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Berufsbezogene Impfpflicht: Viel Bürokratie, wenig Bewegung in Hohenlohe

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Was bremst die Prüfung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht? Bisher hat das Gesundheitsamt im Hohenlohekreis noch kein Berufsverbot verhängt. Daran dürfte sich auch in nächster Zeit wenig ändern. Der Prüfprozess ist enorm aufwendig und voller Ermessensspielräume.

Die einrichtungsbezogene Impfpflicht gilt seit 16. März. Bislang hat das Gesundheitsamt im Kreis noch keine Verbote verhängt, die Prüfung ist enorm aufwendig.
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Die einrichtungsbezogene Impfpflicht gilt seit 16. März. Bislang hat das Gesundheitsamt im Kreis noch keine Verbote verhängt, die Prüfung ist enorm aufwendig. Foto: dpa  Foto: Sebastian Gollnow

Die Umsetzung der Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen und Einrichtungen im Gesundheitsbereich ist wie von vielen befürchtet mit einem hohen bürokratischen Aufwand verbunden. Mit schnellen Ergebnissen ist deshalb nicht zu rechnen. Bis heute hat das Gesundheitsamt des Hohenlohekreises noch kein Berufs- oder Betretungsverbot für einen ungeimpften Mitarbeiter verhängt. Ja, mehr noch: Bis 31. März ist noch gar keine Prüfung abgeschlossen.

Jeder Fall wird individuell geprüft

Rund 50 Meldungen waren bis dahin im Gesundheitsamt eingegangen. "Jeder Fall wird individuell geprüft", sagt Sascha Sprenger, Sprecher des Landratsamts. "Bis zur Verhängung eines Betretungs- oder Beschäftigungsverbots können mehrere Wochen vergehen." Der Bearbeitungsprozess sei enorm komplex, wie das weit verzweigte Schema der Handreichung des Sozialministeriums an die Gesundheitsämter zeige.

Großteil der Meldungen müssen manuell erfasst werden

Erschwerend hinzu komme, dass von den rund 50 Meldungen nur zehn über das digitale Portal des Landes eingegangen seien, das die größte Datensicherheit biete und die schnellste Bearbeitung ermögliche. Alle Daten der rund 40 analogen Meldungen müssten manuell bearbeitet werden, was zu einem "erhöhten Arbeitsaufwand" führe. Wo gibt es sonst noch Probleme? "Aufgrund der schnellen Umsetzung sind die Schnittstellen der unterschiedlichen Fachanwendungen noch nicht ausgereift."

Beim einen fehlen die Zertifkate, beim anderen funktioniert das Meldeportal nicht

Die Einrichtungen und Unternehmen seien gesetzlich nicht verpflichtet, das digitale Meldeportal zu nutzen. Selbst wenn sie es nutzen wollten, könnten es einige gar nicht, weil sie noch nicht über die nötigen Elster-Zertifikate verfügten. "Zudem wurden wir auch bereits von einer Einrichtung kontaktiert, bei denen die Meldung über das Meldeportal nicht funktioniert hatte." Für analoge Meldungen gebe es einen Vordruck des Sozialministeriums, der von den Einrichtungen überwiegend genutzt werde. "Der Informationsaustausch zwischen den Einrichtungen und dem Gesundheitsamt verläuft positiv", sagt Sprenger.


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Einrichtungsbezogene Impfpflicht: Wozu das Ganze?


Krankenhaus und acht Pflegeheime der BBT-Gruppe meldete 45 Ungeimpfte

Die BBT-Gruppe ist der größte Gesundheitsdienstleister im Hohenlohekreis. "Für das Hohenloher Krankenhaus in Öhringen und die acht Seniorenzentren haben wir 45 Mitarbeitende an das Gesundheitsamt gemeldet, die uns keinen Impf- oder Genesenen-Nachweis vorgelegt haben", erklärt Sprecherin Ute Emig-Lange. "Wir haben dafür das Online-Register des Gesundheitsministeriums verwendet, das allerdings anfangs, wohl aufgrund der starken Nutzung, überlastet war." Das weitere Vorgehen liege in der Hand des Gesundheitsamts.

