Stimme+
Religiöser Feiertag
Lesezeichen setzen Merken

Heilbronner Dekan: "Ostern ist die Hoffnung auf den Sieg des Lebens"

   | 
Lesezeit  3 Min
Erfolgreich kopiert!

Der evangelische Dekan von Heilbronn, Christoph Baisch, spricht im Stimme-Interview über die Aktualität von Ostern, dem Fest des Lebens – trotz aller Kriege und Krisen.

An der nördlichen Flanke der Heilbronner Kilianskirche findet sich dieses Kruzifix-Motiv von Charles Crodel.
An der nördlichen Flanke der Heilbronner Kilianskirche findet sich dieses Kruzifix-Motiv von Charles Crodel.  Foto: Berger, Mario

Trotz aller Kriege und Krisen sei "die christliche Leidenschaft für das Leben" wach. Und: "Wo antidemokratisch und völkisch argumentiert wird, kommt nicht mehr das Leben aller Menschen zu seinem Recht. Doch genau diesem Anliegen sind wir Christenmenschen verpflichtet."

Mit Worten wie diesen zeigt der evangelische Dekan von Heilbronn, Christoph Baisch, im Stimme-Interview die Aktualität von Ostern auf, dem Fest des Lebens, da jedes Jahr auf einen anderen Termin fällt. Er sagt auch, was er von Eiern oder Hasen hält und pflegt die Tradition des Osterlachens.

Die Welt ist im Karfreitagsmodus: Krisen und Kriege an vielen Orten. Kann man da tatsächlich fröhlich Ostern feiern und Halleluja singen?

Christoph Baisch: In der Tat lastet in diesem Jahr das Dunkel von Leid und Tod besonders schwer. Aber christliche Osterfreude weiß um den Karfreitag. Er bildet die düstere Grundlage, vor der das Osterlicht leuchtet. Umso mehr brauchen wir die Osterlichter für die Hoffnung.

 

Ostern ist auch das Fest der Friedensmärsche mit Parolen wie "Frieden schaffen ohne Waffen" und "Schwerter zu Pflugscharen"? Ist die christliche Friedensethik seit Putins Angriffskrieg überholt?

Baisch: Letztlich hat jeder Krieg die christliche Friedensethik infrage gestellt. Die christliche Leidenschaft für das Leben ist dennoch geblieben. Hartnäckig sucht sie nach Wegen, wie Schutz und Verteidigung möglich sind ohne Blutvergießen. Derzeit macht die Lage in der Welt ratlos. Aber die Ethik, die sich allem Leben verpflichtet weiß, hat sich damit nicht erledigt. Sie hat es allerdings schwer zurzeit.


Was sagen Sie zum Papst, der der Ukraine "Mut zur weißen Fahne" wünscht"?

Baisch: Vermutlich meinte er den Mut zu Verhandlungen, damit das Sterben ein Ende hat. Das wäre auch nachvollziehbar. Doch Bilder haben ihre eigene Dynamik. Und da steht die weiße Fahne eben für Kapitulation. Dieser Ratschlag wäre nicht hilfreich für die Ukraine − und der Satz war wohl auch nicht so gemeint.


Ausgerechnet im "Heiligen Land" tobt ein Krieg − auf den oft mit Antisemitismus reagiert wird, gerade auch bei Muslimen in unserem Land. Wie denken Sie vor diesem Hintergrund über den geplanten Moschee-Neubau am Stadttheater?

Baisch: Dieser Krieg ist eine humanitäre Katastrophe. Und der Antisemitismus ist ein Gift, das Leben vernichtet und die Wahrnehmung trübt. Antisemitismus hat dazu geführt, dass über 1200 Menschen in Israel in abscheulicher Weise grausamst ermordet wurden. Warum gab es danach keinen leidenschaftlichen Aufschrei der Solidarität mit den Ermordeten und Gefangenen? Warum nur wird denn dieser "Karfreitag" so wenig thematisiert?


