Mit der ganzen Familie zur Ausstellung "Gib Stoff" ins Heilbronner Museum im Deutschhof
Ausflugstipp: Bei der Ausstellung im Heilbronner Museum im Deutschhof können Kinder wie Eltern und Großeltern etwas für sich mitnehmen - Kinderreporter testen Mitmachstationen.

Wo in eurem Alltag begegnet euch Stoff?", fragt Sarah Lehnert, Textildesignerin und wissenschaftliche Volontärin im Museum im Heilbronner Deutschhof. Die Stimme-Kinderreporter stellen schnell fest: an allen möglichen Stellen! Es gibt Kleidung, Kissen, Decken, Teppiche, Handtücher, Vorhänge, Sofas, aber auch so einfache Dinge wie Pflaster. Doch wer stellt all das her? Wer hat die Sachen früher gemacht, wer kümmert sich heute darum? Wer waren die Weißnäherinnen? Woher kommen Begriff wie "Schneidersitz" oder "frieren wie ein Schneider"? Wie wurde aus individuell angefertigter Kleidung eine Massenindustrie?
Die Stimme-Kinderreporter bekommen in "Gib Stoff" Antworten auf all diese Fragen. und probieren selbst die Mitmachstationen aus. Hier schreiben sie darüber. Ihr Fazit: Ob Eltern, Großeltern, Kinder - die Ausstellung lohnt sich für die ganze Familie.
"Gib Stoff" im Deutschhof bis 30. Juli
Dienstag 10 bis 19 Uhr, Mittwoch bis Sonntag sowie feiertags 10 bis 17 Uhr; geschlossen: 1. und 29. Mai. Eintritt bis 6 Jahre frei, sonst 5 Euro, Familienkarte 12 Euro; Wochenende/Feiertage/Ferien: 6 Euro/14 Euro.
Das sagen die Kinderreporter
Ben Gaugel (13):
Cooler Crashkurs im Stoffdesign
Hast du schon mal ein eigenes Stoffmuster entworfen? Ich auch nicht, bis ich die Mitmachstation "Drucken" ausprobiert habe. Dort liegen magnetische Stempel, man setzt sie auf eine Metallplatte, dreht diese und stempelt so auf einem Papier ein hübsches Muster. Die Möglichkeiten sind überraschend: Es gibt einige Stempelaufsetzer und wenn man die auf der Metallplatte verschiebt, tun sich neue Muster auf. Wem das zu viel Arbeit ist, der kann die große Walze nutzen: Einmal durchs Stempelkissen ziehen und schon kann man sich ein hübsches Muster auf sein Blatt rollen.
Viel ansprechender fand ich den modernen Bildschirm daneben. Dort kann man Symbole wie Kreise und Vierecke ins Bild ziehen und ein Stoffmuster entwickeln. Egal wie man sich entscheidet (zum Beispiel für orangenen Hintergrund mit roten Dreiecken und Kreisen): Die Maschine macht daraus ein wunderbares Muster. Ich bin begeistert! Immer dachte ich, dass es unglaublich schwierig ist, ein tolles Stoffmuster zu entwerfen, dabei macht einem eine Maschine die ganze Arbeit! Vielleicht werde ich mal Fashion-Designer? Dabei sieht kein Entwurf aus wie der andere. Wenn man die Zeichen etwas versetzt anbringt, kommt etwas ganz anderes heraus. Ich schätze, das kommt von der gleichmäßigen Anordnung. Die verhindert übrigens auch Chaos, wie ein völlig überfülltes Muster. Also idiotensicher. Probiert das Drucken und viele andere coole Dinge einfach selbst aus!
Josephine Steinwand (11):
Faszinierende Welt des Modedesigns
"Gib Stoff" zeigt, dass Mode längst mehr als nur Kleidung ist - sie ist Ausdruck von Persönlichkeit, Individualität und Stil. Hinter den atemberaubenden Kreationen, die wir auf Laufstegen und in Zeitschriften bewundern oder in unseren Lieblingsgeschäften finden, steht die aufregende Welt des Modedesigns. Doch wie entstehen die faszinierenden Kreationen?
Mode war früher von strengen Regeln und gesellschaftlichen Vorgaben geprägt, erfährt man an der "Modedesign"-Station. Kleidung diente dazu, den Körper zu bedecken und soziale Hierarchien einzuhalten. Heute gleicht sie einer Kunstform. Mode ist innovativ, kreativ und unterliegt dem ständigen Wandel. Sarah Lehnert erzählt uns, dass Modehersteller früher drei bis vier Kollektionen pro Jahr entwarfen und alles maßgeschneidert war. Die heutigen Labels bringen monatlich neue Standardkleidung in ihre Geschäfte, damit sie interessant für die Kunden bleiben. Aber wer von uns denkt schon darüber nach, wie lange es vom Faden bis zum T-Shirt dauert? Ich war sehr erstaunt zu hören, dass der Transportweg der Rohstoffe bis zum fertigen Kleidungsstück nicht selten 40.000 km beträgt - das ist so weit, wie einmal um die Welt! Modedesign muss sich deshalb auch mit anderen Themen auseinandersetzen: Nachhaltigkeit, Produktionsprozesse, faire Arbeitsbedingungen und wiederverwertbare Materialien. Die Ausstellung zeigt, dass jeder seinen Beitrag leisten kann.
