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Grundschule Ernsbach könnte geschlossen werden – zu wenige Schüler im Bezirk

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Die Stadt Forchtenberg sieht die Schließung der Grundschule in Ernsbach als einzige Option, eine hohe Qualität an Bildung zu erhalten. Der Schülermangel könnte für einen Abzug von Lehrkräften sorgen.


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Eine Frau bringt die Angst auf den Punkt, die in vielen Wortmeldungen bei dem Infoabend mitschwingt: „Als ich hier hergezogen bin, gab es in Ernsbach noch eine Volksbank, einen Metzger und einen Tante-Emma-Laden. Wollen wir die Schule auch noch aufgeben?“ Die Forchtenberger Stadtverwaltung hat am Donnerstag die Bürger aus Ernsbach und Sindringen zu der Veranstaltung in die Brechdarrhalle eingeladen. Denn im Zuge der Planungen für die Renovierung der Ernsbacher Schulgebäude kam die Frage auf: Lohnt sich die Schule noch?

Schülerzahlen reichen perspektivisch nicht aus, um Klassenstufen in Ernsbach zu erhalten

Die Renovierung des denkmalgeschützten alten Schulhauses und des Neubaus würde 4,4 Millionen Euro kosten. „Aber Geld ist nicht das Thema“, betont Bürgermeister Michael Foss. Die Stadt hat Zweifel, die schlichtweg mit der Entwicklung der Zahl an Familien in den Dörfern zu tun hat: In den kommenden Jahrzehnten wird es im Schulbezirk der Ernsbacher Schule, zu dem noch Sindringen gehört, an Kindern stark mangeln.

Im Sommer 2023 ging der Gemeinderat die Renovierung der beiden Schulgebäude in Ernsbach an. Nach den ersten Planungen steht die Frage im Raum: Lohnt sich der Betrieb überhaupt noch?
Im Sommer 2023 ging der Gemeinderat die Renovierung der beiden Schulgebäude in Ernsbach an. Nach den ersten Planungen steht die Frage im Raum: Lohnt sich der Betrieb überhaupt noch?  Foto: Draskovits, Katrin

Zu dem Schluss kommt Foss auf Grund einer Richtlinie des Schulamtes: Zwei Klassen müssen zusammen mindestens 29 Schüler haben. Die Zahl 15 ist also eine Sollbruchstelle. In den vergangenen Jahren haben einzelne Klassen diese Zahl bereits unterschritten. Im Schuljahr 2023/2024 waren es sogar zwei: in Klasse drei 13 und in Klasse vier 14 Schüler, also insgesamt nur 27 Schüler. „In so einem Fall zieht das Schulamt eigentlich eine Lehrerin ab“ und die Klassenstufen müssen gemeinsam von einer Lehrkraft unterrichtet werden. „Da hatten wir Glück“, sagt Foss. Wenn es aber so weit komme, gebe es in der Kommune zwei Schulen mit unterschiedlichen Qualitäten der Bildung.

Zusammenlegung von Klassen „nicht besonders attraktiv“ für Lehrkräfte

Darauf geht die Ernsbacher Schulleiterin Diana Frank ein. Sie berichtet, dass im Kollegium diese Perspektive kritisch gesehen werde. Bereits bei einer Klasse sei es anspruchsvoll für eine Lehrkraft, mit Kindern unterschiedlichen Könnens umzugehen: von welchen, die kaum Deutsch sprechen bis hin zu welchen, die „gefordert werden“ müssen. Bei zwei Klassen müsste eine Lehrkraft die doppelte Zahl dieser Niveaus bewältigen. „Machbar ist ein pädagogisches Konzept sicherlich. Für Lehrer ist das aber nicht besonders attraktiv.“