Ausfallpläne mussten noch gar nicht aktiviert werden

Emig-Lange bestätigt, dass seit 16. März weder Berufs- oder Betretungsverbote für Beschäftigte aus Klinik oder Pflegeheimen ausgesprochen worden noch Fälle aufgetreten seien, wo das Gesundheitsamt trotz fehlender Impfung entschieden habe, vorerst oder generell auf ein Betretungsverbot zu verzichten - etwa weil sonst die Versorgungssicherheit gefährdet wäre. Emig-Lange: "Dies wird - falls es dazu kommen sollte - sicher noch einige Zeit in Anspruch nehmen, da jeder einzelne von uns gemeldete Mitarbeiter vom Gesundheitsamt noch einmal angeschrieben wird und eine Frist von 14 Tagen für eine Rückmeldung hat. Erst nach Ablauf dieser Frist beginnt dann eine Anhörung mit individueller Prüfung." Ausfallpläne mussten noch nicht aktiviert werden.

Impfpflicht hat nur wenige Beschäftigte motiviert, sich impfen zu lassen

"Die einrichtungsbezogene Impfpflicht hat in den vergangenen Wochen nur noch wenige Mitarbeitenden dazu motiviert, sich impfen zu lassen", so Emig-Lange. Rund 95 Prozent der BBT-Beschäftigten im Hohenlohekreis seien immunisiert. Die allermeisten hätten sich schon frühzeitig, als die Impfstoffe Anfang 2021 zur Verfügung gestanden hätten, gegen das Coronavirus impfen lassen.

Sozialministerium bestätigt hohen Aufwand, steht aber voll hinter der Impfpflicht

Seit die einrichtungsbezogene Impfpflicht am 16. März bundesweit in Kraft getreten ist, haben in Baden-Württemberg in der ersten Woche 2617 Einrichtungen und Unternehmen den Impf- oder Genesenenstatus von Beschäftigten an die Gesundheitsämter übermittelt. Mehr als die Hälfte davon, rund 1430 Einrichtungen, hätten dazu das Online-Meldeportal des Landes genutzt, erklärt das Sozialministerium. Die übrigen Meldungen seien über den Postweg eingegangen. "Landesweit wurden den Gesundheitsämtern 17 052 Beschäftigte genannt, die nicht geimpft oder genesen sind oder bei denen Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des von ihnen vorgelegten Nachweises bestehen." Mit der digitalen Meldequote zeigte sich das Ministerium zu diesem Zeitpunkt zufrieden. Bis 30. März konnten die Einrichtungen und Firmen die Meldungen nachreichen, eine Gesamtbilanz wird diese Woche erwartet.

Hätte das digitale Meldeportal nicht verpflichtend sein müssen, um den Gesundheitsämtern die Arbeit zu erleichtern? "Wir haben für das Online-Portal geworben, da es der einfachste Weg ist. Verpflichtend konnten wir es nicht machen, da die einrichtungsbezogene Impfpflicht in einem Bundesgesetz - dem Infektionsschutzgesetz - vorgeschrieben ist. Das können wir nicht für Baden-Württemberg abändern."

Gleichwohl ist der Aufwand auch ohne das digitale Verfahren enorm hoch, wie die Handreichungen für Einrichtungen und Gesundheitsämter zeigen. Der Ertrag dürfte hingegen überschaubar sein, da es viele Spielräume gibt, auch Ungeimpfte nicht vom Arbeiten auszuschließen - etwa um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Das Sozialministerium verhehlt den "hohen Aufwand" nicht. Trotzdem hält es die einrichtungsbezogene Impfpflicht "uneingeschränkt für sinnvoll". Sie sei ein "unerlässlicher Baustein" für eine noch höhere Impfquote innerhalb der Bevölkerung und zu einem noch besseren Schutz der vulnerablen Gruppen.

 

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