Ronja Kohlmann (11):
Kamelhaare muss man mühsam aufsammeln
Stoff aus Milch? Wenn dir das komisch vorkommt, geht es dir wie mir. Doch das gibt es wirklich! Auch aus anderen natürlichen Stoffen wie Hanf, Jute, Baumwolle, Flachs und Brennnesseln kann man Fäden herstellen, wie man an der Station über Fasern erfährt. Aus Seidenspinnerraupen gewinnt man Seide und von einer bestimmten Ziegenart Kaschmir. Man denkt oft, Stoff sei gleich Stoff und würde sich immer gleich anfühlen, aber das ist kein bisschen so. Auch jede Wolle fühlt sich anders an. Manche ist rau wie die, die man aus Kokosnüssen gewinnt, andere robuster, wie zum Beispiel die von Kamelen, oder so weich wie die einer Kaschmirziege. Ich wusste nicht, dass es dieses Tier gibt.
Auch über Kamele habe ich etwas Neues gelernt: Sie werden nicht geschoren wie Schafe, sondern werfen ihr Haar einmal im Jahr in Büscheln ab, und man muss es nur aufsammeln. Allerdings ist das auch mehr Arbeit. Da versteht man mal, warum Produkte aus Kamelwolle teurer sind als andere.
Am Anfang ist jede Wolle ein ziemliches Durcheinander. Um sie zu ordnen, muss man sie kämmen und das geht gar nicht so leicht! Das kann man an der Station selbst ausprobieren. Überall hängen Lupen, um sich die Stoffe, Wolle und Fäden genau anzusehen. Dabei bemerkt man, dass dünne Fäden wie die aus Flachs und Brennnessel eigentlich total komplex sind und aus vielen verschiedenen Fasern bestehen. Ich kann die Station nur empfehlen.
Helena Dommermühl (11):
Das Schiffchen schaukelt hin und her
Der Webstuhl, ein Koloss von Nähmaschine, ist einfach beeindruckend. Der Gigant ist sogar größer als ich (ich bin zirka 1,48 Meter)! Ganz grob funktioniert das so: Man drückt Pedale unten am Webstuhl und es heben und senken sich Fäden. Dann nimmt man das Schiffchen und fährt beziehungsweise schiebt es durch die Mitte der Fäden. Nun zieht man den Faden fest und drückt mit einem großen Holzbalken alles zusammen. Das Schiffchen ist ein Holzteil, das wirklich aussieht wie ein kleines Schiff, bei dem ein Faden um eine Metallstange gewickelt ist. Wenn man das immer hin und her macht, und vielleicht verschiedene Farben nimmt, geht es ratzfatz und du hast eine coole, selbst gemachte Stoffbahn in den Händen.
Man braucht etwas Zeit, das System zu kapieren, weil es so viele Fäden, Pedale und Funktionen gibt, doch dann macht"s richtig Spaß. Ich habe jetzt wirklich Respekt vor den damaligen "Bespannern" dieses Dings. Ich hätte für diese 1000 Fäden ein Jahrhundert gebraucht. Wirklich abgefahren wäre es, wenn man so einen Webstuhl im Wohnzimmer hätte. Das wäre eine Alternative zum Fernseher, da man bei beidem gut abschalten kann. Generell versteht man ziemlich gut, warum selbstgemachte Textilien teurer sind als solche aus Fabriken. Eine moderne, von Maschinen durchgeführte Produktion für 5 cm Stoff dauert unter einer Minute - viel kürzer als das Weben. Ich finde das wirklich beeindruckend.
Emma Pecoroni (12)
Einmal einfärben, bitte!
Ihr mögt Farben und möchtet Stoff verschönern? Da seid ihr bei der Station "Färben" richtig. Hier kann man ein Stück Stoff ganz alleine färben. Dafür steht ein Filzbeutel mit einem Stapel quadratischer weißer Stoffstücke bereit. Ein bisschen weiter rechts findet man die Färbungsmittel.
Es gibt Dunkelrot (aus Holunder), Knallrot (aus Roter Beete) und saftiges Gelb (aus Kurkuma). Wer Muster oder eine Aufschrift darauf haben möchte, kann sich vorher aus einem Schälchen ein Stück Wachs holen und das beliebige Muster daraufmalen. Diese Stellen werden nach dem Trocknen nämlich etwas heller sein. Nun taucht ihr den Stoff mit einer Pinzette in eure Lieblingsfarbe. Achtet darauf, dass der Stoff komplett unter Wasser ist. Sonst habt ihr am Ende einen langweiligen weißen Fleck mitten in eurem Kunstwerk! Nachdem ihr den Stoff ein paar Sekunden ins Farbwasser getunkt habt, nehmt ihr ihn heraus und hängt ihn auf die kleine Leine. Nun müsst ihr einfach warten, bis euer Kunstwerk getrocknet ist.
Ja, ich weiß, was ihr jetzt denkt! Man kann ja nicht fünf Stunden im Museum warten, bis der Stoff getrocknet ist! Aber es gibt eine Lösung: Gegenüber der Station steht eine Box mit Plastikhandschuhen. Ihr holt euch einen, schlüpft hinein, fasst den Stoff an und zieht den Handschuh dann linksherum aus, sodass der Stoff automatisch darin eingehüllt wird, um ihn zu transportieren. Schon habt ihr eine geniale Erinnerung!
Podcast zur Ausstellung
Ist das Kunst? - The Making of: Wie eine Ausstellung entsteht