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Keine Entschärfung der Flüchtlingslage in Heilbronn zu erwarten

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Die Stadtverwaltung Heilbronn rechnet mit einem weiteren Zustrom an Geflüchteten - aus ganz verschiedenen Regionen der Welt. Dabei wird es immer schwieriger, Unterkünfte zur Verfügung zu stellen. Zudem kommt es offenbar immer häufiger zu Konflikten in den Flüchtlingsheimen.

Die Frage, wie viele Ukrainer hier bleiben, sobald der Krieg zu Ende ist, kann die Verwaltung nicht beantworten. Planungssicherheit gibt es keine.
Die Frage, wie viele Ukrainer hier bleiben, sobald der Krieg zu Ende ist, kann die Verwaltung nicht beantworten. Planungssicherheit gibt es keine.  Foto: Stefan Puchner

Eine Entspannung der Flüchtlingssituation ist nicht in Sicht. Das Amt für Familie, Jugend und Senioren der Stadt Heilbronn erwartet auch im laufenden Jahr eine weitere Zunahme an Geflüchteten aus der Ukraine sowie an Asylbewerbern aus Syrien, dem Irak, der Türkei, Afghanistan, Nigeria, Gambia und aus dem Kamerun.

Die Stadt steht damit vor der Herausforderung, weiterhin in großem Umfang Unterbringungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen sowie Betreuungsangebote anzubieten. Diese Entwicklung wurde bei der Sitzung des Verwaltungsausschusses deutlich, in der über die Flüchtlingssituation in den Jahren 2018 bis 2022 informiert wurde.


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Viele Ukrainer suchen den Weg zu Freunden

Gekennzeichnet war das vergangene Jahr durch das Kriegsgeschehen in der Ukraine. Viele Ukrainer haben direkt den Weg zu ihren Freunden oder Familien in Deutschland gesucht. Einen Asylantrag mussten sie aufgrund der sogenannten Massenzustrom-Richtlinie der EU nicht stellen. Im Verlauf des Jahres 2022 waren insgesamt 646 Geflüchtete aus der Ukraine in städtischen Flüchtlingsunterkünften untergebracht. Von ihnen kehrten 51 Personen freiwillig in die Ukraine zurück.

Zu Beginn dieses Jahres waren in Heilbronn 1763 ukrainische Flüchtlinge gemeldet. Schwerpunktmäßig untergebracht waren sie in den Flüchtlingsquartieren der Stadt und in der Jugendherberge im Neckarbogen. Während im Asylbereich volljährige Männer einen großen Teil des Personenkreises ausmachen, werden aus der Ukraine überwiegend Frauen und Kinder untergebracht.

Bei den 732 vorläufig untergebrachten Personen befinden sich 364 Menschen aus Herkunftsländern mit hoher Wahrscheinlichkeit (Afghanistan, Eritrea, Somalia, Syrien), dass ihr Asylantrag anerkannt wird. Sie dürfen bereits während des laufenden Asylverfahrens an Integrationsmaßnahmen teilnehmen.

Fast 1700 Plätze stehen zur Verfügung

In Heilbronn stehen derzeit folgende große Standorte mit einer Belegungskapazität von 820 Plätzen zur Verfügung, von denen Anfang März 724 Plätze belegt waren: Austraße, Ellwanger Straße, Böllinger Straße, Mönchseestraße, Frankfurter Straße, Nordstraße, Neckargartacher Straße und Salzgrundstraße. Hinzu kommen 48 kleinere und mittlere Objekte. Insgesamt gibt es mehr als 1680 Plätze in städtischen Unterkünften für Geflüchtete.

Um die Menschen alle unterzubringen, mussten die Räume in den Gemeinschaftsunterkünften deutlich verkleinert werden. Während vor dem Krieg in der Ukraine pro Bewohner noch sieben Quadratmeter angesetzt waren, wurde die Fläche danach auf vier Quadratmeter pro Bewohner reduziert. Die Folge: In den Unterkünften kam es vermehrt zu Konflikten zwischen den Bewohnern.

