Wie es ist, in Heilbronn gemeinschaftlich zu bauen
Eine Gruppe von Privatpersonen hat den Zuschlag für ein Grundstück im Neckarbogen bekommen. Jetzt geht es für die Mitglieder der Baugemeinschaft ans Eingemachte . Bis 2023 soll das Haus fertig sein. Bei der Bauweise soll Nachhaltigkeit besonders im Fokus stehen.

Sigrid Neutz, Dieter Schelle und Till Hörseljau hätten sich vielleicht nie kennengelernt, hätte Letzterer da nicht diese Idee gehabt: Wie wäre es, wenn viele verschiedene Privatleute ein Haus zusammen bauen, um dann auch selbst darin zu leben? "Am wichtigsten war der Gemeinschaftsaspekt", schildert Hörseljau den ersten Ansatz. Im Gegensatz zu so manchen konventionellen Mehrfamilienhäusern sollten sich in seiner Vorstellung alle kennen, helfen und auch einmal etwas gemeinsam kochen oder zusammensitzen.
Mitstreiter findet Hörseljau schnell, über eine Anzeige, die er schaltet. Darunter sind eben auch Sigrid Neutz und Dieter Schelle. Sie nennen sich Baugemeinschaft Hafenhabitat und bewerben sich um ein Grundstück im zweiten Bauabschnitt des neuen Stadtteils Neckarbogen. Und siehe da, der Zuschlag kommt tatsächlich. Jetzt geht es für die Gruppe ans Eingemachte. Bis 2023 soll das Haus fertig sein.
Jeder kommt mit eigenen Bedürfnissen und Wünschen an den Tisch
Die drei Mitglieder der Baugruppe betonen, wie wichtig die Kommunikation zwischen allen Parteien ist. "Jeder hat natürlich seine eigenen Bedürfnisse und Wünsche", sagt Dieter Schelle. "Gegenseitiges Vertrauen ist wichtig und, dass offen kommuniziert wird", ergänzt Sigrid Neutz. In langen, coronabedingt digitalen Konferenzen habe sich aber gezeigt, dass alle Mitstreiter pragmatisch und kompromissbereit seien. "Das wird auch in Zukunft wichtig sein", sagt Neutz. "Man merkt beim Kennenlernen schnell, ob das Menschliche passt", erzählt Hörseljau. Dass Schelle beruflich auch Bauprojekte betreut, ist für die anderen ein hilfreicher Bonuspunkt.
Seit dem Zuschlag für das Grundstück hat die Baugemeinschaft auch ein Projektsteuerungsunternehmen, die Paulus Projektentwicklung GmbH, mit ins Boot geholt. Ein Architekturbüro, das Erfahrung mit Baugemeinschaften hat, war schon beim Bewerbungsverfahren mit dabei. Die "Architekturagentur" hat zum Beispiel auch das Wohnhaus MaxAcht in Stuttgart entworfen.
Viel Zeitaufwand, aber auch viel Gestaltungsspielraum

"Natürlich ist mit dem Projekt auch viel Zeitaufwand verbunden", sagt Hörseljau. Preislich würde sich das Vorhaben aber aller Voraussicht nach lohnen. Natürlich, sagt er, gebe es auch ein gewisses unternehmerisches Risiko, das sich die Baugemeinschaftsmitglieder teilen. So hofft die Gruppe, dass die Kosten für Baumaterial sich bis zum Baubeginn im nächsten Jahr stabilisiert und Lieferengpässe gelöst haben werden.
Für den Aufwand werde man aber belohnt, sagt Schelle. Zum Beispiel durch den großen Gestaltungsspielraum. Je nach individuellen Bedürfnissen könne sich jeder einbringen - bei der eigenen Wohnung sowieso, aber auch bei den Gemeinschaftsflächen und etwa der Fassadengestaltung.
Besonders gut gelungen finden die drei Vertreter der Baugemeinschaft ihr Konzept für die gemeinsame Dachterrasse. Dort wollen sie Urban Gardening betreiben oder zusammen grillen. "Die Dachterrasse ist das Herzstück des Ganzen. Das wird ein ganz toller Ort", freut sich Till Hörseljau.
Gebäude wird in Holzbauweise ohne Lehm verwirklicht
Neben dem Gemeinschaftsgedanken betont die Gruppe auch, dass sie mit dem Gebäude etwas Nachhaltiges schaffen wollen. "Wir bauen in Holzbauweise", berichtet Till Hörseljau. Selbst auf Leim soll verzichtet werden. So sei es zu gegebener Zeit bei einem Rückbau auch möglich, "das Haus vollständig auseinanderzunehmen und das Holz wiederzuverwerten".
Ihr Favoritengrundstück direkt am Floßhafen hat die Gruppe letztendlich nicht bekommen. Dadurch hat sich auch das Konzept verändert, zwei Mitstreiter sind nach der Entscheidung der Jury abgesprungen. "Die Grundfläche ist kleiner und wir haben ein Stockwerk weniger", erklärt Dieter Schelle. Ursprünglich war geplant, das Erdgeschoss des Gebäudes als Gewerbefläche, zum Beispiel für einen Gemüseladen oder eine Weinstube, zu nutzen. Das lasse sich nun nicht mehr umsetzen. Doch auch ohne das Wunschgrundstück sind die Gruppenmitglieder stolz, ausgewählt worden zu sein. "Es ist wirklich ein toller Erfolg", freut sich Till Hörseljau.
Infoveranstaltungen
Die Baugemeinschaft Hafenhabitat besteht momentan aus fünf Parteien. Ihr Haus, das im Neckarbogen entsteht, wird neun Wohneinheiten beinhalten - vier stehen also noch frei (Größe etwa 57, 73, 74 und 143 Quadratmeter). Daher veranstaltet die Gruppe Infotermine für Interessenten, am 28. August und 11. September, jeweils von 14 bis 16 Uhr, im Büro ihres Projektsteuerers in der Theodor-Fischer-Straße 8.