Mehr zum Thema

Jetzt kommt die Deko: Mit einer Spritztüte bemalt Nina Weissmann die Krokant-Eier mit einem Weidenkätzchenzweig.
Stimme+
Eier, Hasen und Lämmer
Lesezeichen setzen

Dieses Traditionsgebäck verkaufen die Bäckereien in Heilbronn und Hohenlohe an Ostern



Ja, warum, haben Sie vielleicht eine Antwort?

Baisch: Das hängt wohl mit der Trübung der Wahrnehmung durch Antisemitismus zusammen. Die aktuelle Situation in Gaza ist humanitär unerträglich. Hier braucht es Hilfe für die Menschen. Und mahnende Worte an die Regierung Israels. Aber die kriegstreibenden Kräfte im Iran könnten durch ein klares Signal an die antisemitische Hamas dem Blutvergießen schnell ein Ende setzen. Es braucht eine echte Solidarität mit den Opfern auf jüdischer Seite und auf palästinensischer Seite. Wo das gelebt wird, egal in welcher Religion, kann in Ruhe und sachlich auch über den Neubau einer Moschee gesprochen werden.


Bei manchen Bürgern weckt dies Ängste, ebenso wie die Migrations- oder Flüchtlingspolitik, was letztlich auch dazu führt, dass rechte Parteien einen Zulauf haben wie seit 1933 nicht mehr.

Baisch: Ängste entstehen durch Fremdheit und Ratlosigkeit. Es gibt zu wenig Räume der Begegnung, zu wenig Finanzierung für Beratung, zu viel Einschränkung bei der Arbeitserlaubnis. Hier ist die Politik gefragt. Stattdessen werden Mittel für Migrationsberatung gekürzt. Das tut dem Zusammenleben und Zusammenfinden der verschiedenen Menschen nicht gut. Wenn das Leben miteinander geteilt wird, kommen weniger Ängste auf.


Worauf ich in meiner vorherigen Frage auch hinaus wollte: Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz und kurz darauf auch die Vorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland: Beide haben sich dafür ausgesprochen, als Christ nicht die AfD zu wählen. Wie denken Sie darüber?

Baisch: Auch unser Landesbischof Gohl hat sich gleichlautend geäußert. Ich stimme allen dreien zu. Denn wo antidemokratisch und völkisch argumentiert wird, kommt nicht mehr das Leben aller Menschen zu seinem Recht. Doch genau diesem Anliegen sind wir Christenmenschen verpflichtet.


Höchste Zeit, dass wir die Kurve kriegen. Schließlich ist Ostern das Fest des Lebens und der Freude. Was halten Sie von den vielen Eiern, Hasen, Lämmern? Ist da nicht zu viel Kommerz im Spiel?

Baisch: Schöne Symbole und Genuss gehören zur Osterfreude. Da bin ich gern dabei. Das darf nur nicht alles sein. Denn den Kern bildet die Hoffnung auf den Sieg von Gottes Lebenskraft über das, was das Leben bedroht.


Gehen Sie eigentlich auch Osternester suchen − oder verstecken Sie gar welche?

Baisch: Als unsere Kinder klein waren, haben wir natürlich Ostereier versteckt und uns gefreut, wenn die Kinder auf der Suche waren. Heute spielt das keine Rolle mehr. Aber wichtig sind Elemente im Tag, in denen wir das Leben feiern − Genüsse, Begegnungen, ein Gang in der Natur und natürlich ein festlicher Ostergottesdienst.


Lassen Sie uns die Tradition des Osterlachens pflegen. Kennen Sie einen passenden Witz?

Baisch: Pilger, die gern eine kleine Schiffstour auf dem See Genezareth gemacht hätten, beklagen sich: "Das ist aber schon arg teuer." Der Bootsbesitzer erwidert: "Sie müssen wissen, das ist der See, wo Jesus über das Wasser lief." Darauf die Pilger: "Das ist doch verständlich − bei den Preisen!"

 

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung
Keine Kommentare gefunden
  Nach oben