Jahrestag zum Pershing-Raketen-Unfall von 1985 auf Heilbronner Waldheide
Am 11. Januar 1985 explodierte auf der Heilbronner Waldheide der Motor einer Pershing-II-Atomrakete. Nun gibt es einen Podcast von Stimme Mediengruppe und Stadtarchiv zum historischen Vorfall – und neue Erkenntnisse.

Vor genau 39 Jahren, am Freitag, 11. Januar 1985, gegen 14 Uhr, explodiert auf der Heilbronner Waldheide der Motor einer Pershing-II-Atomrakete – inmitten einer der am stärksten besiedelten Regionen Europas. Eine schwarze Wolke markiert die Unglücksstelle im verschneiten Stadtwald. Es ist eiskalt.
Heilbronn steht im Brennpunkt der Weltöffentlichkeit, wird auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges zwischen Nato und Sowjetunion zum Mekka der Friedensbewegung. Schon wenige Jahre später setzt politisches Tauwetter ein. 1989 bis 1990 ziehen die US-Soldaten ab. Mitte der 1990er beginnt die Stadt mit der Renaturierung.
Neue Erkenntnisse eines Zeitzeugen-Projektes des Stadtarchivs
Um eben diese Waldheide dreht sich die inzwischen vierte Folge der neuen Podcast-Reihe "Heilbronner Geschichte(n)". In Kooperation mit der Stimme Mediengruppe spricht der Direktor des Stadtarchivs Heilbronn, Professor Christhardt Schrenk, über die bewegte Historie des ehemaligen Militärgeländes, über den politischen und gesellschaftlichen Hintergrund des Pershing-Unglücks, über die Friedensbewegung und nicht zuletzt über sein aktuelles Projekt eines dezentralen Gedenkkonzepts.
Dezentrales Gedenkkonzept mit Stelen und QR-Code
Laut Stadthistoriker Schrenk sollen auf dem rund 55 Hektar großen Gelände zehn Stationen installiert werden: mit Texttafeln über die Geschichte der Waldheide, aber auch mit Zusatzinfos, Bildern und Videos, die man per QR-Code übers Handy abrufen kann. Sie basierten auf aktuellen Forschungen des Stadtarchivs sowie auf einer Geschichtswerkstatt mit Zeitzeugen. Inhaltlich geht es um die gesamte Historie der Waldheide, wobei die Stationierung der Pershing-Raketen und die Friedensbewegung "eine herausragende Rolle spielen", erklärt Schrenk.
Die letzten Zeugen der US-Festung Fort Redleg
Am Haupteingang zur Waldheide von der Donnbronner Straße her bildet bereits eine Betonskulptur die Umrisse der Heide ab und tippt in Stichworten ihre Historie an. Als Standorte für weitere Stelen bieten sich laut Christhard Schrenk etwa alte Poller an, ein kleiner Wachturm am Rande des Stadtwalds, ein Schachtdeckel zu überdimensionalen Wassertanks, ein ehedem als Hubschrauber-Hangar genutzter Schafstall - und natürlich die Unglückstelle vom 11. Januar 1985.
Sie wird markiert durch einen Fahnenmast mit Betonsockel und durch einen Felsen, der wie ein Grabstein anmutet. Er trägt die Namen der getöteten Soldaten. John Leach, Todd A. Zephir, Darryl L. Shirley. "Lest we forget", damit wir nicht vergessen, steht darauf.
Lange und bewegte Geschichte der Heilbronner Waldheide
Viel mehr ist vom einstigen US-Atomrakentenstützpunkt Fort Redleg nicht übrig geblieben. Längst dient die ehemalige Festung für Vernichtungswaffen der Naherholung. Jogger und Spaziergänger drehen ihre Runden, manchmal auch Schafe, die auf der Callunaheide das Gras kurz halten. Ursprünglich als Acker und Weide genutzt, wird die Waldheide erst im 19. Jahrhundert in Teilen aufgeforstet. Schon ab 1883 dient sie als Exerzierplatz, 1935 zudem als Flugplatz.

1953 baut die US-Army die Landebahn aus, 1970 wird sie befestigt. 1977 kommen die ersten Pershing-I-Raketen, aber erst mit dem Unfall von 1985 wird die von offizieller Seite stets geleugnete Stationierung der Pershing-II-Atomwaffen öffentlich. Trotz - oder wegen - Friedensdemonstrationen wird die Festung bis kurz vor dem Abzug der Army 1990 im Stile der DDR-Grenze weiter ausgebaut und gesichert.
1992 kauft die Stadt das Gelände dem Bund für 850.000 Mark ab und renaturiert alles für 2,6 Millionen Mark. Bis 1994 sind in Mannschaftsunterkünften Asylbewerber untergebracht. 1996 wird die Hochfläche im Stadtwald, deren Callunaheide inzwischen teils unter Naturschutz steht, mit einem Fest und Freibier offiziell den Bürgern von Heilbronn zurückgegeben.
Neuer Podcast zur Waldheide
Neuer Podcast von Stadtarchiv und Stimme Mediengruppe auf www.stimme.de direkt über den QR-Code