Heilbronner Radhaus hat nur wenige Nutzer
Die Einnahmen decken nicht mal die Wartungskosten der Radgarage am Heilbronner Bahnhof. Auch technische Probleme bei der Bedienung sind geblieben.

Am äußeren Gesamteindruck des Heilbronner Radhauses hat sich in den vergangenen Monaten wenig geändert. Die glänzende Glasfassade, der zwölf Meter hohe Turm und das futuristische Erscheinungsbild sind echte Hingucker. Dem stehen allerdings meist relativ wenige Fahrräder gegenüber, die in den sieben Etagen der Radgarage abgestellt sind.
So sind beim zufällig gewählten Ortstermin am vergangenen Montag gegen 11 Uhr von den insgesamt 122 Stellplätzen tatsächlich nur 21 mit Rädern belegt. Die Stadt spricht auf Stimme-Anfrage von "etwa 40 Prozent Dauernutzern" auf den verfügbaren Plätzen. Damit weist die Tendenz immerhin nach oben. Mitte 2022 hatte eine Sprecherin der Stadt die Zahl der Langzeitparker mit 27 angegeben.
Auswertung zum Radhaus Heilbronn noch in diesem Jahr
"Die tatsächliche sichtbare Belegung wird vom Wochentag und der Tageszeit beeinflusst, da nicht alle Langzeitnutzer immer ein Fahrrad eingestellt haben", betont Stefan Papsch vom Amt für Straßenwesen. Seit Mitte 2022 könnten zudem Spontan- und Gelegenheitsnutzer das Radhaus nutzen und unkompliziert mit der EC-Karte bezahlen.
Eine positive Entwicklung habe die Stadt auch nach dem sogenannten Radfest mit Aktionstag, das Mitte Mai stattfand, festgestellt. Eine offizielle Einweihungsfeier hatte es für das Prestigeprojekt nie gegeben. Noch in diesem Jahr will die Stadtverwaltung den Stadträten im Bau- und Umweltausschuss eine ausführliche Auswertung der Nutzerzahlen für 2023 vorlegen.
Probleme bleiben
Doch schon heute steht fest, dass das vollautomatische Radhaus, das deutschlandweit als einmaliges Pilotprojekt gilt, die Erwartungen bisher nicht erfüllt hat. Denn der Ende 2021 fertiggestellte Bau, der im Jahr 2017 mit Gesamtkosten in Höhe von 500.000 Euro veranschlagt worden war, schlug nach der Fertigstellung Ende 2021 mit 1,1 Millionen Euro zu Buche.
In den Anfangsmonaten der Nutzung wies die komplizierte Technik zudem erhebliche Mängel auf. Die Automatik funktionierte nur unregelmäßig, und eine Bezahlung mit EC-Karte war nicht möglich. Bis heute können zudem keine Fahrrräder mit einem Gewicht über 30 Kilogramm ins Radhaus eingestellt werden. Und die genannten technischen Probleme sind noch nicht vollständig ausgeräumt.
Ärgerliche Einzelfälle
So hatte Hanna Fehlauer Probleme mit dem Automaten des Radhauses. Die junge Rostockerin besuchte am 12. Oktober ihre Freundin in Heilbronn. Beide Studentinnen wollten mit dem Zug nach Stuttgart fahren, um dort ein Konzert zu besuchen. Weil Fehlauer einen sorgfältig restaurierten Fahrrad-Oldtimer aus DDR-Produktion dabei hatte, entschieden sich die Frauen, ihre Räder über Nacht im Radhaus einzustellen. Doch sämtliche Geldkarten wurden vom Automaten abgelehnt. "Wir hatten keine Schlösser dabei, denn im Radhaus sind die Räder ja sicher", so die 22-jährige Rostockerin. Den Freundinnen blieb schließlich nichts anderes übrig, als ihre Räder in den Zug mitzunehmen. "Wenn das nicht funktioniert hätte, wäre das Konzert für uns gelaufen gewesen", sagt Hanna Fehlauer.
Die Stadt spricht von "Einzelfällen, die in der Regel zeitnah durch den technischen Störungsdienst behoben werden". Aus jedem Fall lerne man derzeit, um Qualität- und Verfügbarkeit des Radhauses weiter zu verbessern. In der Gesamtbeurteilung spricht Stefan Papsch trotz aller Probleme davon, dass die Erwartungen der Stadt erfüllt worden seien. "Es ist üblich, dass neue Angebote und technische Innovationen eine gewisse Übergangszeit benötigen", unterstreicht der Projektleiter.
Wartungskosten teurer als Einnahmen
Tatsache ist aber, dass das Radhaus auch mit den bisherigen Einnahmen im laufenden Jahr von gut 4200 Euro noch nicht einmal die jährlichen Wartungskosten in Höhe von rund 6000 Euro deckt. Dieses Mindestziel hatte die Stadt vor der Inbetriebnahme ausgegeben.
Nun soll künftig zumindest der Zugang für schwerere Fahrräder ermöglicht werden. "Die Erweiterung der Zulässigkeit von schweren Fahrrädern bis 35 Kilogramm ist aktuell in der Vorbereitung durch den Hersteller", versichert Stefan Papsch. Das hatte Baubürgermeister Andreas Ringle bereits beim Radfest im Mai angekündigt.
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