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Kommentar: Die Herkunft des NSU-Schriftzugs ist nicht beantwortet

  
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Für die Bundesanwaltschaft steht fest, das Graffito, das am Tatort des Polizistenmordes auf der Theresienwiese gefunden wurde, hat nichts mit dem Terrortrio NSU zu tun. Unser Kollege findet die Argumente wenig überzeugend.

Von Carsten Friese

Ermittelt ist noch nichts, aber mit überraschender Klarheit stuft die Bundesanwaltschaft den spät entdeckten NSU-Schriftzug am Tatort Heilbronner Theresienwiese als belanglose Sprüherei von Unbeteiligten ein. Überzeugend sind die Argumente der obersten Ermittler nicht.

Auch die Vorsitzenden der NSU-Untersuchungsausschüsse in Land und Bund sehen weiter Klärungsbedarf.

Dass der Schriftzug am unteren Sockel des Backsteinhäuschens nicht mit dem NSU-Schriftzug im Video oder Bekennerschreiben übereinstimmt, überrascht nicht. Ein Mörder wird am Tatort kaum eine Schablone anlegen, um in aller Seelenruhe akkurat ein Logo zu malen.

Umgekehrt gilt: Wenn ein Fan der Stadt Neckarsulm oder der früheren Automarke NSU die drei Buchstaben stolz am Backsteinbau posten wollte, warum sollte er in die Knie gehen und das Kürzel kaum lesbar für andere ganz unten anbringen?

Zudem weicht der Mord in Heilbronn ohnehin völlig von der Linie der anderen Taten ab: Zuvor hatten die Rechtsterroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt wahllos neun ausländische Bürger hingerichtet. Immer setzten sie eine Pistole Ceska ein und deuteten da schon klar an, dass wieder dieselben Täter hinter dem neuen Mord stecken. Jetzt, in Heilbronn, wählten sie plötzlich Polizisten aus, setzen auf einmal zwei andere Pistolen ein und raubten ihren Opfern sogar Dienstwaffen und Munition. Es war der zehnte Mord einer Serie, diese Tat war für Mundlos und Böhnhardt etwas Besonderes. Da ist es auch denkbar, dass sie im Überschwang dezent ein Zeichen hinterließen − im Wissen, dass es ohnehin nur ganz wenigen Eingeweihten der rechtsextremen Szene bekannt war.

Es wäre sinnvoll, wenn Polizei, NSU-Ausschuss oder auch Bürger die Herkunft des Kürzels noch irgendwie klären könnten. Es gibt Ansatzpunkte. Beantwortet ist die Frage definitiv nicht.

 

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carsten.friese@stimme.de 

 

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