Elf Kunden geprellt: Betrugsprozess gegen Treppenbauer in Heilbronn
Ein 69-Jähriger Bad Friedrichshaller soll Kunden betrogen, seine Firma in den Bankrott geführt und die Insolvenz verschleppt haben. Ein Geständnis gab es am Montag vor dem Amtsgericht Heilbronn nicht.

Gegen eine Zahlung von 100.000 Euro hat das Amtsgericht Heilbronn am Montag ein Strafprozessverfahren gegen einen 69 Jahre alten Bad Friedrichshaller Unternehmer eingestellt. Die Staatsanwaltschaft warf dem gelernten Steinmetzmeister gewerbsmäßigen Betrug, vorsätzliche Insolvenzverschleppung und vorsätzlichen Bankrott vor. Der Angeklagte ließ über seinen Anwalt zwar erklären, dass die Vorwürfe nicht zuträfen. Er sei aber bereit, den entstandenen Schaden wieder gutzumachen.
Prozess am Amtsgericht Heilbronn: Angeklagter ist ein Unternehmer aus Bad Friedrichshall
Mit einer Beteiligung von 80 Prozent ist der Bad Friedrichshaller Ende Oktober 2018 ins Systemtreppengeschäft eingestiegen. Laut Staatsanwaltschaft hielt er mit 80 Prozent die Mehrheit der Anteile. Er sei "faktischer Geschäftsführer" gewesen, "der die Geschicke der Gesellschaft maßgeblich bestimmte". Er habe die Geschäfte geführt und die Akquise von Kunden betrieben.
Laut Anklage soll der Steinmetzmeister elf Kunden betrogen haben. Dabei habe der Beschuldigte im Zeitraum zwischen Oktober 2020 bis Juli 2021 Verträge für die Installation von Treppenanlagen abgeschlossen, für die die Kunden im Vorfeld Abschlagszahlungen von rund 2100 bis zu knapp 20.000 Euro geleistet haben. Die Zahlungen summieren sich auf zusammen über 92.000 Euro. Eine Gegenleistung gab es laut Staatsanwältin dafür aber nicht.
Staatsanwältin am Heilbronner Amtsgericht: Angeklagter wollte sich Einnahmequelle beschaffen
Stattdessen habe der Angeklagte, der auch in dritter Generation ein Unternehmen für Grabmale mit mehreren Niederlassungen weit über die Region Heilbronn hinaus betreibt, "jeweils in der Absicht gehandelt, sich eine Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zur Bestreitung seines Lebensunterhalts und seiner sonstigen Bedürfnisse zu verschaffen", so die Staatsanwältin.
Die Systemtreppen GmbH soll zudem nicht mehr in der Lage gewesen sein, ihre Verbindlichkeiten zu begleichen. Spätestens Ende Juni 2021 sei sie zahlungsunfähig und überschuldet gewesen, so die Anklägerin weiter. Als faktischer Geschäftsführer hätte der Beschuldigte spätestens Ende Juli einen Insolvenzantrag stellen müssen, was er aber nicht tat. Stattdessen habe er die Firma umgewandelt und ihr einen neuen Namen gegeben.
Unternehmer aus Bad Friedrichshall: Vollmacht über Firmenkonto behielt Angeklagter in der Hand
Dafür bestellte der 69-Jährige einen Mann aus Berlin zum Geschäftsführer, der wiederum bereits zwei Wochen später die Geschäfte an einen nächsten Geschäftsführer übergab. Wiederum drei Monate danach wurde der Sitz dieser Firma von der Salinenstraße in Bad Friedrichshall nach Berlin verlegt. Die Vollmacht über das Firmenkonto bei der Kreissparkasse Heilbronn gab der Angeklagte aber nicht aus der Hand. Die Schein-Geschäftsführer sind auch ins Visier der Ermittler geraten.
Laut Anklagevertreterin habe sich der Beschuldigte "durch die Umfirmierung, die vollzogenen Wechsel der formellen Geschäftsführer und die scheinbare Firmensitzverlegung im Rahmen einer sogenannten Firmenbestattung seiner Leistungspflicht" entzogen. Die Kunden, die für die Systemtreppen bereits bezahlt hatten, blieben auf dem Schaden von zusammen mehr als 92.000 Euro sitzen.
Prozess am Amtsgericht Heilbronn: Beschuldigter übernimmt Verantwortung
Ein Geständnis wollte der Angeklagte vor dem Heilbronner Amtsgericht nicht ablegen. Er sehe aber eine Verantwortung für das, was geschehen sei, erklärte der Verteidiger des Beschuldigten. Die Firma sei zu keinem Zeitpunkt zahlungsunfähig gewesen. "Bei der Umbenennung waren alle Rechnungen bezahlt", so der Anwalt. Zu keinem Zeitpunkt habe der Angeklagte Kontakt mit Kunden gehabt. Auch habe er keine Verträge abgeschlossen.
Dass er überhaupt mit 80 Prozent Mehrheitsanteile in die Firma eingestiegen sei, habe er aus Gefälligkeit getan. Wieder aussteigen wollte er wegen persönlicher Probleme mit seinem Geschäftspartner, der 20 Prozent der Anteile hielt. Die Abwicklung sei "nicht sehr elegant und intelligent" gewesen, räumte der Anwalt des Angeklagten ein. Dass Kunden zu Schaden gekommen sind, täte ihm aber sehr leid. Profitiert habe er davon nicht.
Zahlungsverpflichtung: Beim Betrugsprozess gegen einen 69 Jahre alten Geschäftsmann aus Bad Friedrichshall vor dem Heilbronner Amtsgericht einigten sich die Prozessbeteiligten am Montagnachmittag auf einen Vorschlag von Richter Michael Reißer. Demnach muss der Bad Friedrichshaller 100.000 Euro bezahlen. Gut 92.000 Euro gehen als Wiedergutmachung an insgesamt elf geschädigte Kunden aus der Region. Den Rest muss er an die sozialen Einrichtungen Frauen helfen Frauen in Heilbronn, den Kinderschutzbund Heilbronn sowie an die Sozialberatung Heilbronn bezahlen. Im Gegenzug wurde das Verfahren eingestellt.
Im berühmten Raser-Prozess am Landgericht Heilbronn wurden vor kurzem die Plädoyers gesprochen.


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