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Verurteilter Heilbronner Wollhaus-Raser soll abgeschoben werden: So geht es weiter

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Das Regierungspräsidium Stuttgart hat eine Ausweiseverfügung gegen den sogenannten Heilbronner Wollhaus-Raser erteilt. Wie es mit dem wegen Mordes verurteilten Straftäter jetzt weitergeht.


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Das Regierungspräsidiums (RP) Stuttgart hat eine Ausweiseverfügung gegen den im April 2024 vom Heilbronner Landgericht unter anderem wegen Mordes verurteilten sogenannten Wollhaus-Raser erteilt. Das hat die Behörde auf Anfrage von stimme.de bestätigt. Der Erlass ist noch nicht bestandskräftig. Der inzwischen 23 Jahre alte türkische Staatsbürger aus Heilbronn kann gegen die Entscheidung beim Verwaltungsgericht Klage einreichen.

Grundsätzlich habe eine Klage gegen die Ausreiseverfügung des RP Stuttgart keine aufschiebende Wirkung, sagt Christoph Wingerter, Heilbronner Fachanwalt für Ausländerrecht und Migration. Es sei denn, die Anwälte des Auszuweisenden stellen einen sogenannten Eilantrag.

Im April 2024 wurde der sogenannte Wollhaus-Raser im Heilbronner Landgericht zu einer Jugendstrafe von neun Jahren verurteilt.
Im April 2024 wurde der sogenannte Wollhaus-Raser im Heilbronner Landgericht zu einer Jugendstrafe von neun Jahren verurteilt.  Foto: Seidel, Ralf

Ob eine Klage und ein Eilantrag eingereicht wurde, ist nicht bekannt. Auf Nachfrage bei der Verteidigerin im sogenannten Raserprozess, erklärte Rechtsanwältin Anke Stiefel-Bechdolf, sie habe weder Kontakt zum Verurteilten noch zu dessen Familie.

Verurteilter Wollhaus-Raser: Beim Regierungspräsidium Karlsruhe liegt der Fall noch nicht zur Bearbeitung vor

Für die Abschiebung ist landesweit das Regierungspräsidium Karlsruhe zuständig. Wie die Behörde auf Anfrage mitteilt, liegt der Fall dort derzeit noch nicht zur Bearbeitung vor. „Das Regierungspräsidium Stuttgart hat bei der erlassenen Ausweisungsverfügung nicht die sofortige Vollziehung der Entscheidung angeordnet“, so Andrea Panitz, Sprecherin des Karlsruher Regierungspräsidiums.

Eine sofortige Ausweisung wäre in der Praxis auch so gut wie ausgeschlossen. Denn der staatliche Strafanspruch hat Vorrang vor der Aufenthaltsbeendigung. So muss vor einer Abschiebung eines rechtskräftig verurteilten ausländischen Straftäters erst die zuständige Strafvollstreckungsbehörde ihre Freigabe erteilen. Das ist im Fall des sogenannten Wollhaus-Rasers die Direktorin des Amtsgerichts Adelsheim.

Haftstrafe muss mindestens zur Hälfte verbüßt sein, bevor eine Abschiebung erfolgen kann

Die Richterin würde den Verurteilten frühestens zur Abschiebung freigeben, wenn er die Hälfte seiner Strafe abgesessen hat. Das sagte sie auf Anfrage von stimme.de. Das wäre im Falle des Wollhaus-Rasers der 17. August 2027.


Dabei ist die Dauer der Untersuchungshaft eingerechnet. Ab diesem Stichtag kann demnach der türkische Staatsbürger in Begleitung zweier Polizeibeamter in die Türkei ausgeflogen werden.

Kosten für eine Abschiebung variieren stark – vom Betroffenen zu tragen

Die Kosten einer Abschiebung setzen sich laut Regierungspräsidium Karlsruhe aus mehreren Einzelposten zusammen. Diese seien in der Regel Flugkosten sowie Polizei- und Transportkosten. Gegebenenfalls kämen noch Kosten für die Beschaffung von Passersatzpapieren, für eine Sicherheitsbegleitung und eine medizinische Begleitung dazu. „Die Kosten unterscheiden sich von Fall zu Fall stark, so dass eine konkrete Größenordnung nicht genannt werden kann“, so die Sprecherin des RP Karlsruhe.

Christoph Wingerter beziffert durchschnittliche Abschiebungskosten eines ausländischen Straftäters auf zwischen 3000 und 5000 Euro. Bezahlen müsse den Betrag der Abgeschobene selbst, so der Heilbronner Ausländerrechtsexperte. Könne er das nicht, müsse das Land die Kosten vorstrecken. 

Im April 2024 wurde der türkische Staatsbürger unter anderem wegen Mordes und dreifachen versuchten Mordes zu neun Jahren Jugendhaft verurteilt. Am 12. Februar 2023 fuhr der damals 20 Jahre alte Heilbronner mit rund 100 Stundenkilometern in der Wollhausstraße. Dort gilt Tempo 40. Dabei krachte er mit seinem BMW in den Mercedes einer Familie. Der Familienvater war sofort tot. Seine Frau und die beiden Kinder wurden zum Teil schwer verletzt.

Erneute Einreise nach Deutschland wäre nur mit Visum möglich

Dass ein verurteilter Straftäter nicht vor dem Verbüßen der Halbstrafe abgeschoben wird, ist laut Christoph Wingerter die Regel. Mit der Abschiebung sei aber gleichzeitig eine Einreisesperre verbunden. Die dauere meist mindestens so lange, wie die ausgesprochene Haftstrafe insgesamt. Mitunter auch doppelt so lange. Der Wollhaus-Raser dürfe vor Ablauf seiner Einreisesperre weder nach Deutschland kommen noch in ein anderes Schengen-Land einreisen, wie etwa Italien oder Frankreich, sagt Wingerter.

Sollte er nach Ablauf der Frist wieder nach Deutschland einreisen wollen, müsste er ein Visum beantragen. Darüber hinaus drohe ihm eine erneute Festnahme. Die Zeit der zu verbüßenden Reststrafe müsste er wieder im Gefängnis verbringen, erklärt Wingerter. Außerdem müsste er die Kosten für die Abschiebung begleichen, sollte das Land in Vorlage gegangen sein.

„In der Türkei wäre er dagegen mit dem ersten Tag ein freier Mann“, sagt Wingerter. Die zweite Hälfte seiner Gefängnisstrafe müsste er dort nicht absitzen. Als türkischer Staatsbürger müsste er aber Wehrdienst beim Militär leisten. Eine Kriegsdienstverweigerung gibt es dort nicht. Es besteht aber die Möglichkeit, sich vom Wehrdienst freizukaufen.




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