Deutschland-Tour im Raum Heilbronn – das bietet die erste Etappe
Die Deutschland-Tour gastiert in der Region. Auf der Strecke und am Zielort Heilbronn warten steile Anstiege. Wir sind die Etappe schon einmal abgefahren.
Langsam aber sicher steigt das Fahrradfieber in der Region. In wenigen Tagen jagen die 20 Profimannschaften, die sich an der Deutschland-Tour beteiligen, auf der Etappe von Schweinfurt nach Heilbronn. Viele Radfans überlegen sich bereits, an welchen Plätzen sie den Stars der Deutschland-Tour zujubeln.
Die Auswahl ist groß, denn ab Schöntal-Oberkessach im Hohenlohekreis legen die Fahrer rund 50 schweißtreibende Kilometer durch den Landkreis Heilbronn bis zum Zielstrich auf der Theresienwiese zurück. Die Heilbronner Stimme hat die Strecke mit Unterstützung der Radsportgemeinschaft Heilbronn (RSG) abgefahren.
Test der Deutschland-Tour-Etappe nach Heilbronn: Unterwegs mit Radsportlern
Samstagmittag gegen 14 Uhr auf dem Park und Ride-Parkplatz in Weinsberg-Ellhofen: Jan Hoheneder fährt im schmucken blauen RSG-Trikot auf seiner Rennmaschine vor. Der 23-jährige Lizenzfahrer ist einer der Begleiter auf dem Radabenteuer durch die Region. Beim RSG-Talent, das im vergangenen Jahr schon Bundesligarennen gefahren ist, ist die Vorfreude auf die Deutschland-Tour groß: "Es ist megacool und natürlich schauen wir uns die Profis an der Strecke an", betont Hoheneder.

Die Tour de France hat er noch am Fernseher verfolgt. "Pogacar ist natürlich beeindruckend, aber Wout van Aert war für mich der vielseitigste Fahrer", urteilt er. Beide Superstars sind bei der Deutschland-Tour nicht dabei, dafür aber Größen wie der Tour-de-France-Sieger von 2018 Geraint Thomas, Simon Geschke und Straßen-Weltmeister Mads Pedersen. Kurz von 14 Uhr fahren Daniel Schilling mit Oliver Volz und Tom Ernstberger im RSG-Kleinbus vor. Das "Hallo" bei der Begrüßung ist groß.
Etappe der Deutschland-Tour führt nach Heilbronn: Profis live sehen
Dann geht es über die A81 in Richtung Möckmühl. "Es ist schon toll, wenn wir die besten Profis live sehen", freut sich Tom Ernstberger. Eine Etappe mit den Profis würden sich der 27-Jährige und seine Lizenzfahrer-Kollegen zutrauen, ein mehrtätiges Etappenrennen nicht. "Die trainieren ganz anders und regenerieren viel schneller als Amateure", erläutert Oliver Volz, zweiter Vorsitzender der RSG Heilbronn. Er hofft vor allem, dass sich der eine oder andere Jugendliche durch die Deutschlandtour inspirieren lässt, mit dem Radsport anzufangen.
Bei Jagsthausen wird es dann ernst. Die Räder werden ausgeladen und unsere ganz persönliche Deutschlandtour startet zunächst in Richtung Kochersteinsfeld, während Daniel Schillings Ehefrau Larissa den Kleinbus zurückfährt und auf dem Parkplatz an der Heilbronner Theresienwiese abstellt. Die ersten Kilometer laufen rund, zumal das Leih-Rennrad der RSG deutlich besser rollt als das gewohnte Tourenrad.
Das Gelände mit wenig Steigungen und schönen Abfahrten tut sein übriges, während Oliver Volz erklärt, wie man Windschatten fährt. "Der Abstand vom Vorderrad sollte nur eine Postkartenlänge sein", erklärt der 59-Jährige. "Bei Seitenwind leicht versetzt fahren", ergänzt Jan Hoheneder. Der Abstand scheint sehr gewagt, dafür kommt bei der Durchfahrt von Brettach ein erhabenes Gefühl auf, als die Geschwindigkeitsmessung im Ort 37 Stundenkilometer anzeigt.
Deutschland-Tour: Knackige Anstiege zum Eberfirst und zum Jägerhaus
Schnell ist das schmucke Örtchen Cleversulzbach erreicht. Der Spaß ist erst vorbei, als der Anstieg zum Eberfirst naht. "Das ist schon eine herrliche Landschaft", freut sich Oliver Volz noch kurz vor der Steigung: "Nur der Wind kommt von der falschen Seite." Dann wir es knackig. "Das sind knapp 2000 Meter, 150 Höhenmeter und bis zu acht Prozent Steigung", rechnet Daniel Schilling vor. Noch sind die Beine okay, aber die Strecke scheint endlos.
Die Jungs fahren rund 20, ich gerade mal neun km/h, doch irgendwann ist auch der längste Weg vorbei. "Die Profis schaffen hier 30", sagt Tom Ernstberger – unvorstellbar. Die langgezogene Abfahrt bis nach Eberstadt entschädigt für die Strapazen, auch bis Weinsberg geht es zügig voran.
Doch beim Anstieg in der Stadt – die B39 ist tabu – und über die Wanderwege zum Wartberg-Rundwanderweg in Heilbronn brennen die Oberschenkel bereits. Dabei folgt "das Beste" noch. Über die Armesündersteige geht es hinunter zur Karlstraße und zum Trappensee, wo der härteste Part bevorsteht – der Aufstieg zum Jägerhaus.
Heilbronn-Etappe der Deutschland-Tour endet in der Südstraße
"1730 Meter, 123 Höhenmeter und bis zu elf Prozent Steigung", sagt Schilling nüchtern. Und während die RSG-Fahrer die Steigung zügig hochklettern, machen meine Beine plötzlich nicht mehr mit. An der steilsten Stelle steige ich vom Rad, nach 200 Meter zu Fuß, geht es mehr schlecht als Recht auf den Gipfel – kurze Pause. Der Respekt vor den Kollegen steigt. Der Rest ist wieder Genuss.
Die langgezogene Abfahrt im Tempo in die Innenstadt, die Fahrt über Wollhaus- und Wilhelmstraße bis zur Südstraße, wo ein Hauch von Zielsprint spürbar wird. "Die Profis jagen hier mit 60 bis 70 ins Ziel", schätzt Oliver Volz. "Ich denke, dass ein Allrounder die Etappe gewinnt", sagt Jan Hoheneder an der Theresienwiese. Das ist in diesem Moment reichlich egal. Ich genieße einfach das gute Gefühl, meine persönliche Deutschland-Tour gemeistert zu haben.

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