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SPD Heilbronn will Werkswohnungen in Heilbronn wiederbeleben

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Das Modell Werkswohnungen soll Fachkräfte im Bereich Pflege und Kindertagesbetreuung nach Heilbronn locken. Der Mieterbund Heilbronn begrüßt den Vorschlag. Die Stadtsiedlung weist indes auf die Gefahr einer Privilegierung hin.

von Annika Heffter

Der Werkswohnungsbestand in Deutschland ist in den vergangenen Jahrzehnten deutlich gesunken. Nach einer Schätzung des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen gab es Ende der 1970er-Jahre noch rund 450.000 von ihnen, etwa für Eisenbahner mit geringem Einkommen. Mittlerweile wird der Bestand auf rund 100 000 geschätzt. Gleichzeitig ist bezahlbarer Wohnraum knapp und Politik und Unternehmen scheinen das Konzept langsam wiederzuentdecken. Die Idee: Arbeitgeber schaffen zusätzliche Anreize und Bindung an das Unternehmen, indem sie Mitarbeitern bezahlbare Wohnungen in Aussicht stellen.

SPD schlägt Renaissance der Werkswohnungen vor

Die SPD Heilbronn bringt Werkswohnungen nun auch als Mittel im Kampf gegen den Fachkräftemangel in der Region ins Spiel. "Es braucht eine Renaissance der Werkswohnungen", sagt der Heilbronner Landtagsabgeordnete Rainer Hinderer (SPD). Konkret, erklärt er, gehe es bei dem Vorschlag seiner Fraktion um die Bereiche Erziehung, Kindertagesbetreuung und Pflege in den Krankenhäusern. "Bei der Bezahlung nach Tarif gibt es wenig Spielraum nach oben. Also haben wir überlegt, was darüber hinaus geboten werden könnte, um Fachkräfte zu gewinnen und hier zu halten", sagt Hinderer.

In Kooperation mit gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften oder auch privaten Investoren sollten "neue Modelle für Werkswohnungen" entwickelt werden. Der Neckarbogen oder das Baugebiet Nonnenbuckel würden sich seiner Ansicht nach gut dafür eignen, zumal im Fall Nonnenbuckel mehr als 500 Wohnungen in unmittelbarer Nähe zum SLK-Klinikum am Gesundbrunnen entstehen. Bei der Umsetzung will die Fraktion Fachleute aus der Verwaltung und der Stadtsiedlung Heilbronn mit ins Boot holen.

Wohn- und Arbeitswelt würden sich wieder mehr vermischen

Alfred Huber vom Mieterbund Heilbronn findet den Vorschlag prinzipiell gut. Werkswohnungen seien "eine Lösung, wenn es dauerhafte Mietverhältnisse sind". Die Bindung an den Arbeitgeber könne aber auch von Nachteil sein. Heutzutage blieben Arbeitskräfte nicht mehr so häufig wie früher ihr ganzes Leben lang in einem einzigen Unternehmen. Zudem würden sich die Wohn- und Arbeitswelt der Menschen wieder mehr vermischen, was schön sein, aber auch zu Konflikten führen könne.


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Meinung: Werkswohnungen auszuweisen reicht nicht, bezahlbarer Wohnraum fehlt trotzdem


Ablenkung vom eigentlichen Problem?

Die Wohnungsbaugenossenschaft Familienheim Eppingen sieht die Gefahr einer Privilegierung. "Das eigentliche Problem ist doch, dass bezahlbarer Wohnraum fehlt", sagt der Vorstandsvorsitzende Anton Varga. Würden Wohnungen, die gemeinnützige Träger bauen, für Mitarbeiter eines bestimmten Unternehmens reserviert, würden diese für andere wegfallen, die ebenfalls nach günstigem Wohnraum suchen. Damit würde das Problem nicht gelöst. Um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, sollte seiner Meinung nach eher auf Nachverdichtung und vergünstigte Grundstücke für gemeinnützige Wohnungsbaugenossenschaften gesetzt werden.

Unternehmen zeigen sich Stadtsiedlung gegenüber wenig interessiert

Dass die Diskriminierungsfreiheit sichergestellt werden muss, betont auch die Stadtsiedlung Heilbronn. Sie beschäftigt sich mit dem Thema Werkswohnungen schon seit längerer Zeit und zeigt sich prinzipiell offen für Kooperationen. Aber: "Das muss von den Unternehmen ausgehen", sagt Geschäftsführer Dominik Buchta. Es gebe die Möglichkeit, dass die Stadtsiedlung baue und Unternehmen die Wohnungen für ihre Mitarbeiter anmieten. Bei einer Umfrage im vergangenen Jahr, berichtet Buchta, hätten kontaktierte Unternehmen allerdings keinen Bedarf rückgemeldet.

SPD-Fraktionsvorsitzender Rainer Hinderer verweist bei den Vorteilen auf das Vorbild München, wo Werkswohnungen für eine gewisse Entlastung auf dem Wohnungsmarkt gesorgt hätten. Große Unternehmen in der Region würden zudem auch selbst schon als Bauträger auftreten. In diesem Zusammenhang hat Alfred Huber schließlich noch eine Idee: Der Innovationspark für Künstliche Intelligenz, der in Heilbronn gebaut wird, werde viele Fachkräfte anlocken. "Da wäre es doch logisch, wenn auf dem Gelände dann auch Wohnungen für Mitarbeiter gebaut würden", schlägt er vor.

Verschiedene Werkswohnungs-Modelle

Der Begriff Werkswohnungen umfasst verschiedene Modelle. Es gibt zum Beispiel einen Unterschied zwischen Werksdienstwohnungen und Werksmietwohnungen. Bei Dienstwohnungen regelt der Arbeitsvertrag auch die mietrechtlichen Belange. Die Wohnung wird dem Mitarbeiter oft kostenlos als Teil des Gehalts überlassen. Sie ist fest an das Arbeitsverhältnis gebunden.

Bei Werksmietwohnungen dagegen gilt das normale Mietrecht. Neben dem Arbeitsvertrag gibt es einen gesonderten Mietvertrag.

Allgemein werden Wohnungen Werkswohnungen genannt, wenn der Arbeitgeber sich selbst um die Unterbringung seiner Mitarbeiter kümmert. Das geschieht entweder, indem der Arbeitgeber selbst Wohnungen baut oder, indem er mit Wohnungsbaugenossenschaften oder -gesellschaften kooperiert, die Wohnraum für den Arbeitgeber zur Verfügung stellen.

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