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Farbbombe und Hassmails nach Erhöhung der Kita-Gebühren in Mulfingen

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Der Mulfinger Gemeinderat hat im Juli beschlossen, dass die Gebühren für die Kinderbetreuung erhöht werden. Es folgten anonyme Nachrichten und ein Angriff auf das Privathaus einer Mitarbeiterin.


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Eigentlich haben die Mulfinger Gemeinderäte im Juli nichts anderes gemacht als viele andere Kommunen im Kreis und im Land: Sie haben die Gebühren für die Kinderbetreuung „angepasst“ – was bedeutet: Sie haben sie erhöht. Nach langer Diskussion waren die Räte weitgehend einig über den Modus, den sie mit einer Gegenstimme beschlossen.

Doch dann folgte Hässliches – ein Beispiel für die schamlosen Angriffe auf Verwaltungsmitarbeiter, Rettungskräfte und Politiker, die sich in den vergangenen Jahren im ganzen Land häufen. Das offenbart Bürgermeister Sören Döffinger in einem offenen Brief im Mulfinger Mitteilungsblatt. „Wenn Sie jemals Kinder bekommen, wünschen wir Ihnen nur das Schlechteste.“ „So ein herzloses Arschloch ist mir noch nicht untergekommen.“ „Sie rammen jeder Familie ein Messer in den Rücken“, zitiert Döffinger drei Nachrichten, die ihn erreicht haben. 

Haus von Mulfinger Rathaus-Mitarbeiterin beschädigt

Außerdem sei „in einem besonders erschütternden Fall“ nach der Gemeinderatssitzung „das Wohnhaus einer verantwortlichen Mitarbeiterin mit Farbbomben beschädigt“ worden, heißt es in dem Brief. Döffinger habe nicht gedacht, dass so etwas in seiner Gemeinde vorkommen könne, sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion. „Wir sind hier ja auf dem Land.“

Einen ähnlichen Angriff wie dieser auf das Haus eines Hamburger SPD-Politikers musste eine Mulfinger Verwaltungsmitarbeiterin nun erleben.
Einen ähnlichen Angriff wie dieser auf das Haus eines Hamburger SPD-Politikers musste eine Mulfinger Verwaltungsmitarbeiterin nun erleben.  Foto: Maja Hitij

20 bis 25 Mails mit solchen Inhalten haben den Bürgermeister erreicht, berichtet er – mit nicht personalisierten Mail-Adressen, „da sind die Leute ja sehr kreativ“. Auch auf Instagram und per Brief seien derartige Botschaften an ihn gerichtet worden. „Als jemand, der schon länger politisch aktiv ist, bin ich etwas in der Art leider schon gewohnt. Deswegen kann ich ein Stück weit damit umgehen.“ Dass seine Mitarbeiterin aber derart angegriffen wird, sei aber eine andere Sache.

Grund für Angriffe: Kinderbetreuungsgebühren in Mulfingen werden erhöht

In der Gemeinderatssitzung im Juli hatte der Tagesordnungspunkt zur Gebührenerhöhung eine knappe Dreiviertelstunde gedauert. Döffinger leitete ihn ein mit den Worten, er sei ein Punkt, auf den „kein Bürgermeister Lust hat. Aber er gehört leider dazu.“ Die Diskussion dauerte über eine halbe Stunde. Die Räte haben sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Am Ende lief es auf das gleiche Maß hinaus wie an vielen anderen Orten: auf die Beitragshöhe, die Kirchen und kommunale Landesverbände gemeinsam empfehlen. Der Vorschlag liegt bei 174 Euro im heuer beginnenden Kindergartenjahr, für das erste Kind einer Familie, das 30 Stunden in der Woche in einem Kindergarten betreut wird. Das geht aus einem Schreiben der evangelischen Kirche hervor, das den Sitzungsunterlagen beilag. Vor der Entscheidung der Räte lag der Mulfinger Betrag bei 99 Euro. Der Schritt ist also ein recht großer. Die Räte einigten sich auf eine Erhöhung in drei Schritten über zwei Jahre (siehe rechts). „Ich will nicht niederreden, wenn Familien gerade so über die Runden kommen“, bei steigenden Strom- und anderen Kosten. „Da kommen wir mit der Gemeinderatssitzung, dann kann das das Auslösende sein“, für Frustration.

Mutmaßlich haben sich Eltern in Gruppen der sogenannten sozialen Medien ausgetauscht. Dort könnte sich die Frustration zu Wut hochgeschaukelt und in diesen Angriffen gemündet haben. Das hält auch Bürgermeister Döffinger für möglich.


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In Mulfingen gibt es auch Kritik „mit Anstand“ an der Erhöhung

Diese Ereignisse überschatten nun die Kritik, die auf angemessene Weise angebracht wird. Auch ein Brief mit angemessener Kritik habe das Rathaus erreicht: mit Absender und Unterschrift. Die Kritik sei deutlich gewesen, aber mit so einem Schreiben könne man sich ernsthaft auseinandersetzen, „das hat Anstand“.

Döffinger und die betroffene Verwaltungsmitarbeiterin haben auf eine Anzeige der Beleidigungen und der Farbbombe bei der Polizei verzichtet, sagen beide im Gespräch mit der Redaktion. Eine Polizei-Sprecherin bestätigt auf HZ-Anfrage, es seien keine Anzeigen eingegangen. Der Elternbeirat habe sich gemeldet und den Weg der Verwaltung verteidigt, berichtet Döffinger weiter. Eine entsprechende Stellungnahme sei an alle Eltern gegangen. Darin wurden diese Angriffe „auf das Schärfste verurteilt“. Seither habe sich das Thema beruhigt.

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