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Tag der offenen Weingüter in Heilbronn: So viel Aufwand steckt in einer Flasche Wein

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Weingärtnerfamilien öffnen beim Tag der offenen Weingüter ihre Keller, führen durch Reben und zeigen, wieviel Aufwand in einer Flasche Wein steckt. Auch der Genuss kommt nicht zu kurz.

Trotz Frost ist die Vegetation derzeit weiter als im Vorjahr, so Andreas Hieber (rechts) vom Weingut Schäfer-Heinrich.
Trotz Frost ist die Vegetation derzeit weiter als im Vorjahr, so Andreas Hieber (rechts) vom Weingut Schäfer-Heinrich.  Foto: Seidel, Ralf

"Schon verrückt", sagt Konstantin Braun, "vor einer Woche hat es noch gehagelt und die ganze Woche bin ich mit Parka und Pudelmütze ins Geschäft." Jetzt sitzt der 35-jährige in einem Klappstuhl unterhalb des Heilbronner Wartbergs, genießt die Frühlingssonne – und einen Riesling. "Das haben wir uns verdient."

Der Weinfreund spricht für viele, nicht zuletzt für sechs Heilbronner Wengerterfamilien, die am Wochenende in einer konzertierten Aktion zum "Tag der offenen Weingüter" laden: Albrecht-Kiessling, Albrecht-Gurrath, Amalienhof, Fischer, Rolf Heinrich und Schäfer-Heinrich.


Tag der offenen Weingüter: Winzer-Sorgen bei rund 30 Prozent Frostschäden

Neben Weinen ist das Wetter in aller Munde, wegen der fast sommerlichen Temperaturen, aber auch wegen des Frosts der Vorwoche, bei dem zahlreiche Rebtriebe in der Region geschädigt wurden. "Bis heute können wir das ganze Ausmaß nicht absehen. Insgesamt schätze ich den Schaden auf 30 Prozent", gibt Peter Albrecht als Vize-Präsident des Weinbauverbands Württemberg zu verstehen.

Manche Weinberge seien zu 100 Prozent geschädigt, andere mit einem blauen Auge davongekommen. "Ganz neu war für uns, dass es sogar angeblich frostsichere Lagen erwischt hat, vermeintlich schlechtere aber nicht." Albrecht erklärt dies durch "eine Zusammenspiel von Strahlungs- und Strömungskälte".

Tag der offenen Weingüter in Heilbronn: Blick in Keller und Weinberge

Ein Bild von den Schäden und dem Vegetation stand insgesamt können sich Besucher im Weingut Albrecht-Kiessling bei Planwagenfahrten über den Wein-Panorama-Weg am Wartberg machen. Während ihr Partner Niclas Heining den Schlepper steuert, und die halbe Familie auf den erst dreieinhalb Monate jungen Sohn Paul aufpasst, weihen Viola und Luisa Albrecht die Gäste im Keller in die Methoden der Sektgewinnung ein.

Luisa Albrecht (rechts) weiht Besucher im Weingut Albrecht-Kiessling zwischen Rüttelpulten im Keller ins Sektmachen ein.
Luisa Albrecht (rechts) weiht Besucher im Weingut Albrecht-Kiessling zwischen Rüttelpulten im Keller ins Sektmachen ein.  Foto: Seidel, Ralf

Einen Stock höher ist im Foyer ein Aromenparcour aufgebaut und nebenan im "Löwenherzraum" die ganze Palette der eigenen Weine. Wer will, stärkt sich im Hof an einer Wildbratwurst oder an Kaffee und Kuchen. Sogar aktuelle Weinhoheiten schauen vorbei.

Den richtigen Wein zum Essen servieren

Flammkuchen und Raclette-Baguette aus Händen der Feinkost-Familie Wolfgang, Gaby und Nicole Müller tischt Familie Albrecht-Gurrath am südlichen Ende der Stadt auf. Juniorchef Dennis Gurrath gibt an der Probiertheke die passenden Weinempfehlungen: "zum Flammkuchen etwas Würziges, Sauvignon blanc etwa oder Muskattrollinger. Zum Raclette eher war Cremiges, einen Chardonnay oder einen kräftigen Rotwein."

Flammkuchen und Raclette-Baguette im Weingut Albrecht-Gurrath.
Flammkuchen und Raclette-Baguette im Weingut Albrecht-Gurrath.  Foto: Seidel, Ralf

Wie fast alle beteiligten Kollegen ist er vom Zulauf hoch zufrieden, was nicht nur ihn mit der aktuellen Schieflage in der Branche versöhnt. Wobei: "Wenn ich Wengerter sein will, muss ich von Natur aus optimistisch bleiben", betont der 36-Jährige und berichtet, wie er seit der Betriebsübernahme im Jahr 2020 "fast alles erlebt habe, was meine Eltern zuvor ihr Leben lang nicht mitgemacht haben". Corona-Beschränkungen, Ukraine-Krieg, Energie-Krise, allgemeine Schieflage, Wetterkapriolen, Pilzdruck: "Das kam alles Schlag auf Schlag.".

Aufklärung über den hohen Arbeitsaufwand für eine Flasche Wein

"Damit der Kunde erkennt, welcher Aufwand in einer Flasche Wein steckt und das Ganze dann vielleicht auch über den Preis wertschätzt", so Andreas Hieber vom Weingut Schäfer-Heinrich, "laden wir zu solchen Tagen der offenen Tür". Bei einer Führung durch Reben im Gewann Buchern schärft der Öko-Winzer den Blick für den Stand der Vegetation und berichtet, was im Frühjahr alles angesagt ist: vom Schneiden übers Biegen und Anbinden zur Bodenbearbeitung und Aussaat von Kräutern bis zu ersten Pflanzenschutzmaßnahmen.

Auch neue Rebanlagen wolle man anlegen, "wegen des kalten Aprils mit etwas Verspätung", erklärt Junior Lars Hieber, unter anderem Souvignier gris. Der Öko-Winzer ist überzeugt: Robusten Neuzüchtungen wie dieser gehört die Zukunft.

 
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