Investitionen in Heilbronn: Eltern stellen lange Mängelliste zu Schulen zusammen
Zwei-Klassen-System an Heilbronner Schulen? Viele Familien wollen Kinder an privaten Bildungseinrichtungen anmelden. So reagieren Elternvertreter auf das Mergel-Interview, und die Stadt äußert sich zur Liste.

Entwickelt sich ein Zwei-Klassen-Schulsystem in Heilbronn mit den öffentlichen Schulen auf der einen Seite und den Privatschulen, mit der Josef-Schwarz-Schule samt Neubau ganz vorn, auf der anderen? Das kommt darauf an, wen man fragt. Manche Eltern und Lehrer befürchten eine Entwicklung, bei der sich Familien für private Einrichtungen entscheiden, sollten sie das Geld dafür haben oder - bezüglich der Schwarz-Schule - im Stadtteil Neckarbogen wohnen. Dortige Kinder im Grundschulalter können bis zu einem bestimmten Einkommen der Eltern kostenlos die Josef-Schwarz-Schule besuchen. Heilbronns Oberbürgermeister Harry Mergel sieht es anders. Kürzlich sagte er: "Ruhigen Gewissens kann ich unseren Eltern alle Grundschulen empfehlen." Alle privaten sieht er als Ergänzung des öffentlichen Angebots. Das Stimme-Interview führte bei Eltern und Lehrern teilweise auf Unverständnis.
Elternvertreter wissen, dass viele Familien an Schwarz-Schule wollen
"Die Eltern stimmen mit den Füßen ab", sagt Viviane Kalisch. Die Vorsitzende des Gesamtelternbeirats weiß, dass Privatschulen Schüler abweisen müssten. So groß sei die Nachfrage aus Heilbronn. Das treffe zwar auf viele private Einrichtungen zu, Wunsch der meisten Familien sei aber der Neubau im Neckarbogen: "Im Fokus steht die Josef-Schwarz-Schule."
Das hat aus Sicht der Elternbeiratsvorsitzenden mehrere Ursachen, wobei die Stadt Heilbronn einen Teil davon für die öffentlichen Schulen nicht beeinflussen kann. Dazu gehören Lehrer, für die das Land zuständig ist. Es herrscht hier Personalmangel. Die Schwarz-Schule hingegen wirbt mit kleinen Klassen und Förderlehrern. "Das ist ein ganz anderes Arbeiten", sagt Viviane Kalisch. Ebenfalls würden viele Eltern die englischsprachige Ausrichtung in der Grundschule befürworten. Diese sei mit Englisch an öffentlichen Grundschulen nicht zu vergleichen.
Gesamtelternbeirat stellt Mängellist zusammen
Der Neubau der Schwarz-Schule, in den unter anderem die Grund- und weiterführende Schulen kommen, sei mit ein Magnet. Viviane Kalisch weiß, dass es die Stadt mit 35 Schulen, davon 17 Grundschulen, ungemein schwerer hat. Nur: In den Augen von Viviane Kalisch zeigt sich die Wertschätzung der Stadt gegenüber den Schulen auch am Aussehen der Gebäude. Dass aus Sicht der Eltern viel getan werden muss, belegt eine mehrere Seiten lange Mängelliste, die dem Rathaus übergeben worden sei. Aufgezählt sind unter anderem defekte Heizungen, fehlende Verkabelung für Router oder stinkende Toiletten.
Das sagt das Rathaus dazu
Mittlerweile hat sich auf Anfrage unserer Zeitung die Stadtverwaltung dazu geäußert. Das Rathaus bereite vor, dass sich die Gremien des Gemeinderats damit befassen können. Bürgermeister Andreas Ringle betont: "Defekte Toilettenspülungen oder Beleuchtungen können beispielsweise kurzfristig behoben werden." Sanierungen von ganzen WC-Anlagen oder technischen Anlagen müssten geplant, und zur Finanzierung müssten Mittel im Haushalt bereitgestellt werden. "Auch eine Ausschreibung der Arbeiten mit anschließender Vergabe ist erforderlich, ehe damit begonnen werden kann. Solche Maßnahmen werden laufend durch die Verwaltung durchgeführt." Die Sanierung von ganzen Gebäudeteilen, Fassaden oder tiefgreifende Änderungen der statischen Konstruktion, der Grundrisse oder der Nutzung von Gebäuden bedürften umfangreichen Planungen und nicht zuletzt auch Auslagerungen, um ungehindert bauen zu können. "Solche Maßnahmen sind dann eher mittelfristig und nach Prioritäten abzuarbeiten."
Die Stadtverwaltung betreibt nach eigenen Angaben über 500 Gebäude. Viele dieser Bauwerke seien in der Wiederaufbauphase nach dem Krieg errichtet worden. "Damals wurde schnell und viel gebaut, leider nicht immer mit der Qualität, in der wir heute Gebäude bräuchten", ergänzt Andreas Ringle.
Lehrer blicken gespannt auf Entwicklung im Stadtteil Neckarbogen
Auch Lehrer an öffentlichen Schulen blicken abwartend oder mit Sorgen auf die Josef-Schwarz-Schule. Aus Reihen der Schulleitungen in Heilbronn heißt es gegenüber unserer Zeitung: "Die Mischung in Schulen ist wichtig." Das soll heißen: Es ist aus Sicht von Pädagogen gut, wenn Kinder aus wohlhabenderen Familien mit denen aus ärmeren zusammen in einer Schule sind und Mädchen und Jungen aus mehreren Nationen täglich zusammentreffen. "Diese Vielfalt ist eine Bereicherung." Die Schulleitung findet: "Wichtig ist, die Mitte zu wahren."



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