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Bundesweit erstes 0,75-Liter-Mehrwegsystem für Wein aus Württemberg

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Württemberger Genossenschaften bringen bundesweit erstes Pfand-System für 0,75-Liter-Weinflaschen auf den Weg. Bisher gibt es dies nur in kleinem Stil oder für Literware.

Im Spülzentrum der Weingärtner-Servicegesellschaft werden bisher nur Literflaschen gespült, bald aber auch solche, die 0,75 Liter fassen.
Foto: WZG
Im Spülzentrum der Weingärtner-Servicegesellschaft werden bisher nur Literflaschen gespült, bald aber auch solche, die 0,75 Liter fassen. Foto: WZG

Klimaschutz ist in aller Munde, auch beim Wein. Eine interessante Erkenntnis dazu hat Dr. Helena Ponstein vom Deutschen Institut für Nachhaltige Entwicklung (Dine) an der Hochschule Heilbronn gewonnen: Verpackungen machen in Gütern, Genossenschaften oder Kellereien 57 Prozent der Emissionen aus, die Kellerwirtschaft 24 Prozent, die Arbeit im Wengert nur 19 Prozent. Das größte Einsparpotenzial an Treibhausgasen steckt in der Flasche, mit allem drum und dran.


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Einen gewissen Einspareffekt schreibt Ponstein Leichtglas zu: wegen geringeren Energieaufwands bei der Erzeugung und wegen weniger Treibstoffverbrauchs beim Transport. Besonders effektiv sei indes "die mehrfache Nutzung der Glasflaschen, da das Spülen wesentlich weniger Energie verbraucht, als das Herstellen neuer Flaschen". Während Mehrweg für Mineralwasser, Säfte oder Bier in Deutschland "völlig selbstverständlich ist", sei es beim Wein "unterrepräsentiert".

Viele Formen

Ein Kernproblem ist laut Justin Kircher von der Genossenschaftskellerei Heilbronn die Vielfalt: von der Bordeaux- und Burgunderflasche über die Schlegelflasche bis hin zu Sonderformen, wobei alle Typen in sich nochmals variieren, auch beim Schraub- oder Korkverschluss. Beim Fassungsvermögen hat sich weltweit das 0,75-Liter-Glas-Gebinde etabliert.

Etablierte Literflaschen

Sparsame Schwaben haben beim Mehrweg mit ihrer Literflasche schon lange die Nase voran. Nun kündigt die Weinheimat Württemberg, also die Werbegemeinschaft der Genossenschaften, die Einführung der - bundesweit ersten - 0,75-Liter-Mehrwegflasche für Wein an, inklusive passendem Pfandsystem. Bisher nehmen nur einzelne Güter wie etwa Drautz-Neckartal in Heilbronn ihre eigenen 0,75-Liter-Flaschen zurück. Erste Weine in der speziell gestalteten Flasche soll es im Laufe dieses Jahres geben. Der Pfandbetrag werde noch festgelegt und sei nicht zuletzt abhängig von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Vorgestellt wird die neue Flasche erstmals auf der internationalen Fachmesse Prowein vom 19. bis 21. März in Düsseldorf. In den Verkehr bringen und verantworten wird den neuen Mehrweg-Pool die "Wein-Mehrweg eG", eine Ende Januar gegründete Gesellschaft in Form einer Genossenschaft.

Vorstand der neuen Firma

Der neue Verbund zählt bereits zwölf Mitglieder, alle WGs. Werner Bender aus Schwaigern ist Vorstand, Ulrich-M. Breutner aus Neuenstein Bevollmächtigter. Für Bender, der auch die Heuchelberg Weingärtner führt, war die Einführung eines geschlossenen Mehrwegsystems überfällig: "Wir können die Mehrwegflasche bis zu 50 Mal befüllen, das spart Ressourcen und Energie, vermeidet Abfall und die Weinbranche wird deutlich unabhängiger." Dadurch biete das neue System ökologische und ökonomische Vorteile. Mittelfristig soll die 0,75 Liter Mehrwegflasche deshalb für erhebliche Teile der Sortimente der Mitgliedsbetriebe verwendet werden und bald große Mengen der derzeit noch verwendeten Einwegflaschen ersetzen.

Großes Spülzentrum gibt es schon

Durch das seit Jahrzehnten etablierte Mehrwegsystem im Ein-Liter-Bereich verfüge man bereits über das notwendige Know how. So betreibt die Weingärtner-Servicegesellschaft (WSG) in Möglingen schon ein Spülzentrum. Die Anlage reinigt bereits jetzt 24 Millionen Literflaschen pro Jahr, für WGs, Kellereien, Güter.

Zunächst im Fachhandel

An den Start geht die neue Flasche zunächst im Getränke- und Weinfachhandel. Bender und Breutner sind sich aber sicher, dass der Lebensmitteleinzelhandel, wo Rückgabesysteme wegen des Mehraufwands nicht überall willkommen sind, folgen wird. Darüber hinaus hätten bereits erste Bio-Handelsgesellschaften und Weingüter Interesse bekundet. Grundsätzlich sei man auch offen für neue Mitglieder, betont Breutner. Denn: Die Mitgliedschaft in dem neuen Mehrwegunternehmen sei Voraussetzung, um an dem geschlossenen Mehrwegsystem teilnehmen zu können.

0,75-Liter-Mehrweg-Vorreiter aus Heilbronn

Eines der wenigen Güter, das neben dem Litergebinde auch die 0,75-Liter-Flaschen in der Bordeaux-Form zurücknimmt, ist das Heilbronner Weingut Drautz-Neckartal. Laut Juniorchef Tobias Drautz erziele man beim Liter einen Rücklauf von 100 Prozent, bei 0,75 seien es 80 bis 85 Prozent, wobei der "Fremdflaschenanteil" nur zwei, drei Prozent betrage: Dank treuer Kunden, die die Flaschen auch ohne Pfand zurückbringen, aber auch dank aufgeschlossener Gastronomen, die für ihren Mehraufwand fünf Cent bekommen.

"Durch unsere Spülanlage sparen wir Fahrten und bei bis zu 50 Umläufen das Geld für ständig neue Flaschen." Deren Preis habe vor Jahren je nach Menge noch konstant bei 20 bis 25 Cent gelegen, inzwischen aber gehe er wegen gestiegener Energiekosten regelrecht "durch die Decke". Vor allem Weißglas sei derzeit knapp, berichtet Gutsbesitzer Klaus Politschek aus Jagstfeld.

 

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