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Besucher feiern Rückkehr der Künzelsauer Wert-Wiesn

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Zwei zusätzliche Volksfest-Tage, Vergnügungspark und ein Heiratsantrag: So lief die erste Künzelsauer Wert-Wiesn nach der Corona-Pause.

Die Störzelbacher sorgen am Freitagabend von Beginn an für Stimmung im Festzelt. Was zunächst mit Mitklatschen und Mitsingen im Sitzen beginnt...
Die Störzelbacher sorgen am Freitagabend von Beginn an für Stimmung im Festzelt. Was zunächst mit Mitklatschen und Mitsingen im Sitzen beginnt...  Foto: Ludwig, Tamara

Verspieltes Dudeln am Karussell mischt sich mit den Deutsch-Rap-Beats am Autoscooter, übertönt nur vom Höhner-Song "Viva Colonia", der aus dem Festzelt schallt: Das ist der Sound der Wiesn, der Wert-Wiesn. Auf den Gehwegen Künzelsaus strömen am Freitagabend die Menschen in Richtung Volksfest, ihre Knie umspielt vom Spitzen versehenen Saum bunter Dirndl oder zünftigen Lederhosen.

Fast wähnt man sich in Bayern, wäre da nicht der Kocher unweit des Festgeländes, wären da nicht die Unterhaltungen in unverkennbarem Hohenlohisch. Blendet man das aus, setzt sich die bayerische Illusion im Festzelt fort. Überall grüßen Fahnen mit blau-weißen Rauten, Brathendl drehen ihre knusprig machenden Kreise auf dem Grillspieß. Bedienungen in Dirndl und Lederhosen schleppen tropfende Maßkrüge zwischen Tischen und Bänken hindurch.


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Hände zum Himmel

...hält nur wenige Minuten, dann holt es die Gäste von ihren Plätzen und auf die Bänke.
...hält nur wenige Minuten, dann holt es die Gäste von ihren Plätzen und auf die Bänke.  Foto: Ludwig, Tamara

Die Stoffbahnen am Festzelthimmel in badischem Rot und Gelb sind im württembergischen Kochertal wohl eher dekorativer Zufall. Macht nix, das badener Herz geht dennoch ein Stückchen auf. Knapp darunter, auf den Bänken und Tischen stehend, klatscht, singt, tanzt und feiert das Wiesn-Volk bereits kräftig. Die Hände gehen auf Kommando zum Himmel, die Stimmung ist ausgelassen. Zum Klappe halten und Tanzen fordert ein Popsong auf, auch hier leistet das Publikum bereitwillig folge.

Auf der Bühne reihen die Störzelbacher einen Partyhit an den anderen, singen von "Cordula Grün" ebenso wie "Waterloo" oder "Hulapalu". Ganz egal, das Mitsingen und Mitklatschen der Gäste ist ihnen Gewiss.

Pausiert wird nur zur Nahrungsaufnahme, etwa wenn Bedienung Brigitte Stark mit einem riesigen Holztablett voller Brathendl, Bratwurst und Pommes einen Tisch ansteuert - stets ein Lächeln auf den Lippen und mit charmantem, bairisch-schwäbischem Dialekt. Routiniert sieht das bei ihr aus, kein Wunder: "Ich mache das seit etwa 35 Jahren", sagt die 64-Jährige aus Oettingen im Donau-Ries-Kreis. "Und es macht immer noch Spaß." Damals, als ihre Kinder noch klein waren, habe sie einen Nebenjob am Wochenende gesucht - und gefunden.

 

 


Personalmangel macht Festwirt zu schaffen

Die vier Töchter sind inzwischen groß, "zwei davon helfen ab und zu auch aus", berichtet sie. Auch das verwundert wenig, schließlich ist Festwirt Roland Rachinger Brigitte Starks Schwiegersohn. Ob der seine Schwiegermutter auch ordentlich entlohnt? "Es geht so", erwidert Stark und zwinkert ihrem Chef schelmisch lachend zu. Der nimmt es gelassen. Auch wenn die Saison bisher alles andere als entspannt sei, wie Rachinger berichtet. Der Terminplan sei - auch durch die Corona-bedingte Geschäftsaufgabe mancher Festwirte - sehr eng, er habe Anfragen absagen müssen. Zudem macht der Personalmangel dem Festwirt zu schaffen. Und das, wo die etwa 15 Volksfeste, die er bewirtet, mehr Besucher haben als noch vor der Pandemie.

Das treffe auch auf die Künzelsauer Wert-Wiesn zu, berichtet Rachinger von 20 bis 30 Prozent mehr Besuchern im Vergleich zu 2019. "Die Leute saugen das auf", ergänzt Bürgermeister Stefan Neumann. Auch er freut sich über den Erfolg der Veranstaltung und hat extra seine Lederhosen aus dem Schrank geholt: "Ich bin ein Fan von Tracht, ich habe einige Zeit in München gelebt." Mit Blick auf die allgegenwärtigen Krisen glaube er, die Menschen brauchen etwas Unbeschwertheit.

Brigitte Stark bedient seit mehr als 30 Jahren in Festzelten − und hat immer ein Lächeln für die Gäste.
Brigitte Stark bedient seit mehr als 30 Jahren in Festzelten − und hat immer ein Lächeln für die Gäste.  Foto: Ludwig, Tamara

Und irgendwie scheint die Tracht dieser Unbeschwertheit als Symbol zu dienen. In Dirndl und Lederhosen wird nicht Trübsal geblasen über Inflation, Krieg und Pandemie, es wird getanzt und gelacht, eine Art Uniform der guten Laune. Und erst wenn diese wieder im Schrank verschwindet, erst wenn der Geruch von Pommes und Brathendl unter der heimischen Dusche langsam verduftet, ist der Alltag zurück. Bis es soweit ist, werden die Sorgen einfach weg geschunkelt.

Erstes Fazit und ein Heiratsantrag

Am Donnerstag begann die Wert-Wiesn mit rund 500 Besuchern und guter Stimmung, berichtet Renate Kilb von der Stadtverwaltung. Nach einem etwa zu drei Vierteln besetzten Zelt am Freitag platzte dieses am Samstag fast aus allen Nähten. "Unheimlich viele junge Leute sind auch spontan noch gekommen und haben die letzten Karten ergattert", so Kilb.

 Foto: Rainer Lang

Sie alle wurden außerdem Zeugen, wie Andreas Lackmann auf der Bühne die Liebe zu seiner Elena mit einem Ring besiegelte und mit ihr unter dem frenetischen Beifall des Publikums tanzte. Mit 30 Freundinnen und Freunden waren die beiden aus Neckarsulm gekommen. Für vier Tische hatten sie schon vor zwei Monaten Tickets gekauft, sagte Elena.

Beim Weißwurstfrühstück am Sonntagvormittag füllte sich das Zelt zügig mit den ersten Gästen. "Es wird gut angenommen", erklärt Kilb. Auch der Vergnügungspark sei gut angenommen worden.Nun wolle man von Seiten der Stadt überlegen, was man noch verbessern könne, welche zusätzlichen Angebote man für die Besucher schaffen könne: "Ich habe da schon viele Ideen im Kopf", kündigt Kilb an.

 
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