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Äpfel und Birnen sind reif: So läuft die Ernte in Heilbronn und Hohenlohe

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Im Heilbronner Land und in Hohenlohe ist im September Erntezeit. Das bedeutet: viel Arbeit. Wie die Saison für Bauern und Produzenten gestartet ist.

Herbsten − das etwas altertümliche Wort hat vor allem in der traditionellen Landwirtschaft einen ganz besonderen Klang. Es verweist auf den Herbst, die im Jahreskalender dritte der vier Jahreszeiten. Am vergangenen Wochenende hat er begonnen, der Herbst.

Wenn der Wald sich golden färbt und die Blätter von den Bäumen fallen, steht zugleich die Ernte der zahllosen Feldfrüchte an. So hat das Wort Herbst sprachgeschichtlich denselben Ursprung wie das englische "harvest" (Ernte) und das germanische "harbistaz" (pflücken).


Tradition des "Herbstens": Ernte von Äpfeln, Birnen und Trauben im Gang

Im engeren Sinne zielt das Herbsten aber auf die Weinlese ab, bei der die Herbster, also die Traubenleser, im Weinberg die reifen Trauben von der Rebe schneiden. Dabei ist "Herbsten" weit mehr als die Lese im Wengert und die Ernte von Äpfeln und Birnen von den Bäumen. Es ist auch viel Arbeit, und es spiegelt ein Gefühl der Dankbarkeit für die Früchte der Erde wider, das sich sehr gut im christlichen Erntedankfest ausdrückt.

Nicht umsonst wurde noch in den 1970er und 1980er Jahren am Ende eines langen Tages im Weinberg oder im Kartoffelacker oft bei offenem Feuer zusammengesessen und gefeiert. In manchen Familien hat sich diese schöne Tradition des "Herbstens" bis heute erhalten.

Traubenernte beginnt im Weinbau immer früher

Was den Weinbau betrifft, kann inzwischen kaum noch pauschal vom "Herbsten" die Rede sein, oft eher vom "Sommern". Denn im Zuge des Klimawandels hat sich die Ernte zunehmend nach vorne verlagert. "Früher schnitten wir die Trauben im Parka vom Rebstock, heute im T-Shirt", lautet ein geflügeltes Wort des ehemaligen Weinsberger Rebenexperten Dr. Walter Kast.

Tatsächlich sind die Lesemannschaften auch im Jahrgang 2025 nicht wie früher in den Herbstferien Ende Oktober losgezogen, sondern bereits in den Sommerferien. Einen absoluten Frühstart legte dabei einmal mehr das Heilbronner Weingut Amalienhof am Beilsteiner Steinberg hin, wo die selbst gezüchtete Sorte Wildmuskat schon am 21. August reif für die Kelter war, wobei es sich hier auch um ein arg frühreifes Früchtchen handelt. Aber auch weit verbreitete etablierte Sorten wie Müller-Thurgau, Grauburgunder oder Dornfelder kamen oft schon im August vom Stock.

Für Heinz und Lucas Schwab aus Bretzfeld-Dimbach begann die Traubenlese 2025 so früh wie nie, ging so schnell wie nie und war früher denn je zu Ende.
Für Heinz und Lucas Schwab aus Bretzfeld-Dimbach begann die Traubenlese 2025 so früh wie nie, ging so schnell wie nie und war früher denn je zu Ende.  Foto: Berger, Mario

Ein weiteres neues Phänomen: "Fast alle Sorten, egal ob frühe oder späte, waren diesmal gleichzeitig reif", weiß Dietrich Rembold, Präsident des Weinbauverbandes Württemberg. Das setzte so manches Leseteam mächtig unter Druck. "Zum Glück konnten wir den Vollernter einsetzen", erklärt Gutsbesitzer Heinz Schwab aus Bretzfeld-Dimbach, "sonst wären wir gar nicht hinterhergekommen. So waren wir schon mit acht Lesetagen fertig. Das gab es noch nie."

Auch andernorts ging die Traubenernte dank des Maschineneinsatzes so schnell wie selten zuvor über die Bühne: Früher sprach man von einem Monat, diesmal waren es meist nur drei Wochen − oder wie bei der schlagkräftigen Familie Schwab in Bretzfeld-Dimbach nur acht Tage für 6,5 Hektar.

