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Veranstaltungsreihe "Wissenspause"
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In Bezug auf AfD: Heilbronner Abgeordneter Juratovic zieht Vergleich mit Nazi-Wählern

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Der SPD-Bundestagsabgeordnete Josip Juratovic hat bei einer Veranstaltung in Heilbronn AfD-Wähler mit den Wählern der NSDAP verglichen. Auf dem Podium gab es dafür Widerspruch, die SPD auf Landes- und Bundesebene schweigt.

Diskutierten über Demokratie (v.l.) Alexander Throm (CDU), Michael Link (FDP), Josip Juratovic (SPD) und Christhard Schrenk vom Stadtarchiv.
Diskutierten über Demokratie (v.l.) Alexander Throm (CDU), Michael Link (FDP), Josip Juratovic (SPD) und Christhard Schrenk vom Stadtarchiv.  Foto: Berger, Mario

Eigentlich sollten am Mittwochnachmittag die drei Heilbronner Bundestagsabgeordneten vor mehr als 100 Zuhörern unter freiem Himmel in lockerer Runde über "Heilbronn - Stadt der Demokratie" diskutieren. Aber dann sorgte der SPD-Politiker Josip Juratovic bei der Veranstaltungsreihe "Wissenspause" für ein Raunen bei den Zuhörern und Widerspruch von seinen Bundestagskollegen auf dem Podium. "Wir müssen die Wähler nicht schonen. Die gleichen Wähler, die heute AfD wählen, hätten damals NSDAP gewählt", sagte Juratovic.


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"Dieser Satz geht nicht", widersprach der CDU-Bundestagsabgeordnete Alexander Throm. "Das ist Abstempeln von Wählern und eine Moralkeule, die wir nicht wollen", so Throm. "Wir müssen vielmehr um jeden Wähler kämpfen, wenn wir ihn wieder zurückgewinnen wollen", so der CDU-Politiker. Die derzeit hohen Umfragewerte der Partei seien außerdem längst noch keine Wählerstimmen, so Throm weiter.

Vergleich mit NSDAP-Wählern: Widerspruch von anderen Politikern auf dem Podium

Auch der FDP-Abgeordnete Michael Link schüttelte den Kopf. Zwar sei klar, dass auch die Bürger selbst die Demokratie verteidigen müssten. "Aber wir müssen Probleme lösen und dürfen nicht die Wähler beschimpfen", sagte Michael Link. Die AfD lebe davon, sich durchaus vorhandene Probleme zunutze zu machen - ohne Lösungsvorschläge zu haben.

Dass die Demokratie derzeit nicht nur in Deutschland unter Druck stehe, darin waren sich die drei Heilbronner Abgeordneten auf dem Podium einig. Juratovic rief deshalb zum gesellschaftlichen Zusammenhalt auf. "Wer in der Demokratie schläft, wacht in einer Diktatur auf. Und dann fließt Blut", sagte der Sozialdemokrat.

Kein Kommentar der SPD auf Landes- und Bundesebene nach Satz von Juratovic

Aber anstatt zusammenzuhalten "sucht man regelrecht nach Lügnern und Rattenfängern", so Juratovic, der darüber hinaus anmerkte, "dass heute niemand mehr bereit ist, für die Demokratie zu sterben". Dabei seien für diese Gesellschaftsform in der Geschichte viele Menschen verfolgt, gefoltert und getötet worden. "Und wir sind heute nicht einmal mehr in der Lage, zur Wahl zu gehen", beklagte Juratovic.


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Auch diese Position war dem CDU-Abgeordneten zu radikal. Obwohl auch er sich "zunehmend Sorgen um das Demokratieverständnis" mache. Ein zunehmender Anteil der Bevölkerung sei mit Argumenten nicht mehr erreichbar, so Throm. "Das gelte nicht nur in den sozialen Medien, sondern auch unter anderem bei Infoständen." Auch in dieser Frage müsse man sich so lange wie möglich um jeden einzelnen Bürger bemühen.

