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Haus in der Heilbronner Lerchenstraße wird abgerissen: Hier lebte einst Theodor Heuss

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Direkt gegenüber dem Heilbronner Landratsamt wird ein unscheinbares Wohnhaus mit einer großen Vorgeschichte abgebrochen. Hier lebte einst Theodor Heuss.

In dem gelben Wohnhaus an der Lerchenstraße 43 befand sich lange die Kleintierklinik Dr. Scholl.
In dem gelben Wohnhaus an der Lerchenstraße 43 befand sich lange die Kleintierklinik Dr. Scholl.  Foto: Seidel, Ralf

Am Landratsamt ist städtebaulich einiges in Bewegung. Nun sorgt ein Bagger für Aufsehen, der an der Lerchenstraße 43 ein gelbes Nachkriegshaus abreißt. Vielen Heilbronnern ist es als Kleintierklinik Dr. Scholl ein Begriff, wobei diese inzwischen in die Anicura GmbH mit Sitz in der Bahnhofsvorstadt eingegangen ist.

Erst seit wenigen Jahren wissen Passanten und lokalhistorisch bewanderte Beobachter, dass an der Lerchenstraße 43 einst das Elternhaus des späteren Bundespräsidenten Theodor Heuss stand. "Es wurde aber leider im Zweiten Weltkrieg zerstört", weiß Dr. Joachim Hennze von der Unteren Denkmalschutzbehörde.


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Der Nachfolgebau sei "nichts Außergewöhnliches", Heuss habe nur kurz darin gewohnt, wodurch sich die lokalhistorische Bedeutung in Grenzen halte. Kurzum: Das Gebäude steht nicht unter Denkmalschutz.

Bürogebäude mit Tiefgarage in Planung

"Für den Abbruch von Gebäuden dieser Art und Größe ist nicht einmal eine amtliche Genehmigung notwendig", erklärt Christian Netzlaff vom Amt für Planung und Baurecht. Über den Bereich des Gebäudes hinaus plane die benachbarte Firma Baier & Schneider ein größeres Bürogebäude mit Tiefgarage.

Gedenktafel ist verschwunden

Während von dem gelben Haus am Dienstag kaum noch was übrig war, ist eine Gedenktafel ganz verschwunden. Selbst beim Theodor-Heuss-Freundeskreis weiß man nicht, wo sie geblieben ist. Auf seine Initiative war sie 2006 am Gartenzaun angebracht worden: gestiftet vom Unternehmer Otto Rettenmaier, der auch das Haus der Stadtgeschichte finanzierte.

Das Haus, das derzeit abgebrochen wird, stammte aus der Nachkriegszeit. Heuss' Elternhaus wurde 1944 zerstört.
Das Haus, das derzeit abgebrochen wird, stammte aus der Nachkriegszeit. Heuss' Elternhaus wurde 1944 zerstört.  Foto: Seidel, Ralf

Auf der Tafel heißt es: "Hier verbrachten der erste Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland, Theodor Heuss (1884-1963) und seine Brüder Ludwig Heuss (1881-1932) und Hermann Heuss (1882-1959) ihre Jugendjahre. Das 1882 von Stadtbaumeister Louis Heuss (1853-1903) und seiner Ehefrau Elisabeth, geborene Gümpel (1853-1921), errichtete Haus wurde 1944 bei dem schweren Luftangriff auf Heilbronn bis auf die Grundmauern zerstört." Wie es bei der Enthüllung 2006 hieß, sei die Standortsuche gar nicht so einfach gewesen.

Heuss hatte etliche Wohnadressen

Heuss wechselte nicht erst als Politiker in Berlin, Bonn und Stuttgart die Wohnungen, sondern schon als junger Mensch und Journalist. Zur Welt kam er in Brackenheim, wo sein Geburtshaus kurz nach der Bundespräsidentenwahl abgerissen wurde und einer Kelter wich. Als Vater Louis 1890 Stadtbaumeister von Heilbronn wurde, bezog die Familie zunächst eine Wohnung in der Klarastraße 24, ehe man sich an der Lerchenstraße 43 vom Architekten Georg Heinrich Stroh eine Jugendstilvilla bauen ließ. Doch schon 1903 starb der Vater. Die Mutter verkaufte das Haus und zog in eine Wohnung an der Wollhausstraße 11, wo heute das Hans-Rießer-Haus steht.

Doktorarbeit über den Wein

Theodor Heuss selbst hatte schon 1902 sein Studium in München und Berlin begonnen, weilte aber zur Recherche für die 1905 veröffentlichte Doktorarbeit über den Heilbronner Weinbau in der Heimat. Nach dem Studium wurde er von Friedrich Naumann dann als Redakteur für die Berliner Zeitschrift "Die Hilfe" engagiert, um 1912 bis 1918 in der Heimatstadt die "Schriftleitung" der am Wollhaus angesiedelten "Neckar-Zeitung" zu übernehmen. Zusammen mit Ehefrau Elly Heuss-Knapp und Söhnchen Ernst Ludwig bezog man eine Wohnung an der Lerchenstraße 31, also nur wenige Schritte vom einstigen Elternhaus entfernt. Heute steht dort ein großes Mehrfamilienhaus aus den 1980er Jahren.

 
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