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Die Lage im Iran spitzt sich zu

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Bei den Protesten im Iran sind Hunderte gestorben, darüber berichten Menschenrechtsorganisationen schon länger. Amnesty Deutschland sieht Willkür und Zunahme der Gewalt als großes Problem an. Der Deutsch-Iraner Samir Ansari spricht von einer tickenden Zeitbombe.

von Milva-Katharina Klöppel
Demonstrantinnen mit rot bemalten Händen und Plakaten skandieren Slogans vor dem iranischen Konsulat. Nach dem Tod einer 22-Jährigen in Teheran kommt es weltweit zu Protesten und Solidaritätskundgebungen.
Demonstrantinnen mit rot bemalten Händen und Plakaten skandieren Slogans vor dem iranischen Konsulat. Nach dem Tod einer 22-Jährigen in Teheran kommt es weltweit zu Protesten und Solidaritätskundgebungen.  Foto: dpa

Der Deutsch-Iraner Samir Ansari selbst filmt bei den Protesten nicht. Der 38-Jährige hält sich meist in der Mitte der Demonstrationen auf, schildert er am Telefon. Wer filmt oder fotografiert, müsse sich für gute Aufnahmen von der Gruppe separieren, was nicht ohne Risiko sei. "Die Polizei schießt jetzt mit echter Munition", berichtet Ansari. "Bis vor ein paar Tagen haben sie mit Plastik- oder Paintballpatronen oder Luftgewehren geschossen. Jetzt ist es sehr ernst."

Willkür

Das kann auch Dieter Karg von Amnesty International bestätigen. Mindestens 378 Menschen seien seit Beginn der Proteste vor zweieinhalb Monaten ums Leben gekommen, darunter 47 Kinder und Jugendliche. "Das zeigt, dass die Regierung ganz willkürlich gegen jede Person vorgeht", sagt der Iran-Experte.

Die Ansicht von Samir Ansari, er habe in den vergangenen Monaten relativ problemlos in den Iran reisen können, teilt Dieter Karg nicht. Er führt als Beispiel Nahid Taghavi an. Die Deutsch-Iranerin war früher in einer Studentenbewegung gegen die islamische Regierung aktiv. Ihre Vorgeschichte wurde jetzt wieder ausgegraben, um sie ohne Vorwarnung bei ihrer Ausreise am Flughafen zu verhaften.

Davor fürchtet sich auch Samir Ansari, der seine Rückreise nach Deutschland eigentlich für Anfang Januar geplant hat. Als gebürtiger Iraner musste er mit seinem iranischen Pass einreisen. "Ich checke jeden Tag meinen Namen, ob ich an der Grenze durchgelassen werde", berichtet Ansari. Dafür sei vom Widerstand extra eine Website eingerichtet worden. Die gesamte Situation zehre sehr an seinen Nerven und mache ihn kaputt, so Ansari.


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UN-Menschenrechtsrat

Wie schätzt Dieter Karg, der seit 2005 Mitglied der Iran-Koordinationsgruppe von Amnesty Deutschland ist, die aktuelle Situation im Iran ein? "Es sieht so aus, als ließe sich die iranische Regierung durch gar nichts beeindrucken." Das habe sich auch im UN-Menschenrechtsrat gezeigt. Deutschland und Island haben sich dort mit ihrem Antrag durchgesetzt, dass das gewaltsame Vorgehen der iranischen Führung gegen friedlich Demonstrierende unabhängig untersucht wird.

Der Iran bleibt dabei, dass es sich bei den Demonstranten um Randalierer und Chaoten handelt, die vom Westen her beeinflusst sind. Samir Ansari fasst die Situation so zusammen: "Die Lage ist wie eine Zeitbombe - wann und wie sie explodiert, weiß kein Mensch."

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