Das Trollinger-Gefühl ist nach der Zwangspause zurückgekehrt
Beim 20. Trollinger-Marathon rund um Heilbronn herrscht eine heitere Stimmung. Insgesamt gehen fast 4000 Läufer an den Start.

Es sind noch fünfeinhalb Minuten bis zum Start. Seid ihr schon alle da?", ruft Moderator Achim Seiter in die Menge, die sich an der Badstraße sammelt. Das Ja kommt allerdings noch etwas zögerlich. Kein Wunder nach der langen Corona-Pause. "Habt ihr Lust auf Laufen?", legt Seiter nach. Nun klingt die Antwort schon deutlich dynamischer.
Die Freude unter den 2137 Startern beim Halbmarathon ist zurückgekehrt, nachdem Moderator und Läufer am Start Gustav Jenne gedachten, der den Trollinger-Marathon als Kreisverbandsvorsitzender des Württembergischen Leichtathletikverbandes 20 Jahre lang geprägt hatte wie kein anderer. Im Februar war der 85-Jährige verstorben.
Pünktlich um 10 Uhr schickt Harry Mergel mit dem Startschuss die Läufer auf die 21.09 Kilometer lange Strecke. Mitlaufen will der Oberbürgermeister in diesem Jahr nicht, obwohl er es noch vor einer Woche angekündigt hatte. "Ich hatte eine stressige Woche, und auch heute habe ich noch Termine", begründet der Heilbronner OB seine Entscheidung. Erst gestern Abend war Mergel von einer Dienstreise mit der Stadtsiedlung aus Mailand zurückgekehrt, wo es um Sozialwohnungen in der norditalienischen Metropole ging. Bei der kurzen Andacht, die Pfarrer Hans-Jörg Eiding auch vor dem Zehn-Kilometer-Lauf am Neckarufer hält, ist Mergel aber noch dabei. Da Christen Menschen seien, die mit kleinen Wundern rechnen, will der Heilbronner Pfarrer der evangelischen Kiliansgemeinde seine Hoffnung nicht aufgeben, "dass tatsächlich Friede einkehrt. Gedanken, die die rund 40 Läufer unter den 804 Startern, die die Andacht besuchten, mit auf die Zehn-Kilometer Strecke nehmen.
Alphornbläser und Musikkapellen
Unter ihnen ist auch Hans Krauss, der seinen ägyptischen "Streitwagen", auf dem Felicia und Franziska sitzen, an den Start rollt. "Ich freue mich, dass ich heute mit vielen gut gelaunten Leuten laufen kann", betont der langjährige Betreiber des Lauffener Abenteurspielplatzes. Seit 7 Uhr hatte Krauss, um den es in den vergangenen Wochen viel Wirbel gegeben hatte, an dem Gefährt gebaut. Die Stadt Lauffen hatte den Abenteuerspielplatz geschlossen, nachdem es Differenzen um das Konzept gegeben hatte. Wo man hinschaut, blickt man in fröhliche Gesichter, ehe auch die Läufer und Nordic-Walker auf die Zehn-Kilometer lange Strecke gehen. Auch unterwegs ist das Trollinger-Gefühl wieder da. Ob am "Kotzbuckel" auf dem Haigern zwischen Flein und Talheim, wo Wolfgang Meerwart mit seinen Alphornbläsern die letzten Kräfte der Halbmarathonläufer mobilisiert, oder in Sontheim, Klingenberg und am Ortseingang von Heilbronn-Böckingen, wo Blaskapellen und Guggenmusikanten für Rückenwind für die Sportler sorgen.
Erschöpft aber glücklich
Im Frankenstadion dann sowieso, nachdem fast alle Starter auch das Ziel erreicht hatten und sich die Spielfläche mit erschöpften, aber glücklichen Läufern füllt. Bei alkoholfreiem Bier, Apfelschorle, Wasser, sowie Kuchen, Äpfeln und Bananen wurde schließlich gefachsimpelt. Rainer Juchum war zum allerersten Mal in Heilbronn am Start. "Es war schon hart, vor allem der Anstieg im Weinberg", zog der 47-Jährige, der mit einer Laufgruppe aus Stockstadt bei Aschaffenburg zum Trollinger-Marathon gekommen war, Bilanz. Der 47-Jährige hatte während der Pandemie den Weg zur Laufgruppe gefunden. Mit der Zeit von 2.09 Stunden für den Halbmarathon war er nicht ganz zufrieden. Nächstes Jahr will Juchum wiederkommen.
Mit Mona und Niklas Batora aus Nordheim lagen sich im Ziel zwei Geschwister in den Armen, die erst ein trauriger Anlass an den Start gebracht hatte. Im Dezember 2021 war ihr Vater Remo an Krebs gestorben. Der leidenschaftliche Läufer hatte zuvor alle Trollinger-Läufe mitgemacht. Zu Ehren ihres Vaters liefen unter dem Motto "Runners for Remo" nicht nur die Kinder, sondern weitere rund 20 Läufer mit. "Obwohl ich traurig war, hat unser Vater mir so viel Energie gegeben und war jeden Kilometer mit dabei", betont Niklas. "So war es doch auch ein schönes Erlebnis", ergänzt Mona Batora.
Strahlende Sieger und zufriedene Veranstalter
Ein schönes Erlebnis war der Lauf auch für Bettina Englisch, die den Halbmarathon klar für sich entschied. "Es war einfach super, und ich bin froh, dass es die Veranstaltung wieder gibt", betont die 42-Jährige nach der Siegerehrung. Auf der Strecke hatte sie sogar noch Zeit, sich die Kräfte einzuteilen. "In einer Woche laufe ich bei den Seniorenmeisterschaften in der Toskana, da will ich mehr Gas geben", sagt sie lächelnd.
Lächelnde Gesichter gab es auch bei den Veranstaltern. "Wir sind sehr zufrieden, es hat alles gut geklappt, und das Helferteam war nach der langen Pause klasse", freute sich Ariane Pakaki-Buchner, die zum ersten Mal als Vorsitzende des WLV-Kreisverbands den Trollinger organisierte. "Wir sind hochzufrieden", betonte auch Steffen Schoch. "Es gab keine nennenswerten Zwischenfälle, und eine solche Veranstaltung nach zwei Jahren wieder auf die Beine zu stellen, ist schon eine reife Leistung", so der HMG-Chef.