Stärken und Schwächen der Gesellschaftsform Demokratie

Für Michael Link steht fest: "Demokratie ist langfristig am stärksten." Nicht nur, weil in der Praxis noch nie eine andere Gesellschaftsform besser funktioniert habe. "Demokratie erkennt Fehler", sagte der FDP-Politiker. Und könne sie entsprechend korrigieren. Autokratien täten sich hier schwerer. Auch wenn dort manche Entscheidung schneller falle. Demokratie sei aber längst kein Selbstläufer. Ihre größte Schwäche sei, dass sie "eine offene Gesellschaft ist". Dadurch sei sie angreifbar. Von innen wie von außen. Nach Auffassung von Michael Link müsse die Demokratie in Deutschland auch international mehr Verantwortung übernehmen. "Wir müssen uns wehren können, denn wir sind keine große Schweiz", sagte der FDP-Politiker.

Die Spitze der Landes-SPD wollte sich auf Nachfrage unserer Redaktion nicht zu Juratovics Vergleich der AfD-Wähler mit denen der NSDAP äußern. Die Bundeszentrale der Sozialdemokraten in Berlin war am Mittwoch für eine Stellungnahme gar nicht zu erreichen. 

 

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Kommentare

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Alfred Fischer am 12.07.2023 20:51 Uhr

Unglaublich!
Herr Juratovic ist wohl der Meinung, daß sein derzeitiger Sitz im Deutschen Bundestag ein „Selbstläufer“ ist.
Er muß sicherlich die Wähler nicht schonen, es werden nach dieser Aussage deutlich weniger da sein, welche ihn als gewählten Volksvertreter im Deutschen Bundestag sehen wollen.
Die Aussage, die heutigen AfD-Wähler direkt mit denen der damaligen NSDAP-Wähler gleichzusetzen ist sowohl für jeden Wähler, der seine Wahl selbstverständlich und unstrittig auch weiterhin „frei und unabhängig“ treffen kann, als auch für einen demokratisch gewählten Abgeordneten ungeheuerlich und unentschuldbar.
Wie soll seine Aussage „daß heute niemand mehr bereit ist, für die Demokratie zu sterben“ verstanden werden? Im Extremfall gar als Aufruf zum Bürgerkrieg gegen die angeblich nicht-demokratischen und seiner Meinung nach ausschließlich „Rechts“ stehenden AfD Wähler?
Nicht jede Meinung, welche von der derzeit vorgegebene Regierungsmeinung abweicht ist automatisch „Rechts“ und damit zu ächten. Das ist schlichtweg Demokratie und kann sehr wohl bei vorhandenem Willen durch entsprechendes Handeln der Parteien korrigiert werden.
Mit nur einem geringen Funken Anstand im Leib wäre es für Herrn Juratovic besser, nach diesen Äußerungen das ausschließlich über die Landesliste der SPD erhaltene Mandat im Deutschen Bundestag mit sofortiger Wirkung niederzulegen und sich für diese ungeheuerlichen Aussagen aufrichtig gegenüber allen Wählern zu schämen.

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Philipp Krebs am 14.07.2023 09:38 Uhr

Mir ist klar, dass nicht alle AFD Wähler rechts stehen, sicher wählen manche einfach Protest.

Trotzdem finde ich es richtig und wichtig, dass man diese Tatsache auch aussprechen darf. Mich würde natürlich auch interessieren, ob seine Aussage "für Demokratie zu sterben" wirklich eine Anspielung in die Richtung war.

Aber ansonsten ist das doch eine legitime Meinung, vor allem wenn man annimmt, dass es evtl auch Wähler mit Migrationshintergrund gibt, die AFD wählen. (Die evtl nicht soviele Qualitätsmedien konsumieren)

Ist diese neue Partei, ich glaube "Bündnis Deutschland", nicht Beweis genug, dass die AFD überhaupt nicht tragbar ist?

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