So sieht es heute im alten Universum Kino an der Allee aus
Vom Filmpalast zum Gotteshaus: Nach der Schließung des Universum Kino an der Allee zog eine Kirche in das Gebäude ein. Was es mit der City Lights Church auf sich hat.

In der Mitte des vergangenen Jahrzehnts schloss an der Heilbronner Allee das altehrwürdige Universum Kino für immer seine Pforten. Die Neueröffnung erfolgte dann im Marrahaus an der Neckarpromenade. Das in die Jahre gekommene Gebäude an der Allee blieb leer zurück. Viele Heilbronner verbinden mit dem alten Kino liebgewonnene Erinnerungen an das erste Rendezvous oder an einen Kinobesuch ihrer Kindheit. Kein Wunder, versprühte das Kino aufgrund seiner Innenarchitektur doch einen gewissen Charme, der etwas an goldene Hollywoodzeiten erinnerte.
Nach der Schließung des Kinobetriebes folgte jedoch nicht etwa der Abriss des Gebäudes, sondern es begann eine Phase des Leerstandes. Doch im Jahr 2021 kehrte wieder Leben in die verlassenen Kinosäle ein: An der Buchstabentafel, wo einst die aktuellen Filme beworben wurden, ist heute der Schriftzug "City Lights Church" zu lesen. Wie sieht es heute im ehemaligen Kino aus und was hat es mit der Kirche an diesem ungewöhnlichen Standort auf sich?
Der Charme des Kinos besteht bis heute
Betritt man das Gebäude, fühlt man sich nicht wie in einer Kirche. In der Ecke steht ein Sofa mit einigen Sesseln davor. Im Gang, der zum ehemaligen großen Kinosaal führte, haben jetzt runde Tische mit Stühlen ihren Platz gefunden. An der Wand steht ein Gitarrenverstärker, darüber ein Bücherregal. Der Tresen, hinter dem einst Popcorn und Kinotickets verkauft wurden, ist zu einer Art Bar geworden, an der es Kaffee, Softdrinks und Snacks gibt. Aus den Lautsprechern erklingt Musik. In den Songtexten geht es um Jesus, ein erster Hinweis darauf, dass es sich bei dem früheren Kino heute um einen religiösen Ort handelt und nicht um ein Studentencafé.

Im Regal stehen die Bibel und weitere Bücher mit religiösen Themen. Abgesehen von der Einrichtung hat sich in dem Gebäude - im Vergleich zu früher - nicht sehr viel geändert. Geblieben sind die Zugänge zu den Kinosälen und die Treppe ins obere Stockwerk. Auch ist der Charme eines Kinos aus den 50er-Jahren weiterhin zu spüren. Im Untergeschoss stehen neben einem Tischkicker mehrere Sofas und Fernseher. "Alle Kinosäle, bis auf den großen Saal im Keller, sind zugesperrt und werden auch nicht genutzt. Das hat brandschutzrechtliche Gründe", erklärt Sven Scheer. Er ist Anfang 30, Theologe und Pastor der City Light Church.
Gottesdienste werden auf Youtube gestreamt
Der große Kinosaal im Untergeschoss bietet mit seinen Kinosesseln mehreren Dutzend Menschen Platz. Auf der Bühne vor der Leinwand stehen Musikinstrumente und ein einfaches Holzkreuz. "Hier halten wir unsere Gottesdienste ab. Dabei spielt Musik immer eine Rolle. Wir wollen den Menschen Halt geben, sie zu Freunden machen und der Gesellschaft dienen", sagt Scheer. "Bei unseren Gottesdiensten haben wir einen Moderator auf der Bühne und es wird gemeinsam gesungen." Auch eine Predigt gibt es. Die Gottesdienste werden ins Internet gestreamt. Aus den Aufzeichnungen der Dienste auf der Videoplattform Youtube lässt sich schließen, dass die Gemeinde der City Lights Church vornehmlich jüngere Menschen anzusprechen scheint.

Die Predigten der Redner sind umgangssprachlich gehalten. Es herrscht eine Du-Kultur, Bands spielen auf der Bühne christliche Rockmusik. Vorbei sind dort die Zeiten von getragener Orgelmusik und eines aus der Bibel vorlesenden Pfarrers im Gewand. "Wir haben die beste Nachricht der Welt: Jesus Christus hat den Weg zur Gemeinschaft mit Gott wiederhergestellt und das Königreich Gottes ist nah", beschreibt sich die Kirche in ihrem Internetauftritt. Jesus stehe im Zentrum, heißt es dort weiter. Ihre Werte seien unter anderem eine bedingungslose Aufnahme und Großzügigkeit.
Keine Sekte, sondern eine Freikirche
"Wir sind keine Sekte", betont Scheer. "Es gibt hier keine Zwänge. Unsere Türen stehen offen, ganz gleich, woher man kommt und ob man mit Jesus geht." Die City Lights Church stehe den evangelischen Freikirchen nahe, gehöre derzeit aber keinem Verbund an. Man agiere als ein eingetragener Verein. Damit wäre die City Lights Church keine Körperschaft des öffentlichen Rechts und nicht völlig steuerbefreit.

"Wir sind in das alte Kino eingezogen, weil wir zeigen wollten, dass man an allen Orten Kirche machen kann. Außerdem ist das hier heiliger Boden einer ehemaligen Synagoge. Rund 60 Menschen nehmen durchschnittlich an unseren Gottesdiensten teil", erzählt Scheer weiter. Seit 2014 gebe es die Gemeinde als City Lights Church und man entstamme der ICF-Bewegung (International Christian Fellowship). Die ICF ist eine überkonfessionell und international agierende, christliche Freikirche, die sich unter anderem durch neue Vermittlungsmethoden, wie zum Beispiel moderne Musik auszeichnet. Die Bewegung soll in den 1990er-Jahren in der Schweiz entstanden sein und in Europa mehr als 50 Kirchen mit schätzungsweise 15.000 Besuchern pro Woche haben.
"Wir finanzieren uns durch Spenden", sagt Scheer auf Nachfrage. "Vorurteile gegenüber queeren Menschen, wie Homo- oder Transsexuellen haben wir nicht, selbstverständlich darf jeder an unseren Predigten teilnehmen. Wir sagen aber ganz klar, dass wir ein traditionelles Familienbild vertreten." Die Bibel sei als das Wort Gottes zu verstehen und für diese Werte stehe man ein. "Mir ist bewusst, dass man sich damit in der heutigen Zeit auch Kritik aussetzt, aber wir haben unsere Meinung", sagt Scheer. "In der heutigen postmodernen Welt gibt es keine klaren Werte mehr, kein richtig oder falsch. Daran zerbrechen viele. Wir sind davon überzeugt, dass die Bibel uns klare Werte vorgibt."
Sozialer Aspekt steht im Fokus
Noch einmal hebt der Theologe hervor, dass seine Church einen "sozial-diakonischen Aspekt" verfolgt und niemanden ausgrenze. Die Gemeindemitglieder würden Veranstaltungen organisieren, die dem Wohle der Gesellschaft zugutekommen sollen. So schneide man kostenlos die Haare von Wohnungslosen oder sammle Müll auf öffentlichen Plätzen ein. Früher sei die Gemeinde in Kirchheim unter Teck beheimatet gewesen, sagt er. Derzeit arbeite man mit dem Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden (BFP) zusammen. "Vielleicht docken wir in Zukunft daran an." Der BFP ist Teil der sogenannten Pfingstbewegung, deren Ursprung in den USA liegen soll. In dieser Bewegung sind unter anderem protestantische, methodistische und baptistische Ansichten wiederzufinden.