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Verstoß gegen Neutralitätsgebot?
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Heilbronner Stadtrat zeigt Polizisten an – wegen "Fuck Grüne"-Aufkleber

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Alexander Wezel, der in Heilbronn für „Die PARTEI“ im Stadtrat sitzt, hat einen Polizeibeamten angezeigt. Dieser soll bei einem Einsatz gegen das Neutralitätsgebot verstoßen haben, behauptet der Kommunalpolitiker. Die Polizei kündigt an, den Vorwurf zu prüfen.


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Der Heilbronner Stadtrat Alexander Wezel hat Strafanzeige gegen einen Polizeibeamten gestellt. Das teilt Wezel, der seit dem vergangenen Sommer für die Satirepartei „Die PARTEI“ im Heilbronner Gemeinderat sitzt, am Mittwoch auf seinem Instagram-Profil mit. Der Vorwurf: Der Polizist habe während eines Einsatzes ein Telefon mit einem deutlich sichtbaren Aufkleber der Aufschrift „FCK GRN“ genutzt. Die Abkürzung stehe für „Fuck Grüne“ und richte sich klar gegen die Partei Bündnis 90/Die Grünen. „Solche Aufkleber werden vor allem über einschlägig rechtsextreme Versandhäuser vertrieben“, so Wezel.

Die Heilbronner Polizei bestätigt am Freitagabend, dass in der Sache eine Strafanzeige eingegangen sei. Es werde nun geprüft, ob strafrechtliche oder disziplinarrechtliche Verstöße vorlägen, sagt Sprecherin Petra Rutz. Antworten auf weitere offene Fragen würden am Montag erteilt.

Heilbronner Stadtrat erstattet Anzeige – Wezel: Foto entstand bereits im März

Auf einem Foto, das Alexander Wezel zu seinem Instagram-Beitrag veröffentlichte, ist ein unkenntlich gemachter Polizist an einem Unfallort zu sehen. Das Foto sei bereits am 21. März an einem Unfallort zwischen Heilbronn-Frankenbach und Leingarten entstanden, sagte Wezel am Freitag im Gespräch mit Stimme.de. Er habe das Foto nicht selbst gemacht, sagt Wezel, der als Rettungssanitäter arbeitet und daher selbst regelmäßig dienstlich an Unfallorten zu tun hat. Die Strafanzeige habe er erst jetzt erstattet, da man den Informanten habe schützen wollen, so der 23-Jährige.

Wezel schreibt in einem Instagram-Beitrag weiter: Ob es sich bei dem Gerät des Polizisten um ein privates oder dienstliches Telefon handle, sei derzeit unklar – fest stehe jedoch, dass es im Rahmen eines offiziellen Einsatzes sichtbar genutzt worden sei.

Heilbronner Stadtrat: „Parteipolitische Meinungsäußerungen haben im Dienst nichts zu suchen“

„Dass ein Polizeibeamter im Dienst ein solches politisch aufgeladenes und inhaltlich aggressives Statement offen zeigt, ist mit dem staatlichen Neutralitätsgebot unvereinbar“, so Wezel. „Und um es ganz klar zu sagen: Mir ist es völlig egal, gegen welche Partei sich ein solcher Aufkleber richtet – parteipolitische Meinungsäußerungen haben im Dienst nichts zu suchen. Das gilt für jede politische Richtung gleichermaßen.“ Er warne davor, den Vorfall zu unterschätzen: „Wenn Polizisten öffentlich mit Symbolen auftreten, die klar parteiisch oder sogar extremistisch aufgeladen sind, erschüttert das das Vertrauen in eine neutrale, rechtsstaatliche Polizei. Besonders betroffen sind davon Menschen, die ohnehin oft mit Vorurteilen oder Ausgrenzung konfrontiert sind.“

Auf die Frage, ob er auch Strafanzeige erstattet hätte, wenn es sich um einen „FCK AFD“-Aufkleber gehandelt hätte, der er in linken Kreisen häufig Verwendung findet, antwortet Wezel: „Natürlich.“

Staatsrechtler: „Sehr vulgäre Ablehnung einer demokratischen Partei“ lasse durchaus Besorgnis zu

Tatsächlich ist die Neutralitätspflicht von Beamten ein wesentlicher Grundsatz im öffentlichen Dienst und im Beamtenstatusgesetz sowie im Bundesbeamtengesetz rechtlich verankert. Beamte haben die Pflicht, ihre Aufgaben unparteiisch auszuführen. Sie dürfen daher bei der Ausübung ihres Berufs keine politischen Meinungen vertreten oder politische Aktivitäten unterstützen, die mit ihrer Rolle als unparteiische Staatsdiener in Konflikt stehen könnten.

Da Polizeibeamte das staatliche Gewaltmonopol für jeden sichtbar repräsentieren, sei es bei ihnen besonders wichtig, dass keine Zweifel an der Unparteilichkeit der Amtsausübung entstünden, sagt Staatsrechtler Professor Markus Ogorek. „Solche Zweifel können, aber müssen nicht zwingend bereits dann auftreten, wenn ein Polizeibeamter im Einsatz auf seinem offenbar privaten Handy einen Partei-Sticker trägt“, führt der Direktor des Instituts für Öffentliches Recht und Verwaltungslehrer der Universität zu Köln aus. „Kritischer ist die Situation meines Erachtens zu beurteilen, wenn es sich um eine Parole wie „Fuck Grüne“ handelt, wie sie hier offenbar in verkürzter Form als Sticker getragen wurde.“

Die „sehr vulgäre Ablehnung einer demokratischen Partei“ lasse nämlich durchaus die Besorgnis in der Bevölkerung zu, der entsprechende Beamte könne gegenüber Anhängern des grünen politischen Lagers ablehnender agieren als etwa gegenüber rechts orientierten Personen. Ogorek: „Solche Fällen können daher potentiell ein – eher leichtes – Dienstvergehen darstellen.“

Experte: Strafbarkeit des FCK-GRN-Stickers dürfte ausscheiden

Ein ähnlich gelagerter Fall in der Vergangenheit sei etwa ein rechtsextremer Aufkleber einer „Reichsbürger“-Broschüre in einem Polizeifahrzeug gewesen. Auch das Posieren von Beamten in Dienstuniform vor einem Graffiti mit dem Slogan „Stoppt Ende Gelände“ habe zu einem Disziplinarverfahren geführt, so Ogorek. Eine Strafbarkeit des „Fuck Grüne“-Stickers bei dem in Heilbronn fotografierten Polizeibeamten „dürfte allerdings schon deshalb ausscheiden, weil eine Partei als Ganzes nicht beleidigungsfähig ist“. Anders wäre dies etwa gewesen, wenn konkrete Politiker der Grünen auf dem Sticker verächtlich gemacht worden wären.

Stadtrat Wezel schildert, er selbst sei queer. Er wisse, wie wichtig das Vertrauen in staatliche Institutionen sei, gerade für Menschen aus marginalisierten Gruppen. Wenn er als Betroffener in einer Konfliktsituation auf einen Beamten treffe, der offen zeige, dass er bestimmte politische Überzeugungen ablehne oder sogar verachte, stelle sich automatisch die Frage: „Werde ich hier noch objektiv behandelt? Fühle ich mich hier sicher?“

Mit der Anzeige sollen laut Wezel sowohl mögliche strafrechtliche als auch disziplinarrechtliche Konsequenzen gegen den Beamten geprüft werden.


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Kommentare

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Lilli Funk am 06.05.2025 13:00 Uhr

Ein Satiriker sollte es tun, ein Polizist tunlichst nicht. So Einfach ist das.

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