntergezogen aufs Ausgrenzen und Ausdifferenzieren. Das kann nicht in unser aller Interesse sein."
Nach Lob und Applaus für den Mitarbeiter-Brief Reinhold Würths durch Hans-Jürgen Saknus - "Das ist demokratische Halte- und Befestigungstechnik aus Hohenlohe!" - erinnert Bürgermeister Stefan Neumann an die Stärke der Demokratie, wenn sie in bestem Sinne Res publica sei: eine öffentliche Arena, in der die wichtigen Themen wie etwa der Klimawandel Raum bekämen und wo Diskurs und Auseinandersetzung unter Demokraten als essenzieller Wesenskern des Politischen verstanden werde. Die große Mehrheit stelle sich gegen Verfassungsfeinde. Da sei er sicher. Aber auch die demokratischen Parteien müssten mehr tun, um Probleme zu lösen und Populisten zu schwächen.
Demo gegen Rechtsradikalismus in Künzelsau hält Gänsehaut-Momente bereit
Immer wieder gleichsam musikalisch umrahmt wie umarmt durch Liedermacher Michael Breitschopf und Kollegin Cristina Stefan-Desaga sind nun die jungen Leute an der Reihe. Und die Demo hält einige Gänsehaut-Momente bereit. Wenn ein Semi-Schüler berichtet, wie sehr ihn Wahlerfolge der AfD beschäftigen: "Wie kann es sein, dass ein normaler 15-jähriger Junge Angst haben muss, nur weil seine Eltern Migrationshintergrund haben?"
Wenn Jana Marie Frank als Vertreterin des weiblichen Geschlechts am Mikrofon laut ausruft: "Unsere Rechte sind nicht verhandelbar." Wenn ein weiterer Schüler mit Bestimmtheit fordert, dass "wir kein zweites 1933 haben wollen". Und wenn kurz darauf die Menge kollektiv in das volkstümliche Heimatlied "Kein schöner Land" einstimmt.
Junge Union, Grüne Jugend, Julis und Jusos vereint
Stürmischen Beifall, der dem rauen Wind in den Künzelsauer Gassen das Wasser reichen kann, erntet indes Silas Stehling: Der erst 15-jährige Schüler des örtlichen Ganerben-Gymnasiums hat eine elaborierte Rede ausgearbeitet, analysiert die Politikfelder, in denen die AfD bei den Wählern punktet; entlarvt, dass die Partei keine praxistauglichen Lösungen anbietet, die von ihr geforderte Dekonstruktion der EU nichts weniger als den Niedergang der exportorientierten deutschen Wirtschaft brächte - und an den globalen Migrationsbewegungen auch diejenigen Gesellschaften einen gehörigen Anteil haben, welche sich allzu lange als "Erste Welt" definierten.
"Die Gedanken sind frei", spielen die Musiker. Und sie bleiben es hoffentlich auch. Und als ob eine höhere Macht ihre Zustimmung artikulieren wolle, rollt ein Donnergrollen vom Himmel herab, ehe nacheinander die Vertreter der politischen Jugendorganisationen - von Jusos bis Julis, von Grüne Jugend bis Junge Union - an das erinnern, was die Anwesenden verbindet: "Wir haben ganz unterschiedliche politische Vorstellungen. Aber eines eint uns alle: Und das ist der Kampf für unsere Demokratie", sagt etwa Junge-Union-Vertreter Max Rüdinger.
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