Studie soll Licht in den Lerchenberg-Tunnel bringen
Was kostet ein Fuß- und Radweg durch den alten Bahntunnel am Lerchenberg? Der Heilbronner Gemeinderat gibt dazu - nach harten Wortgefechten - eine Untersuchung in Auftrag. Voraus ging eine Petition.

Nach teils bissigen Wortwechseln stimmte der Gemeinderat am Donnerstag mit 23:12 für ein Gutachten, das untersuchen soll, ob der stillgelegte Lerchenbergtunnel als Fuß- und Radweg taugt - und was dies kosten würde. Anlass dazu gibt die Petition eines Vereins, die 1872 Personen, davon 1314 Heilbronner, unterschrieben haben. Vereinschef Wolf Theilacker hatte die Idee als Grünen-Stadtrat bereits 2010 ins Spiel gebracht. Von Baubürgermeister Wilfried Hajek wurde er dafür belächelt. Er warnte stets vor einem "Millionengrab", zudem gebe es schon andere Radwege zwischen Süd- und Oststadt. Die Ratsdrucksache gibt diese Skepsis wieder.
Dagegen sprach sich Oberbürgermeister Harry Mergel jetzt eindeutig für die auf 120.000 Euro veranschlagte Studie aus. "Daraus resultiert nicht automatisch die Realisierung des Projekts", betonte er. "Wir müssen die Sache aber endlich vom Kopf auf die Füße stellen." Wegen der Kostenfrage, aber auch weil die Verkehrspolitik in einem Bewusstseinswandel sei, wodurch die Stadt womöglich auch hier mit Fördergeldern rechen könnte.
CDU-Chef ist dagegen
Als harter Gegner des Projekts trat CDU-Fraktionschef Thomas Randecker auf. "Schon mit der Studie machen wir unnötig ein Fass auf." Angesichts der Wirtschaftslage und der Sparvorgaben für den Stadtetat seien solche "nicht notwendigen" Vorhaben gegenüber den Steuerzahlern nicht zu verantworten. "Auch Fördergelder sind Steuergelder." Die Tunnelroute taugt laut Randecker nur als Freizeitspaß, nicht für den Weg zur Schule oder Arbeit, hierfür gebe es Alternativen mit weniger Höhenunterschied, etwa die Gutenbergstraße. Und: "Die Tunnelportale sind Biotope. Was machen wir, wenn da eine Fledermaus rausfliegt?"
Leuchtturmprojekt für neue Mobilität
Die Petition sei eine "Aufforderung von Bürgern, diesen Schritt zu gehen", so Holger Kimmerle (Grüne). Es handle sich nicht nur "um eine Wunschprojekt für gute Tage", sondern um eine sinnvolle Ergänzung der Radrouten. Es passe auch zum Mobilitätskonzept und zum grünen Ring um die Innenstadt. Ein ähnliches Vorhaben in Wuppertal sei zu 90 Prozent gefördert worden. Nicht zuletzt sei es auch eine Frage des Umgangs mit dem Erbe der Vorfahren, meinte Kimmerle und tippte damit die große Eisenbahnhistorie an.
"Eine Stadt braucht solche Leuchtturmprojekte", meinte Rainer Hinderer (SPD), dies zeige die Buga, aber auch die Untere Neckarstraße, das Schießhaus und andere Dinge, "die zwar nicht lebensnotwendig sind, aber eine Stadt attraktiv und lebenswert machen". Fahrradfahren habe Zukunft und genieße einen wachsenden Stellenwert im regionalen Mobilitätskonzept, aber auch in der Bevölkerung. Selbst Gewerbetreibende und Ärzte am Rathenauplatz, wusste Hinderer, hätten sich für den Radweg im Tunnel ausgesprochen. Randecker hingegen sei " immer reflexartig dagegen, wenn es ums Rad geht".
Sehr emotionale Debatte
Alfred Dagenbach (AfD) beklagte sich, dass die Verwaltung seinen dicken Fragenkatalog vom November nicht beantwortet habe. Er wollte nicht glauben, dass dies erst nach der Studie möglich sei, wie der OB betonte. "Die Emotionen gehen hoch und das Thema hat seinen Reiz", stellte Eugen Gall (FWV) fest. Er fürchtet, Kosten und Nutzen stünden in keinem Verhältnis.
Auf die Folgekosten hob Gottfried Friz (FDP) ab. Dass die Statik laut einer Untersuchung stimme, betonte Konrad Wanner (Linke). Nun gelte es weitere Fakten zu sammeln, "um darauf aufbauen zu können". Ähnlich sah es Malte Höch (FWV). Ein solches Vorzeigeprojekt für zukunftsweisende Mobilität stünde Heilbronn gut zu Gesicht und habe mehr verdient als ideologische Streitereien.
Abstimmungsverhalten
23 stimmten für die Studie: Grüne (7), SPD (7), Linke (2), AfD (3 von 4), FWV (2 von 4) sowie OB Harry Mergel. Dagegen waren CDU (7), FDP (3), FWV (2 von 4), AfD (1 von 4)
Tunnel birgt viel Stadtgeschichte
Der 350 Meter lange Heilbronner Lerchenbergtunnel war 1900/1901 auf Druck einiger in der Südstadt angesiedelter Firmen, allen voran Knorr, gebaut worden. Er machte vom Südbahnhof über Karlstor und Sülmer Tor eine direkte Schienenverbindung zum Hauptbahnhof möglich. Stadtbaumeister Ludwig Heuss, der Vater des späteren Bundespräsidenten Theodor Heuss, hatte sogar vorgeschlagen, unterhalb des Hauptfriedhofs am heutigen Recyclinghof Wannental einen weiteren Bahnhof zu bauen – um dort die einst europaweit gefragten Heilbronner Sandsteine vom Jägerhaus her zu verladen.
Vor wenigen Jahren wurden die Strecke und der Südbahnhof stillgelegt. Auf dem einstigen Bahnhofsareal ist in den letzten Jahren ein neues Wohngebiet gewachsen, inklusive Ärztehaus und modernisiertem Edeka-Handel. Mitten durch das Quartier verläuft zwischen Rathenauplatz und Gemmingstal ein Fuß- und Radweg, der ins Straßennetz mündet – direkt an der alten Bahntrasse, die durch den Lerchenberg-Tunnel führt.