Bildung für Jugendliche ermöglichen

Ein wichtiger Aspekt der städtischen Flüchtlingsarbeit ist, jungen Geflüchteten Bildung zu ermöglichen. Zu Jahresbeginn waren 371 Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter registriert. Von ihnen konnten 344 Schüler in Grundschulen, weiterführende Schulen und berufliche Schulen vermittelt werden. Hier besuchen sie spezielle Vorbereitungsklassen, teilweise werden sie auch in Regelklassen aufgenommen.

Das Land Baden-Württemberg erstattet sechs Monate nach der Zuweisung pro Person eine Pauschale. Anschließend werden grundsätzlich alle anerkennungsfähigen Kosten spitz abgerechnet. Freiwillige Leistungen wie beispielsweise das Mobilitätsticket werden nicht erstattet. Im vergangenen Jahr beliefen sich die Ausgaben für die Flüchtlingsarbeit ohne Personal und Liegenschaften auf rund 8,9 Millionen Euro. Nach Abzug der Einnahmen verbleibt ein Mehraufwand für die Stadtkasse in Höhe von 1,2 Millionen Euro.


Schwindende Akzeptanz in der Bevölkerung zu befürchten

"Die aktuelle Flüchtlingskrise stellt uns vor große Probleme", erklärte Sozialbürgermeisterin Agnes Christner in der Sitzung des Verwaltungsausschusses. So werde es immer schwerer, Unterkünfte zu finden sowie Kinder und Jugendliche in Tageseinrichtungen und Schulen unterzubringen. Sie sieht die Gefahr, dass die bislang gute Akzeptanz in der Bürgerschaft schlechter werde: "Es ist ein Trend erkennbar." Bei der Finanzierung der Kosten pocht Christner auf staatliche Hilfen: "Die Kostenerstattung sollte selbstverständlich sein, aber wir müssen um jeden Euro mit dem Land ringen."

Für Stadtrat Thomas Randecker (CDU) sollte diese Vorgehensweise unzweifelhaft sein: "Der Staat darf die Kommunen nicht im Regen stehen lassen." Steven Häusinger (Grüne) spürt, dass das Flüchtlingsthema "an seine Grenzen kommt". Er sagte aber auch: "Wenn wir es nicht schaffen, wer schafft es dann?" Eine Fülle an Fragen zu diesem Themenkomplex richteten Anna Christ-Friedrich (SPD) und Raphael Benner (AfD) an die Verwaltung.

Große Sorge, wie die Entwicklung weitergehen wird, hat Nico Weinmann (FDP): "Wir stehen erst am Anfang einer großen Flüchtlingswelle." Besorgt verfolgt er die zunehmenden Konflikte in den Flüchtlingsunterkünften: "Sie werden sich auf die Straße weitertragen." Für Herbert Burkhardt (Freie Wähler) sind Bund und Land "für die Misere verantwortlich". Zudem müssten Lösungen auf europäischer Ebene gefunden werden.

Die finanziellen Anreize sind für Marion Rathgeber-Roth (Unabhängige für Heilbronn) mit ein Grund, dass so viele Flüchtlinge nach Deutschland kommen. Konrad Wanner (Die Linke) sieht dies anders: "Die Menschen haben Gründe zu uns zu fliehen. Wir müssen humanitäre Hilfe leisten." Wie Oberbürgermeister Mergel ("...es braucht bessere europäische Lösungen") plädierte er dafür, die Ursachen der Flüchtlingsbewegung zu bekämpfen: "Die Kriege müssen enden. Das aber geht nur mit weniger Waffen."

Einig waren sich die Mitglieder des Verwaltungsausschusses, dass sowohl das Amt für Familie, Jugend und Senioren als auch die zahlreichen Ehrenamtlichen "großartige Flüchtlingsarbeit leisten".

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