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Heilbronner Uhlandplatz in Max-Beermann-Platz umbenannt

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Der Platz zwischen Stimme-Gebäude, Sparkasse und Charivari heißt nun Max-Beermann-Platz. Als Heilbronner Bezirksrabbiner, Mittler zwischen den Religionen und Philosoph hat Beermann die Stadt bis zu seinem Tod 1935 mitgeprägt und gilt als mutiger Gegner der Nazis.

von Annika Heffter
Günter Spengler, Avital Toren und OB Harry Mergel (v.l.) enthüllen das neue Schild auf dem Max-Beermann-Platz zwischen Sparkasse und Stimme-Gebäude.
Foto: Veigel
Günter Spengler, Avital Toren und OB Harry Mergel (v.l.) enthüllen das neue Schild auf dem Max-Beermann-Platz zwischen Sparkasse und Stimme-Gebäude. Foto: Veigel  Foto: Veigel, Andreas

Ob sich Max Beermann, Bezirksrabbiner in Heilbronn von 1915 bis 1935, freuen würde, dass nun ein Platz in der Stadt, ganz in der Nähe der 1938 zerstörten Synagoge an der Allee, nach ihm benannt wurde? Einerseits ja, sagt Pfarrer Günter Spengler bei der Einweihung des Max-Beermann-Platzes, der vorher Uhlandplatz hieß. "Ich stelle mir Beermann in seiner Wohnung vor. Dort gibt es Wände voller Bücher - Fachbücher, aber auch Literatur, Kant, Nietzsche, Goethe und natürlich auch Uhland", sagt Spengler, der sich intensiv mit Beermanns Leben und Wirken beschäftigt hat.

In den Regalen würden sich sicher insbesondere politische Schriften von Ludwig Uhland finden und Beermann würde sich freuen, im Stadtbild Heilbronns so eng mit ihm verbunden zu sein. Immerhin führt der nach Beermann benannte Platz nach wie vor auf die Uhlandstraße.

 


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Was, wenn Beermann heute noch leben würde?

Andererseits: "Er mochte nicht im Zentrum stehen", erzählt Spengler. Fürsorglich sei er gewesen, habe den Austausch mit Menschen und zwischen den Religionen immer gesucht. Gerne stellt sich Günter Spengler vor, wie es wäre, wenn Beermann heute noch leben würde.

Sicherlich hätte er mit der jüdischen Gemeinde Schawuot, das Erntedankfest, gefeiert. "Er wäre zur Wiedereinweihung der Nikolaikirche gegangen und hätte ein herzliches Grußwort gesprochen", vermutet der Pfarrer. Und, so glaubt Spengler, zu dem Aktionstag gegen Wohnungsnot auf dem Kiliansplatz vor ein paar Wochen wäre er ebenfalls gegangen, "und hätte einen eindringlichen Artikel in der Heilbronner Stimme geschrieben".

Auf dem Rückweg nach Hause von der Veranstaltung, ist sich Spengler sicher, wäre er mit vielen Menschen ins Gespräch gekommen, "die Corona zermürbt", um sie in ihrem Glauben und dem fürsorglichen Umgang miteinander zu bestärken.

Fürsorge war Beermann eine Herzensangelegenheit

"Denn so war er, Max Beermann", sagt Günter Spengler. "Er liebte diese Stadt und ihre Bürger." In den Heilbronner Straßen sei er viel unterwegs gewesen, habe Suchtkranke, Wohnungslose und Strafgefangene aufgesucht, Fürsorge sei ihm eine Herzensangelegenheit gewesen. "Er war der Ansicht: Glaube muss Hand und Fuß haben."

Aber auch Diskussionen mit Lehrern und Schülern sowie Vorträge in der von ihm mitentwickelten Volkshochschule Heilbronn und in der Harmonie gehörten zum Wirken des jüdischen Theologen, Philosophen und Literaturkenners dazu.

Beermann gehörte zu den mutigen Gegnern der Nazis in Heilbronn

Selbst immer wiederkehrende Regenschauer trüben die fröhliche Atmosphäre bei der Einweihung des Platzes am Mittwochmittag nicht. Nicht zuletzt ist das dem Klarinettenquartett unter der Leitung von Marion Potyka zu verdanken, das zwei Stücke von Felix Mendelssohn Bartholdy spielt, "übrigens einem der Lieblingskomponisten von Max Beermann", sagt Oberbürgermeister Harry Mergel.

Er betont in seiner Einweihungsrede: "Zusammen mit Dr. Siegfried Gumbel, Stadtrat und führendes Mitglied der jüdischen Gemeinde, gehörte er zu den mutigen Gegnern der Nationalsozialisten in Heilbronn." Max Beermann hatte die Anfänge des düsteren Geschichtskapitels noch miterlebt.

"An gebrochenem Herzen" gestorben

1935 starb er, mit 62 Jahren, "an gebrochenem Herzen", wie seine Tochter Ruth sagte. Die Ideologie der Nazis, Zerstörung und Judenhass nahmen gegen Ende von Max Beermanns Leben immer mehr überhand. "Freunde und Nachbarn wechselten in der Stadt die Straßenseite, wenn sie ihn sahen, Philosophie und Religion verschwanden aus den Semesterplänen", erzählt Spengler. "Beermanns Welt ging unter."

Nun freut sich der Pfarrer: "Er hat wieder seinen Platz in der Stadt." Zusammen mit den Stolpersteinen in Heilbronn ein Zeichen, dass jüdisches Leben präsenter wird. "Vor allem sind diese Orte aber auch Mahnung", sagt Mergel. Wenn die Stadt Max Beermann mit der Benennung des Platzes ehre, dann, so der OB, sei das auch eine Verpflichtung, jüdisches Leben mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu schützen und zu fördern. "Damit sich die Vergangenheit nicht wiederholt."

 

Zur Person

Max Beermann wurde 1873 in Berlin geboren und starb 1935 in Wiesbaden. Von 1915 bis zu seinem Tod wirkte er als Heilbronner Bezirksrabbiner. Als Theologe, Philosoph, Lehrer und Literaturkenner war er deutschlandweit geschätzt. Anlass für die Umbenennung der Uhlandplatzes in Max-Beermann-Platz gibt auch das Jubiläum "1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland".

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