Neues Gesetz bringt Spielhallenbetreibern Tod auf Raten
Seit Juli 2021 mussten wegen neuer gesetzlicher Regelungen 48 Spielhallen in Heilbronn schließen. Anbieter beklagen eine Verlagerung des Glücksspiels ins Internet.

Die Auswirkungen sind hart für die Branche. Nachdem das neue Landesglücksspielgesetz am 1. Juli 2021 in Kraft trat, mussten in den vergangenen Monaten zahlreiche Spielhallen in der Stadt und im Landkreis Heilbronn schließen. Andere haben aufgegeben, weil die Umsätze stark zurückgegangen sind.
Keine Mehrfachkonzessionen mehr
Das Gesetz sieht zum einen vor, dass es in Baden-Württemberg keine Mehrfachkonzessionen mehr geben darf. Das sind mehrere Glücksspieleinheiten in einem Gebäude. Zusätzlich müssen Spielhallen neuerdings mindestens 500 Meter Abstand zu Schulen, Kindertagesstätten und konkurrierenden Betrieben einhalten. Damit will das Land zum einen dem Wildwuchs an Spielhallen in den Innenstädten Grenzen setzen. Zum anderen sollen Spieler besser vor Suchtgefahren geschützt werden.
Deshalb waren die Städte und Gemeinden seit in Kraft treten des Gesetzes gezwungen, ein Auswahlverfahren in Gang zu setzen, welche Anbieter künftig überhaupt noch am Markt sein dürfen. Teilweise laufen diese Verfahren heute noch, weil Widerspruch eingelegt wurde oder Klagen anstehen.
"Ich habe allein in Heilbronn acht Konzessionen verloren", klagt Peter Schmid, einer der größten Spielhallenanbieter in der Region. In ganz Heilbronn wurden Stand jetzt 48 Spielhallen aufgegeben. "13 Spielhallen haben eine Erlaubnis für die Dauer von 15 Jahren erhalten. 12 Widerspruchsverfahren laufen aktuell", erläutert die Pressesprecherin der Stadt, Suse Bucher-Pinell. In Neckarsulm mussten acht Spielhallen schließen. "Eine Klage gegen die Stadt ist noch anhängig", so Tanja Seiler, persönliche Referentin des Oberbürgermeisters der Stadt.
Im gesamten Land geht der Baden-Württembergische Automatenverband davon aus, dass nach Einführung des Gesetzes rund 700 Spielhallen geschlossen wurden. "Dies entspricht knapp 40 Prozent aller Anbieter im Land", so der Justiziar des Automatenverbands, Tim Hilbert. Nach Abschluss der zahlreichen laufenden Verfahren dürfte die Zahl zwischen 70 und 80 Prozent liegen, 8000 Arbeitsplätze seien dann endgültig verloren, schätzt Hilbert, der auch im Vorstand der Interessensvertretung sitzt.
Umsatz eingebüßt, Mitarbeiter entlassen
Peter Schmid musste jedenfalls bereits die Hälfte seiner Mitarbeiter entlassen. Rund 70 Prozent des Umsatzes habe er eingebüßt. "Wir mussten vor allem die ertragsreichen Hallen schließen. Jetzt habe ich noch 60 Beschäftigte", sagt Schmid, der auch außerhalb von Heilbronn Spielhallen betreibt. "Die letzten Monate haben mich zudem viel Geld und Kraft gekostet", betont der 75-Jährige.
Schmid ärgert am meisten, dass die Landesregierung nichts gegen illegale Anbieter und Glücksspiele im Internet unternimmt - im Gegenteil. "Online-Spielcasinos werden in Baden-Württemberg legalisiert, während wir unsere Leute schulen lassen und alle Maßnahmen gegen Spielsucht erfüllen", klagt der Ehrenvorsitzende des Bundes- und Landesverbands der Automatenunternehmer. "Im Casino in Stuttgart stehen in der staatlichen Spielhalle allein 200 Geldspielgeräte. Das juckt niemanden. Und bei uns sind nur maximal zwölf Geräte pro Einheit erlaubt", ärgert sich Schmid.

"Aufgrund der Schließungen ist bereits eine massive Abwanderung von Spielern in Glücksspielangebote im Internet und auch in illegale Casinos festzustellen", betont Tim Hilbert. Im Internet gebe es aber keine Beschränkungen für Spieler. "Dennoch hat der Gesetzgeber Online-Glücksspiel im neuen Glücksspielgesetz legalisiert", ärgert sich Hilbert.
Auch für die Städte und Kommunen wird das neue Gesetz teuer, denn Spielhallen zahlen nicht nur Umsatzsteuer, sie müssen auch noch Vergnügungssteuer abführen und das nicht zu knapp. In Heilbronn betrug allein das Vergnügungssteueraufkommen im Jahr 2019 noch 5,3 Millionen Euro. "Für das Jahr 2023 prognostizieren wir aufgrund der Spielhallenschließungen ein Aufkommen von 1,5 Millionen Euro", sagt Suse Bucher-Pinell. Neckarsulm rechnet mit einem Rückgang um 700.000 auf noch eine Million Euro. Für das Land schätzt der Automatenverband die Einnahmeverluste aus Vergnügungssteuer und Umsatzsteuer auf 500 bis 700 Millionen Euro.
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