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Warum es beim Heilbronner Volksfest kein Festbier gibt – und die Maß immer teurer wird

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Erstmals gibt es auf der Heilbronner Theresienwiese kein spezielles Volkfestbier. Der Chef der Haller Löwenbräu nennt die Gründe dafür. Und Festwirt Karl Maier erklärt, warum der Maßpreis Jahr für Jahr steigt.


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Im Bierzelt, im Biergarten und an der Biertheke: Bier ist auf dem Heilbronner Volksfest fast allgegenwärtig und in aller Munde, als Getränk, aber auch als Thema. Nahrung für mehr oder weniger heiße Debatten liefert traditionell der Bierpreis. Viel Gesprächsstoff bietet heuer aber auch der Abschied vom klassischen Festbier. Der eigens eingebraute Gerstensaft mit etwas mehr Volumenprozent und einer besonders hopfigen Note galt auf der Theresienwiese über Jahrzehnte hinweg als besonderes Markenzeichen.  

Volksfest in Heilbronn: Welche Brauereien in fast 100 Jahren die Maß stellten

Einst kam das Bier im Wechsel von den Heilbronner Brauereien Rosenau und Cluss, ab Mitte der 1990er dann von deren Stuttgarter Mutter Dinkelacker-Schwabenbräu. 2002 bekam Palmbräu als Regionalmatador den Zuschlag, 2010 Haller Löwenbräu. Über Jahre war Festbier sogar vertraglich vorgeschrieben.

Wie Steffen Schoch von der Heilbronn Marketing GmbH (HMG) erklärt, habe man sich einvernehmlich davon verabschiedet. Die vom Haller Brauereidirektor Peter Theilacker ins Felde geführten Argumente hätten letztlich sogar den anfangs skeptischen Göckelesmaier-Festwirt Karl Maier überzeugt.   


Verzicht auf eigenes Heilbronner Festbier: Konsumgewohnheiten haben sich verändert

Nach Angaben des Brauereidirektors sei der Abschied „ganz einfach den gewandelten Konsumgewohnheiten, aber auch dem Sommerwetter geschuldet“. In der Regel herrschte beim Volksfest in der Vorjahren eine extreme Hitze. „Auf der knallheißen Theresienwiese willst Du kein Starkbier trinken.“ Gleichzeitig gebe es derzeit überall einen Trend zum leichten und dadurch bekömmlichen „Hellen“, wie es vor allem bayrische Brauereien vornehmlich in blauen Kisten unters Volk bringen.

„Wir haben uns auf die Mitte geeinigt und schenken im Volksfest nun unser Meistergold Export aus“, erklärt Theilacker, das habe statt 5,4 Volumenprozent Alkohol nur 4,9. Kosten hätten bei der Entscheidung keine Rolle gespielt, die Ersparnis liege bei den Rohstoffen und auch bei der um wenige Cent geringeren Biersteuer im Promillebereich. Dies nur am Rande: Die die Höhe der Biersteuer bemisst sich an der Stammwürze, die bei Festbier höher ist als bei Export.

Warum es keinen runden Maßpreis gibt? Logisch: Damit für Kellner Lajos Visi und seine Kollegen beim Aufrunden etwas Trinkgeld herausspringt.
Warum es keinen runden Maßpreis gibt? Logisch: Damit für Kellner Lajos Visi und seine Kollegen beim Aufrunden etwas Trinkgeld herausspringt.  Foto: Berger, Mario

Warum der Bierpreis auf dem Heilbronner Volksfest so gut wie jedes Jahr steigt

Gleichzeitig kostet die Maß Haller Löwenbräu dieses Jahr 50 Cent mehr als 2024, also 11,20 Euro. Man reagiere damit auf den allgemein steigenden „Kostendruck“ für Energie und Lohn, erklärt Theilacker. Zu schaffen manche seiner Branche aber auch der seit Jahren sinkende Bierkonsum. Im ersten Quartal sei der Pro-Kopf-Verbrauch der Deutschen erneut um sechs Prozent gesunken. Ende der 1970er hätte der Schnitt noch bei 170 Liter pro Kopf gelegen, heute seien es nur noch 80 Liter.

So seien auch auf den Volksfest die Zeiten, da  durch die Kehlen von Unterländern und vieler US-Soldaten jährlich 90.000 Liter Bier flossen, längst vorbei. Oft seien es nicht mal ein Drittel davon. „Die Alten können nicht mehr. Und die Jungen wollen nicht mehr“, weiß Theilacker. Neben gewandelten Konsumgewohnheiten, gesundheitlich und religiösen Gründen spielten bei vielen Verbrauchern derzeit auch Sparzwänge eine Rolle.

Festwirt in Heilbronn: Bierpreis ist Ausfluss der Gesamtkalkulation

Für Festwirt Karl Maier ist es zwar „schwer zu verstehen, warum das immer zum Thema wird“. Wie aus der Schießbudenpistole geschossen nennt er aber lauter handfeste Argumente. Der Bierpreis sei Teil seiner Gesamtkalkulation, die den kompletten Fest-Aufbau, -Ablauf und -Abbau umfasse. „Personalkosten, Energiekosten, Deko, hohe Sicherheitsauflagen. Jahr für Jahr wird ständig alles teurer.“ Und: Qualität habe eben seinen Preis, „wir bieten hier im Biergarten und im Zelt bei  freiem Eintritt nichts von der Stange oder aus dem Discounter“.

Tatsächlich bietet auch Göckelesmaier Rabatte: über Mittag, für Gruppen und an speziellen Tagen. Zudem weiß der Festunternehmer: Im Vergleich zu Stuttgart, wo die Maß zwischen  14,10 und 14,40 Euro kostet,  und München, wo man sogar zwischen 14,50 und 15,80  Euro berappen muss, sei Heilbronn „relativ günstig“.

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Wie ein Blick ins Stimme-Archiv zeigt, ist der Maßpreis auf der Theresienwiese fast Jahr für Jahr gestiegen: mehr oder weniger parallel zur Inflationsrate. Für eine halbe Reichsmark hat man 1936 wohl auch ein Schnitzel oder Göckele bekommen. 1980 war das mit dem Fall der Fünf-Mark-Grenze ähnlich. Bereits vor 2001, im letzten D-Mark-Jahr, waren umgerechnet fünf Euro erreicht. Die magische Zehn-Euro-Marke wurde erst nach Corona 2023 geknackt.

Festwirt beim Heilbronner Volksfest: Bedienungsteam habe Trinkgeld verdient

Ein Blick ins Archiv zeigt außerdem, dass sich die Preissprünge früher in Grenzen hielten, aber bereits im Jahr nach der Corona-Pause 2023 um 80 Cent in die Höhe schossen, 2024 um 30 Cent und nun um 50 Cent. Eigentlich habe er nur 30 Cent draufschlagen wollen. Doch die Erfahrung zeige, „dass viele Schwaben bei einem relativ runden Preis wie 8,50 Euro knausern und kein Trinkgeld mehr geben“. Bei Preisen wie 11,20 Euro seien viele Gäste eher bereit, auf 11,50 oder gar zwölf Euro aufzurunden. Dies habe sein 30-köpfiges Bedienungsteam schließlich auch verdient.

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