Tamilische Küche in Heilbronn: Wer Indisch mag, wird die Küche Sri Lankas lieben
Auf eine kulinarische Reise nach Sri Lanka lädt Familie Soosaithasan in ihr tamilisches Restaurant "Thamarai" in Heilbronn-Sontheim ein - feurig, würzig und nichts für Zartbesaitete.

Pizza und Burger sind lecker, keine Frage. Einmal im Monat stellen wir Ihnen in unserer Serie "Heilbronn is(s)t bunt" Restaurants vor, die eine etwas exotischere Küche bieten. Dieses Mal sind wir zu Gast in Sri Lanka:
Wandtattoos haben schon so manchen guten Sinnspruch ruiniert. "Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum" gehört mit Sicherheit dazu. Dabei ist es genau das, was Gowari Soosaithasan seit September 2019 tut. "Mein Sohn hat mich gefragt, was ich mir wünschen würde, wenn ich ganz frei entscheiden könnte", sagt die 60-Jährige. Ihre Antwort: "Ein eigenes Restaurant." Eines, in dem sie den Menschen der Region die Speisen ihrer Heimat Sri Lanka servieren kann. Genau genommen die Gerichte der tamilischen Küche. Denn zu dieser Volksgruppe, die sich durch ihre Sprache definiert, zählt Familie Soosaithasan. Heute ist sie "Küchenchefin und gute Seele des Hauses" im tamilischen Restaurant Thamarai in Heilbronn-Sontheim.
Bürgerkrieg im Paradies
Die Tamilen stellen keine Nation dar, sondern werden durch gemeinsame sprachliche und kulturelle Wurzeln zusammengehalten. Tamilen leben ursprünglich in Süd-Indien, Nord- und Ost-Sri Lanka. Ceylon, wie die Inselnation südlich von Indien im Indischen Ozean früher hieß, ist heute eine multiethnische und -religiöse Nation. Drei Viertel der rund 22,5 Millionen Einwohner gehören den überwiegend buddhistischen Singhalesen an, die seit Jahrzehnten Politik, Wirtschaft und Militär des Landes dominieren. Die größte Minderheit mit knapp zwölf Prozent der Bevölkerung sind die Tamilen im Norden, von denen wiederum die meisten (80 Prozent) Hindus sind. Die anderen 20 Prozent der Tamilen sind Christen und Muslime.
Mehr als 26 Jahre lang haben sich die Armee der singhalesischen Regierung und separatistische Tamilen-Rebellen einen blutigen Bürgerkrieg mit mehr als 100 000 Toten geliefert, von dem sich das Land bis heute noch nicht erholt hat. Er brach 1983 aus. Wie viele andere auch, flohen Gowari und ihr Mann Thilagam Soosaithasan zu dieser Zeit aus ihrer Heimatstadt Jaffna im Norden Sri Lankas nach Deutschland. Erst am 18. Mai 2009 wurde der Bürgerkrieg für beendet erklärt. Bei ihrer Auswanderung war die heute vierfache Mutter gerade einmal 22 Jahre alt.
Currys nicht gleich Currys

Welche Schlüsselfunktion die Sprache Tamil für das gesamte kulturelle Selbstverständnis der Tamilen spielt, wird auch in der Küche deutlich: Eine zentrale Rolle spielen dort die Currys - nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Gewürzmischung oder aber den Currys aus Indien.
Das Wort Curry stammt ursprünglich vom tamilischen "Karri" ab und bedeutet Sud oder Sauce. Es bezeichnet die Zubereitungsart vieler Hauptgerichte. Sie sind normalerweise stärker gewürzt als die indischen Varianten und noch aromatischer, teils aber auch sehr scharf. "Bei uns gibt es zum Beispiel Ceylon Chicken Curry", erklärt Tochter Rathika Soosaithasan, die das Restaurant als Geschäftsführerin managt und vor allem im Service anzutreffen ist. "Das scharf gewürzte Hähnchenbrustfilet wird mit gebratenen Kartoffelstückchen und exotischen Gewürzen zubereitet." Das Gericht gibt es für 10,90 Euro.
Große Gastfreundschaft

"Die Tamilen sind übertrieben freundlich", sagt die 30-Jährige. Wenn sie zu Besuch bei Verwandten in der Heimat ihrer Eltern sind, werden sie ständig eingeladen. "Diese Gastfreundschaft sollen die Gäste auch in unserem Familienbetrieb spüren", sagt Rathika Soosaithasan, die an der Universität Hohenheim Betriebswirtschaft studiert hat. Bewusst werden die Speisen deshalb in kleinen Kupferschalen serviert. "So kann geteilt und von allem probiert werden", erklärt die gebürtige Heilbronnerin, die viele Jahre in der Gastronomie jobbte und Erfahrungen sammelte.
Zu fast allen Gerichten wird Reis serviert. Traditionell isst man in Sri Lanka mit der rechten Hand. Da die linke Hand als unrein gilt, bleibt sie unter dem Tisch. Mit der Hand formt man das Essen zu kleinen Kugeln und schiebt es mit dem Daumen in den Mund. "Bei uns bekommen die Gäste aber ganz normal Besteck", sagt Gowari Soosaithasan und lacht herzlich.
Vegetarische Küche

Die vegetarische Küche ist bei den Tamilen beliebt - schon seit der Antike. Da viele Einheimische aus religiösen Gründen keine Tiere essen, gibt es in Sri Lanka eine große Auswahl an fleischlosen Gerichten. "Viele unserer Gäste kennen uns noch von den Streetfood-Märkten, auf denen wir vor der Eröffnung des Restaurants unsere Gerichte ausprobiert haben", erinnert sich Rathika Soosaithasan. Besonders gefragt waren bereits dort vegetarische und vegane Gerichte. "Häufig muss lediglich die Butter durch Kokosmilch ersetzt werden, damit die Speise vegan, also ganz ohne tierische Produkte auskommt", so Soosaithasan.
Die Landesküche Sri Lankas ist zudem fast glutenfrei. "Dazu gehören auch die crêpe-artigen Pfannkuchen aus Reis- und Erbsenmehl", verrät Gowari Soosaithasan, wie der so beliebte Dosa mit indischem Frischkäse Paneer hergestellt wird. Dosa steht nicht auf der Speisekarte, sondern wird nur alle paar Wochen angeboten. Dazu ein frischer Mango-Lassi - und die gedankliche Reise in den Indischen Ozean geht los.

