Studenten äußern sich über Heilbronn: Bei Partys grüßt die Polizei
Nachbarn stören sich über laute Feiern, es gibt zu wenig Kneipen für Studenten: So schätzen Studierende die Situation in der Stadt ein.

Heilbronn ist nicht München. Was sich banal anhört, hat für Studenten aber einen ernsten Hintergrund: In etablierten Universitätsstädten wie eben der bayrischen Landeshauptstadt hat sich im Laufe der Zeit eine eigene Kultur mit und für Studenten entwickelt. Und die Bewohner haben sich an den Lebensrhythmus der Nachwuchsforscher gewöhnt. In Heilbronn fehlt das stellenweise noch. Das wird jedenfalls deutlich, wenn man sich mit Studenten wie etwa den beiden TUM-Studierenden Mohamed Jradi und Niklas Weinstok unterhält. Dass Heilbronn noch Luft nach oben hat, findet auch Umut Mehmet Eke, Studierendenpräsident der Hochschule Heilbronn.
Niklas Weinstok ist international aufgewachsen, lebte schon in Düsseldorf und Paris, seine Familie stammt aus der Region Heilbronn. Zu denen in die Nähe wollte er fürs Studium zurück. Da kam ihm die TUM in Heilbronn gerade Recht: "Heilbronn ist eine junge Studentenstadt." Die Technische Universität sei hier zwar klein, man kenne schnell seine Mitstudierenden. Um aber weitere Personen zu treffen, müsse man selbst sehr aktiv werden. Es gebe beispielsweise nicht die klassischen Studentenkneipen, in denen man immer jemanden sehe. "Man trifft die Leute selten." Niklas Weinstok meint: "Das Studentenleben in Heilbronn kommt zu kurz." Dabei habe sich schon viel getan, lobt der 20-Jährige. Im Bereich der Restaurants müsse für ihn allerdings mehr geschehen. "Die Gastronomie ist sehr wichtig für Studierende." Der Bildungscampus gefällt ihm, das Zentrum fällt für ihn aber hinten runter. "Die Innenstadt ist kein Ort, an dem man viel Zeit verbringen will."
Beim Studentenleben tut sich einiges, es gibt aber in Heilbronn noch Luft nach oben
Unterdessen hat offenbar noch mancher Heilbronner seine Schwierigkeiten mit den Studenten. Niklas Weinstok erinnert sich daran, dass eigentlich zu jeder Party die Polizei kam - weil es den Anwohnern zu laut gewesen sei.
Mohamed Jradi teilt die Einschätzung. Er schmunzelt und erinnert sich an seine Ankunft in Deutschland. Erster Abend im Land, erste Party in der Studentenstadt - und auch gleich sei die Polizei von Nachbarn gerufen worden. Seiner Ansicht nach ist das Studentenleben in Heilbronn noch ruhig. "Es ist nicht perfekt", sieht er Verbesserungspotenzial. Nach Heilbronn ist er vor gut einem Jahr durch einen Zufall gekommen. Er suchte eine Universität, die auf Englisch unterrichtet - und fand die TUM in Heilbronn. Die Region sagt dem 20 Jahre alten Tunesier zu. Leicht könne man auch andere Städte besuchen, sagt er. Heidelberg sei genauso in der Nähe wie Stuttgart oder Mannheim. Heilbronn entwickelt sich aus Sicht der beiden Studenten in einem rasanten Tempo. Niklas Weinstok bleibt zuversichtlich, dass über kurz oder lang die Studenten mehr Freizeitmöglichkeiten erhalten werden. "Ich bin optimistisch."
Studierendenpräsident der Hochschule Heilbronn lobt die positiven Signale
Umut Mehmet Eke, der die Studierenden der Hochschule Heilbronn als Präsident vertritt, teilt manche Einschätzung der TUM-Vertreter. "Uns fehlt die Studikneipe", sagt er. "Man merkt, dass Heilbronn keine Studierendenstadt ist, sondern eher eine Arbeiterstadt." Seiner Ansicht nach gibt es aber positive Signale. Heilbronn Marketing wolle noch mehr für Studierende tun und überlege, beispielsweise beim Weindorf entsprechende Angebote zu machen.
Außerdem böten schon einzelne Kneipen den Studentinnen und Studenten günstige Getränke an, noch weitere Gastronomen wollen hinzukommen, weiß Umut Mehmet Eke. Dabei ist eben eines entscheidend: Speisen und Getränke müssten für Studierende finanzierbar sein, sagt ihr Präsident. Auch er hofft, dass sich einmal etwas ändert. Es könne noch einen Lerneffekt in Heilbronn geben, bleibt der Student im sechsten Semester zuversichtlich.