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Kurz vor dem Lockdown sind die Kneipen und Bars voll

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Bevor die Gastronomiebetriebe am Montag schließen müssen, nutzen viele Menschen in der Region die Gelegenheit, nochmal in die Bar, Kneipe oder ins Restaurant zu gehen. Ein Streifzug vom Heilbronner Backstüble übers Charivari zur Zelle 18 in Neckarsulm.

Von Linda Saxena
Genießen den vorerst letzten Bundesliga-Abend im Backstüble: Klaus Kürner (v.l.), Michael Blaser und Matthias Friedrich.
Genießen den vorerst letzten Bundesliga-Abend im Backstüble: Klaus Kürner (v.l.), Michael Blaser und Matthias Friedrich.  Foto: Linda Saxena

Halbzeitpause in der Sportsbar Backstüble. Noch steht es 0:1 im Fußballspiel zwischen dem VfB Stuttgart und FC Schalke 04. Klaus Kürner (55), Matthias Friedrich (50) und Michael Blaser (62) aus Heilbronn warten mit einem Bier in der Hand auf den Beginn der zweiten Halbzeit. Vorerst wird diese Szene jedoch der Vergangenheit angehören.

Am vergangenen Mittwoch haben sich Bund und Länder darauf geeinigt, den Gastronomiebetrieb ab dem 2. November bis Ende November zu schließen. Damit sollen Kontakte beschränkt und den steigenden Infektionszahlen entgegengewirkt werden. „Es war abzusehen“, sagt Matthias Friedrich über die verschärften Maßnahmen. Klaus Kürner ergänzt: „Ich kann mich zurückstellen, kein Thema.“ Jedoch warnt er vor den Folgen für die Gastronomie und „vor dem Weiteren, was kommt“, so Kürner. „Ich finde es nicht in Ordnung“, stellt Michael Blaser fest. Die Gastronomie habe alle Vorlagen erfüllt, nun seien sie die Leidtragenden, sagt er. 


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Viele Stammgäste nutzen die Gunst der Stunde

Das Backstüble ist unter der Einhaltung des Hygienekonzepts am Freitagabend gut besucht. „Jetzt drückt jeder nochmal schnell in die Kneipe“, sagt die Geschäftsführerin Rebecca Espert (32). Der Besucherzuwachs sei seit Donnerstag zu spüren. Seit März habe sie mit einer erneuten Schließung gerechnet. „Traurig bin ich darüber schon“, sagt Espert. Sollte es die Lage im Dezember zulassen, „eröffnen wir wieder“, sagt die 32-Jährige.

Vor allem Stammgäste nutzen die Gunst der Stunde, ihrem Lieblingslokal einen Besuch abzustatten. Marius Müller (32) aus Heilbronn besucht das Backstüble regelmäßig zum feierabendlichen Fußballschauen. Müller, der ebenfalls in der Gastronomie tätig ist, zeigt Verständnis für die Maßnahmen. „Wir leiden darunter“, sagt er. „Aber wenn dadurch die Zahlen nach unten gehen, machen wir das gerne.“

Die Dartmannschaft „El Dartos 3“, die im Hinterraum des Backstübles angesiedelt ist, muss ihren Spielbetrieb ebenso einstellen. Mitglied Marco Banaj (50) hält die kürzlich beschlossenen Maßnahmen für „angebracht“, am schlimmsten sei es für die Kneipen-Betreiber selbst. Doch „aus meiner Sicht ist das der richtige Weg“, so Banaj.

Die Gastronomie sei nicht Auslöser des Problems

An der Bar im Charivari haben Viktoria Gaidukow (l.) und Chris Hahn alle Hände voll zu tun.
An der Bar im Charivari haben Viktoria Gaidukow (l.) und Chris Hahn alle Hände voll zu tun.  Foto: Linda Saxena

