Stimme+
Heilbronn 
Hinzugefügt. Zur Merkliste Lesezeichen setzen

Unterwegs in Heilbronn: Erneut ist die Silvesternacht eine deutlich andere

   | 
Lesezeit  2 Min
Erfolgreich kopiert!

Szenen aus der Böller- und Ansammlungsverbotszone Heilbronn: Geböllert wird an Silvester vereinzelt dennoch, die Massen aber kommen nicht. Nachtschwärmer sind überrascht, dass recht viele Lokale geschlossen sind. Und ein Bürger jenseits der Sperrzone hat einen besonderen Neujahrswunsch.

von Carsten Friese

Als auf dem Heilbronner Marktplatz kurz vor Mitternacht immer mehr Silvesterfreunde in kleineren Gruppen zusammenkommen, ist von Böllern und Raketen in den Händen der Menschen nichts zu sehen. Die Stadt Heilbronn hat mit Blick auf Corona und die hohe Belastung der Kliniken mit Patienten ein Feuerwerks- und Ansammlungsverbot für Gruppen über zehn Personen erlassen. Es gilt für die Innenstadt, Bahnhofsvorstadt und den Neckarbogen. Und während der sonstige Silvester-Hot-Spot an der Ebert-Brücke fast leer ist, geht es auch am Marktplatz sehr gesittet zu.

Kleinere Kinder spielen mit Wunderkerzen und Kinderfontänen, eine Gruppe Erwachsener zählt ohne Böller von zehn zum Jahreswechsel herunter. Eine Gruppe junger Männer hatte kurz vorher erzählt, dass sie vom Verbot wissen und hier nur ins neue Jahr „chillen wollen“. Ringsumher sind von verschiedenen Seiten einige Böllerschläge und Zischgeräusche zu hören, ob in oder jenseits der Verbotszone, ist nicht auszumachen. Einige wenige bunte Raketenfunken sind hier am Himmel zu sehen – aber längst nicht in der Masse wie sonst zum Jahreswechsel.

 


Mehr zum Thema

Silvester 2021 in Heilbronn
Stimme+
Region
Lesezeichen setzen

Polizei und Feuerwehr: Relativ ruhige Silvesternacht in der Region Heilbronn


Plötzlich durchbricht ein ohrenbetäubender Böllerschlag die Szenerie, auf den Stadtbahngleisen neben der Kilianskirche steigen dichte Rauchwolken empor. Jetzt hat doch jemand heftig gezündet. Zwei jüngere Männer tun es am Marktplatz nach, werfen Böllerwirbel in die Luft und schießen mit einer Signalpistole.

Viele Lokale in der Innenstadt geschlossen

Dennoch: Der Silvesterabend ist auch im zweiten Corona-Jahr ziemlich anders als gewohnt. Bei einer Runde gegen 22.30 Uhr fällt auf, wie viele Lokale in der Innenstadt geschlossen sind. Vinum, Ratskeller, Superbude, Lehners, Pier 58 oder Mosch Mosch sind zu. Auch das Hartmans in der Bahnhofsvorstadt ist dunkel. Der Kaiser-Friedrich-Platz ist bei milden Temperaturen um 12 Grad gegen 23.15 Uhr menschenleer. Es erinnert ein bisschen an das Silvester 2020, als im harten  Lockdown mit nächtlicher Ausgangssperre die Innenstadt zum Jahreswechsel wie ausgestorben war. 

„Es ist schon ein bisschen trostlos“, sagt die Bad Friedrichshallerin Franzi (43) auch zum Ist-Zustand 2021. Sie genießt auf der Außenterrasse der Café-Bar Liberté gegen 22.45 Uhr gerade einen Lillet mit Blaubeeren, ein kleines Krönchen mit den 2022-Zahlen steckt in ihrem Haar. „Egal, wie es ist, wir wollen Silvester feiern“, sagt sie. Im neuen Jahr könne es „nur besser kommen“, nachdem das alte Jahr für sie schlicht „langweilig“ war. Freundin Jenny (40) stimmt zu. Es solle keiner auf die Idee kommen, erneut das Heilbronner Weindorf abzusagen, fordert sie. Solche Feste machten doch „das Leben lebenswert“. 

 


Im Sausalitos ist gegen 22.30 Uhr guter Betrieb, sehr viele Tische und Barstühle sind belegt. Disco-Beats kommen aus den Boxen. Mit einem schwarzen Zylinder auf dem Kopf ist Aron (21) aus Mainhardt unterwegs, mit einem Freund will er Silvester in Heilbronn erleben. „Viel los ist in der Stadt nicht“, findet er, sie hatten insgesamt auf mehr Partyleben gehofft – trotz Corona. Dass es Böllerverbotszonen gibt, wusste  Aron nicht. „Danke für den Hinweis.“

Sausalitos-Chef Victor sagt, er könne verstehen, dass die Stadt in diesen „schweren Zeiten“ die Beschränkungen erlässt. Man müsse es schaffen, die Pandemie zu überwinden. Es gebe klare Personengrenzen für das Sausalitos, man halte sich an die Regeln. Man wolle den Gästen aber auch etwas Spaß an Silvester bieten. In so einer Zeit „geht es nicht nur ums Geld“. 

Wunsch für 2022: einen neuen Job

Gegen 0.20 sind nach wie vor einige Feuerwerkskracher zu hören. Ein paar Böller zündet eine Gruppe auch in der Uhlandstraße, hier ist es erlaubt, und prostet sich aufs neue Jahr zu. „Es waren viel weniger Raketen am Himmel als sonst“,  ist Antonietta Micillo (49) enttäuscht. Ihr Partner Ghaeat Hkim (51) sagt, man wolle Spaß haben, Silvester gebe es doch nur einmal im Jahr. Und alle seien geimpft. Mit Dorade, Tiramisu und gutem italienischen Wein haben sie gefeiert. Der Gerüstbauer hat einen großen Wunsch für 2022: „Ich will wieder arbeiten, wieder einen Job haben.“ Seine Firma, sagt er, sei durch Corona pleite gegangen. 

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung
Keine Kommentare gefunden
Nach oben  Nach oben