Klimaaktivisten der "Letzten Generation" nach Wiederholungstat in Heilbronn auf freiem Fuß
Die am Montag (6. März) in Heilbronn zu kurzen Haftstrafen und Geldstrafen verurteilten sogenannten Klimakleber sind nach ihrer Wiederholungstat am Montagnachmittag wieder auf freiem Fuß. Das teilte ein Sprecher des Heilbronner Amtsgerichts am Dienstag mit.
Demnach hatten sich drei der zuvor verurteilten Klimakleber an der Wiederholungsaktion gegen 16 Uhr in der Neckarsulmer Straße in Heilbronn beteiligt. Zwei zu Geldstrafen Verurteilte blieben fern. Die handelnden Akteure wurden von der Polizei kurzzeitig in Gewahrsam genommen. Nachdem ihre Identitäten festgestellten worden seien, durften sie wieder gehen, sagt Michael Reißer, Sprecher des Heilbronner Amtsgerichts. In einer Zelle übernachtet habe niemand.
Doch was, wenn die Klimakleber heute oder morgen gleich den nächsten Protest auf der Straße planen? „Wiederholungsgefahr ist ein Haftgrund“, erklärt Reißer auf Stimme-Nachfrage – allerdings nur bei bestimmten, sehr schwerwiegenden Delikten. Nötigung falle nicht darunter. Wegen gemeinschaftlicher Nötigung waren die Klimakleber am Montagmorgen verurteilt worden.
Staatsanwaltschaft und Polizei sind nun am Zug
Und wie geht das Gericht damit um, dass Verurteilte den Gerichtssaal verlassen und direkt im Anschluss eine Wiederholungsaktion starten? „Es ist nicht die Frage, wie das Gericht damit umgeht“, sagt Reißer. Staatsanwaltschaft und Polizei seien nun am Zug. Diese würden nun prüfen, wie das Handeln der Klimakleber im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten geahndet werden kann. „Das Gericht ist ja nur dazu da, um von den Strafverfolgungsbehörden gestellte Anträge zu bearbeiten.“
Auch auf die Frage, ob man bei Gericht eine solche Aktion wie jene der Klimakleber persönlich nimmt, hat Sprecher Michael Reißer eine Antwort parat: „Bei Gericht haben wir das natürlich nicht persönlich zu nehmen.“ Entscheidungen würden auf sachlich-fundierter Basis getroffen mit den rechtlichen Möglichkeiten, die der Gesetzgeber vorgebe.
Klima-Aktivistin Gisela Schulz, die am Montag in Heilbronn zu einer Geldstrafe verurteilt wurde, war bei der Wiederholungsaktion in der Neckarsulmer Straße am Montag nicht dabei. Eigenen Angaben zufolge hatte das "banale Gründe". Sie habe keine Zeit gehabt, da sie sich um ihren Hund kümmern haben müsse, sagt sie. Das Gerichtsurteil halte sie nicht davon ab, auch weiterhin in ihrer Sache aktiv zu sein, so Schulz, die auch bei den Heilbronner Linken engagiert ist. Den Umgang mit dem Gerichtsurteil werde man nun mit dem Anwalt besprechen.
Haftantritt erst Wochen später
Bei manchen Unbeteiligten für Verwunderung gesorgt hat es, dass zu Haftstrafen verurteilte Menschen nach der Gerichtsverhandlung erst einmal nach Hause gehen können. Das ist allerdings der übliche Vorgang bei Verurteilungen in weniger schweren Fällen, bei denen keine Haftgründe wie Fluchtgefahr oder andere vorliegen. Der Verurteilte erhält dann - meist nach mehreren Wochen - von der Staatsanwaltschaft eine Ladung zum Antreten einer Haft in einer bestimmten Justizvollzugsanstalt zugestellt.
Die baden-württembergische Justizministerin Marion Gentges (CDU) hatte erst kürzlich für das beschleunigte Verfahren geworben, weil eine schnelle Strafe abschreckend für Täter wirke – in diesem Fall allerdings offenbar nicht. Auf Anfrage von Stimme.de teilte Ministerin Gentges am Dienstagnachmittag mit: „Der Fall von Heilbronn zeigt, dass sich nicht jeder von einer Verurteilung beeindrucken lässt.“ Damit erwiesen die Täter nicht nur dem Klimaschutz einen Bärendienst, „sondern treten auch den Rechtsstaat mit Füßen“. Dieser Blockadehaltung müsse dann aber auch mit den Mitteln des Rechtsstaates entgegengetreten werden, so Gentges.
Eine abschreckende Wirkung des beschleunigten Verfahrens bekräftigte Gentges trotz des aktuellen Geschehens in Heilbronn. „Wenn die Strafe auf dem Fuße folgt, ist sie effektiver, als wenn ein längerer Zeitraum zwischen Tatbegehung und Verurteilung liegt.“