Feine Obstbrände und fruchtige Säfte entstehen im Herbst

Auf die Zielgerade geht derzeit auch die Obstlese bei der Obstbrennerei Käppler in Kupferzell. Der kleine Zwei-Mann-Betrieb, der von Jakob Käppler im Nebenerwerb geführt wird, darf pro Jahr bis zu 300 Liter Alkohol herstellen. "Seit August haben wir etwa fünf Tonnen Früchte von unseren Streuobstwiesen in Eschelbach gesammelt", sagt Käppler. "Dafür legen wir großflächig Netze aus, in die das Obst einfach hineinfallen kann." Käpplers Familie gehören in Eschelbach etwa drei Hektar Streuobstwiesen. Den Betrieb hat er 2022 nach dem plötzlichen Tod seines Vaters von diesem übernommen.

Für Jakob Käppler ist die Schnapsbrennerei zwar eher Herzensangelegenheit als Beruf. Jedoch legt er sehr großen Wert darauf, das Familienerbe zu bewahren. "Bei der Herstellung werden Birnen, Äpfel, Mirabellen und Zwetschgen zerstampft und in einem geschlossenen Gärbottich, der in einem Wasserbad schwimmt, mit Hefe vermischt." Sobald kein Sauerstoff mehr zur Verfügung steht, gehe die Hefe in alkoholische Gärung über.

Auf seinen Streuobstwiesen in Eschelbach hat Jakob Käppler großflächige Netze verteilt. Das Obst wird hier nicht geerntet, sondern fällt ins Netz und wird aufgesammelt.
Auf seinen Streuobstwiesen in Eschelbach hat Jakob Käppler großflächige Netze verteilt. Das Obst wird hier nicht geerntet, sondern fällt ins Netz und wird aufgesammelt.  Foto: privat

"Aus dem Zucker wird mit der Zeit CO2 und Alkohol. Dann hat man die fertige Maische und kann sie in der Brennerei abdestillieren." Besonders beliebt unter den Obstbränden seien die Birnensorten. "Williamsbirnen haben zum Beispiel einen sehr schönen Geschmack, den man gut rüber in den Obstbrand bekommt." Typisch für die Region Hohenlohe: die Schlankelesbirne oder die Palmischbirne. Pro Saison produziert Käppler etwa 1000 Flaschen Obstbrand.

Das Schöne an der Arbeit sei: "Dass man etwas für den Erhalt der Streuobstwiesen tut und am Ende ein Produkt hat, dass man anfassen, schmecken und riechen kann." Außerdem sei es schön "von A bis Z" alles selber zu machen. "Man erntet das Obst und sieht später im Endprodukt die Arbeit, die man hineingesteckt hat."

Hochbetrieb im frühen Herbst bei Fruchtsaft Beil in Neckarsulm

Hochbetrieb herrscht aktuell auch bei Fruchtsaft Beil in Neckarsulm. Tonnenweise werden dort jeden Tag Äpfel aus Anbaugebieten in einem Umkreis von etwa 40 bis 50 Kilometer angeliefert, auch von Privatpersonen. "100 Kilogramm Äpfel ergeben etwa 60 Liter Saft. An starken Tagen stellen wir 60.000 bis 70.000 Liter Saft her", erzählt Geschäftsführer Joachim Beil.

Mit dem gelernten Weinküfer sind aktuell gut zehn Mitarbeiter im Einsatz. "Zunächst werden die Äpfel gewaschen, die fauligen ausgelesen, dann gehen die Früchte in eine der drei Pressen", erklärt Beil. Pro Stunde können um die zehn Tonnen Äpfel gepresst werden. Anschließend läuft der Rohsaft in eine Zentrifuge, bevor er kurz erhitzt und pasteurisiert wird, ehe er heruntergekühlt in einen der riesigen Edelstahltanks gefüllt wird. Das Tanklager bei Beil bietet Platz für rund 1,8 Millionen Liter Saft.

Bei Beil Fruchtsäfte in Neckarsulm herrscht gerade Hochbetrieb, jeden Tag wird in großen Mengen Apfelsaft
abgefüllt.
Bei Beil Fruchtsäfte in Neckarsulm herrscht gerade Hochbetrieb, jeden Tag wird in großen Mengen Apfelsaft abgefüllt.  Foto: Seidel, Ralf

Im Raum nebenan wird der Apfelsaft in Flaschen abgefüllt, Deckel drauf und Etikett dran − fertig und ab in die Kiste. "Wir verkaufen in unserem eigenen Laden, beliefern aber vor allem zahlreiche Händler in der ganzen Region", sagt Joachim Beil, dessen Familie sich bereits seit 1904 den Themen Küferei, Mosterei und Brennerei verschrieben hat. 

 
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