Einige Meter weiter haben die Mitarbeiter des Charivari alle Hände voll zu tun. Barkeeper Chris Hahn steht an der Bar und zapft Bier. „Es ist für alle blöd“, sagt er. „Vor allem für unsere Gäste.“ Auch im Charivari ist in den letzten Tagen ein erhöhtes Besucheraufkommen verzeichnet worden. Einerseits sei die Gastronomie nicht Auslöser des Problems, so Hahn. „Auf der anderen Seite wissen wir, dass man was machen muss. Wenn die Maßnahmen was bringen, ist es okay.“ Er merkt an: „Grundsätzlich wird die Gastronomie unterstützt.“

Auch Joachim Agreiter (47), Inhaber der Zelle 18 in Neckarsulm, stellt fest: „Die Bundesregierung hat angekündigt, dass es ein Überbrückungspaket gibt.“ Dennoch zeigt er wenig Verständnis für die neue Corona-Verordnung. „Zum einen, weil schon oft diskutiert wurde, dass von der Gastronomie keine Ansteckungsgefahr ausgeht“, sagt er. Zum anderen wurde in den letzten Monaten alles dafür getan, die Maßnahmen umzusetzen, so Agreiter. Dazu zählen Plexiglasabtrennungen, Desinfektionsmittel und Masken, sowie Vordrucke zur Kontaktverfolgung. „Die fünf Festangestellten gehen in Kurzarbeit,“ sagt der Inhaber.

Einen Besucheraufschwung erlebt die Zelle 18 am Marktplatz auch an diesem Freitagabend, wohingegen es in den letzten zehn Tagen eher ruhig war.  „Momentan kann man sich auf gar nichts mehr verlassen“, sagt Agreiter. Er befürchtet, dass die Gefahr „der Kollateralschäden wie psychische oder wirtschaftliche Geschichten höher sind als der Virus selbst.“


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Im Privaten werde nicht auf Hygienemaßnahmen geachtet

Da sie jeweils in Billigheim und Abstatt wohnen, haben sich die zwei Freundinnen Christina Heck (l.) und Lisa Diemer mittig in der Zelle 18 in Neckarsulm getroffen.
Da sie jeweils in Billigheim und Abstatt wohnen, haben sich die zwei Freundinnen Christina Heck (l.) und Lisa Diemer mittig in der Zelle 18 in Neckarsulm getroffen.  Foto: Linda Saxena

Christina Heck (34) aus Billigheim und Lisa Diemer (26) aus Abstatt haben sich zu einem gemütlichen Mädelsabend in der Zelle 18 getroffen. Mit dem erneuten Lockdown „bleibt das Zwischenmenschliche auf der Strecke“, befürchtet Diemer. Beide Frauen sind nebenberuflich in der Gastronomie tätig und wissen um die Arbeit der Gastronomen. „Alle sind bemüht, die Hygienekonzepte einzuhalten“, sagt Heck. „Schwer nachzuvollziehen, ob es die Zahlen wirklich senkt“, findet Diemer. Im Gegensatz zu der Gastronomie halten viele im privaten Rahmen die Hygienemaßnahmen nicht ein. „Da wird nicht so sorgsam darauf geachtet“, sind sich die beiden Freundinnen sicher.

Ortswechsel aus dem Neckarsulmer Nachtleben in die Heilbronner Innenstadt: Um kurz nach 22 Uhr ertönt im Backstüble der Schlusspfiff im Spiel zwischen VfB und Schalke 04: 1:1 - unentschieden. In wenigen Minuten beginnt die Sperrstunde. Bleibt noch das Wochenende, bevor Bars, Kneipen und Restaurants am Montag für den Rest des Monats ihre Türen schließen müssen.

Corona-Hilfen

Am vergangenen Donnerstag kündigte das Wirtschaftsministerium eine außerordentliche Wirtschaftshilfe an. Aus der Pressemitteilung geht hervor, dass Unternehmen, Betrieben und Eigenständigen, die durch die Schließung infolge der Corona-Maßnahme betroffen seien, eine einmalige Kostenpauschale ausgezahlt werden soll. Im Verhältnis zum durchschnittlichen wöchentlichen Umsatz im November 2019, beträgt der Erstattungsbetrag „75 Prozent des entsprechenden Umsatzes für Unternehmen bis 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, heißt es in der Mitteilung. Weitere Details gibt das Ministerium noch bekannt.

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