Das alte Schulgebäude steht unter Denkmalschutz, sagt Forchtenbergs Bürgermeister Michael Foss. Deswegen müsse dieses in jedem Fall renoviert werden.
Das alte Schulgebäude steht unter Denkmalschutz, sagt Forchtenbergs Bürgermeister Michael Foss. Deswegen müsse dieses in jedem Fall renoviert werden.  Foto: nicht angegeben

Nach einer Modellberechnung der Stadt werde die Geburtenzahl in Sindringen und Ernsbach mittel- bis langfristig die Zahl 15 unterschreiten. Das Modell geht von einem sich ausgleichenden Zu- und Wegzug aus. Auf Basis von Daten des Statistischen Bundesamtes aus den vergangenen Jahren wird mit einer Geburtenrate von 1,46 Kindern pro Frau und einer gleichbleibenden zukünftigen Anzahl von zehn möglichen Müttern gerechnet. Dazu müsse beachtet werden: „Nicht alle Kinder aus Sindringen und Ernsbach gehen auch hier auf die Schule“, gibt Foss zu bedenken, mit Verweis auf private Schulen oder SBBZ.

Freie Bauplätze im Kochertal, aber kein Verkauf – Schulbezirke unter Druck

Neue Baugebiete seien schwer möglich im Kochertal, außerdem gebe es freie Bauplätze, „die aber nicht verkauft werden“. Die Verwaltung habe geprüft, ob der Schulbezirk geändert werden könne – und der Muthof und Wohlmuthausen zu Ernsbach geschlagen werden – oder die verpflichtende Ganztagsschule in der Forchtenberger Grundschule eingeführt werden könne. „Aber dann müssten die Kinder an der Forchtenberger Schule vorbei nach Ernsbach fahren“, oder die funktionierende „flexible“ Schule in Forchtenberg einschränken, ist Foss sich sicher.

In der knapp dreistündigen Veranstaltung melden sich zahlreiche junge Eltern. Vor allem zweifeln sie an der Modellrechnung. Foss sagt, sie sei noch optimistisch gerechnet: „Die Geburtenrate sinkt in Deutschland, aktuell sind wir schon bei 1,39.“ Auch die Überprüfung der Prognosen für die vergangenen Jahre hätte gezeigt: „Bis zu elf Schüler weniger sind eingeschult worden im Vergleich zu den Erwartungen.“ Man könne nicht auf da „Prinzip Hoffnung“ setzen, dass sich die Zahlen in Ernsbach und Sindringen verbessern.


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Die Angst um die Schule ist eigentlich eine Angst um Ernsbach


Schulleiterwechsel in Forchtenberg sei guter Zeitpunkt für Umzug

Viele Eltern sagen, die Grundschule sei einer der Gründe gewesen, nach Ernsbach zu ziehen. Der Bürgermeister sagt, er verstehe die Emotionen. Man müsse aber an die Eltern der Zukunft denken, appelliert er: Wenn in wenigen Jahren Klassen zusammengelegt würden, „fragen uns die Menschen, ,ihr habt das doch gewusst – warum habt ihr da nichts getan?’“ Mit dem anstehenden Schulleiterwechsel in Forchtenberg gebe es nun eine gute Gelegenheit für den Umzug der Ernsbacher Schüler.

Die Stadt peilt einen Umzug in die Grundschule Forchtenberg zum Schuljahr 2028/2029 an. Dann beginne dort auch ein neuer Schulleiter, „und dann bietet sich der Wechsel an“, sagt Bürgermeister Michael Foss. Die Ratsentscheidungen müssten dafür bereits im Januar fallen, wegen Förderungen für den nötigen Umbau an der Schule in Forchtenberg. Die Ernsbacher Schulleiterin Diana Frank möchte sich auf Nachfrage nicht äußern, ob sie sich auf den Forchtenberger Schulleiterposten bewerben will. Für die Zukunft des Schulhauses habe der Ernsbacher Ortschaftsrat im Falle einer Schließung ein „starkes Vorschlagsrecht“, sagt Foss. 

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