Böckinger Quartierszentrum öffnet die Türe in die digitale Welt für jedermann
Im Projekt "Digi Teilhabe" beantworten Fachleute im größten Heilbronner Stadtteil Fragen rund um Computer, Tabletts, Handys und Internet.

Monika Kegel lässt sich nicht abhängen. Deshalb hat sich die 77-Jährige jetzt einen neuen Laptop gekauft. "Noch ist er mein Feind", sagt die Böckingerin mit einem Augenzwinkern. Aber das soll sich schnellstmöglich ändern.
Damit aus dem Feind ein Freund wird, geht sie mit ihrem Computer mittwochabends ins zum Projekt "Digi Teilhabe" im Quartierszentrum des größten Heilbronner Stadtteils. "Menschen können hierher kommen und sich beraten lassen. Egal mit welchem Bedarf", sagt Quartiersmanagerin Jasmin Ellsässer.
Egal ob niederschwellig oder kompliziert
Drei ehrenamtliche Helfer stehen Jasmin Ellsässer zur Seite, um den Besuchern des Quartierszentrums digitale Fragen aller Art zu beantworten. Das Trio ist hochkarätig besetzt. Allesamt sind sie Spezialisten. Gerne beantworten sie die Fragen der Besucher - egal ob niederschwellig oder kompliziert.
Rechner beherrschen, nicht umgekehrt
Achim Wasserener ist diplomierter Elektrotechniker. Mit Soft- und Hardware der digitalen Welt kennt sich der 72-Jährige aus. Sein Credo: "Der Rechner soll nicht mich beherrschen, sondern ich den Rechner." Damit das auch so funktioniert, müsse man wissen, was man tut. Fragen der Besucher beantwortet er deshalb gern. "Wenn ein Problem da ist, wird es gelöst."
Zusammenarbeit mit Offenen Hilfen
Wasserener kommt über die Offenen Hilfen ins Quartierszentrum. Vor ein paar Jahren habe er dort als Ehrenamtlicher angefangen, um unter anderem bei Einzelbetreuung oder Tagesausflügen zu unterstützen. Einen Computerkurs für Menschen mit Behinderung gab es auch dort über viele Jahre, berichtet Carsten Hummel, der bei den Offenen Hilfen im Freizeitbereich für Kursangebote zuständig ist. Der Computerkurs dort ist jetzt aufgegangen im Projekt "Digi Teilhabe" im Quartierszentrum.
Kleinigkeiten haben große Auswirkungen
Damit praktiziert die Einrichtung im Bürgerhaus gelebt Inklusion. Vier bis fünf Teilnehmer kommen in der Regel ins Café. Die Hilfe der ehrenamtlichen Coaches ist jeweils auf die individuellen Bedürfnisse der Besucher zugeschnitten. "Es geht oft um vermeintliche Kleinigkeiten, die aber im Endeffekt eine riesige Auswirkung haben", sagt Jasmin Ellsässer. Etwa bei Fragen, wie man eine E-Mail-Adresse anlegt. Oder wie man Online-Portale besuchen kann. Digitale Anträge bei Ämtern seien ebenfalls ein großes Thema.
Tickets lösen mit dem Handy
"Der digitale Raum wird immer größer", sagt Jasmin Ellsässer. Viele, vor allem ältere Menschen, wüssten nicht, wie man ein Ticket für den ÖPNV über das Handy kaufen kann. "Das Jobcenter schickt inzwischen Leute zu uns ins digitale Café", so die Quartiersmanagerin.
Ohne E-Mail-Adresse geht nichts
Laut Tobias Schumacher, Fachbereichsleiter Bildung und Gemeischaft bei der Awo Heilbronn, seien rund acht Prozent der Bevölkerung in Deutschland abgehängt. "Menschen mit Migrationshintergrund haben manchmal keinen Zugang, weil sie nicht einmal eine E-Mail-Adresse haben", so Schumacher. Und ohne E-Mail-Adresse geht in der digitalen Welt fast nichts.
Auch Berater lernen bei Beratung

Samis Ellsässer studiert im dritten Semester Wirtschaftsinformatik. Auch er hilft den Besuchern ehrenamtlich bei ihren Problemen mit Computer, Tablet und Handy. Als Softwareentwickler interessiert ihn natürlich auch die Frage, wie die Nutzer mit Oberflächen zurecht kommen. "Es ist für mich spannend zu lernen, was die Leute eigentlich beschäftigt", sagt der 20-Jährige.
Seit Februar im Ruhestand
Heinz-Jürgen Reinstädtler ist der dritte ehrenamtliche Coach in der Runde. Der 63-Jährige hat unter anderem bei Dekra Cyber Security gearbeitet und sogenannte kritische Infrastruktur in Deutschland auditiert. Seit Februar ist er im Ruhestand. Auf das Projekt im Quartierszentrum sei er über einen Bekannten gekommen. Seitdem bringt er sich hier ein. "Mir hat man im Leben auch schon viel geholfen. Jetzt will ich einfach auch etwas weitergeben", sagt Reinstädtler.
Gruppen mit gemeinsamen Interessen
Monika Kegel ist bereits das vierte Mal im Café. Inzwischen ist sie bei Facebook angekommen. Gruppen mit gemeinsamen Interessen findet sie besonders spannend. Und auch über ihr Smartphone hat sie schon viel gelernt. Auch, dass ihr neues Telefon die Nummer des Anrufers anzeigt. "Dann muss ich auch nicht immer rangehen", sagt die 77-Jährige und lacht.
Das Projekt "Digi Teilhabe" des Böckinger Quatierszentrums findet jeden Mittwoch von 17.30 bis 19 Uhr statt. Im Fokus der Beratung steht, Menschen eine Teilhabe im digitalen Raum zu ermöglichen. Das Projekt läuft gemeinsam mit der Stiftung Aktion Mensch, dem Bundesverband der Awo, der Offenen Hilfen Heilbronn und dem Quartierszentrum im größten Heilbronner Stadtteil. Drei ehrenamtliche Berater beantworten Fragen zu Geräten sowie Fragen rund um Software, Apps und Surfen im Internet.