Aus Streit um Fahrverbote wird Ernstfall
Droht ein Diesel-Fahrverbot in Heilbronn? Die Deutsche Umwelthilfe nennt das Maßnahmenpaket der Stadt, das für bessere Luft sorgen soll, unzureichend und verlangt rasches Handeln. Im Streit um dauerhaft zu hohe Stickoxidwerte fällt 2018 ein Grundsatzurteil.

Plötzlich geht alles ziemlich schnell: Als der kleine Verbraucherschutzverband Deutsche Umwelthilfe im August gegen 45 weitere Städte formelle Verfahren wegen dauerhaft überhöhter Werte des Reizgases Stickstoffdioxid einleitet, sind auch Heilbronn und das für den Luftreinhalteplan verantwortliche Land Baden-Württemberg betroffen. Die Umwelthilfe fordert binnen vier Wochen einen Katalog an, mit welchen Maßnahmen die Städte die Grenzwerte rasch einhalten wollen. Und droht schon mal Klagen an, falls die Projektsammlung nicht zufriedenstellend ausfallen werde.
Die Stadt Heilbronn hat – wie viele andere Städte auch – über Jahre nicht viel getan, um die Werte deutlich zu senken. Autozahlen nahmen immer mehr zu, effektive Gegenmaßnahmen kosten eine stattliche Summe Geld. Ohne Förderhilfe der Politik, war der Tenor, könne man als Kommune nicht viel voranbringen.
Stadt stellt Maßnahmenliste zusammen
Als die Drohung der Umwelthilfe öffentlich wird, reagiert die Stadt. Binnen weniger Tage stellt sie eine Liste mit 19 Maßnahmen zusammen, die die Luftschadstoffe senken sollen. Ein Fahrradschnellweg, ein Fahrradparkhaus, vernetzte Rad- und Carsharing-Angebote, das Umstellen des städtischen Fuhrparks und von Bussen auf E-Fahrzeuge oder Projektkosten für eine neue Stadtbahnlinie ins Schozach- und Bottwartal zählen dazu. Die Umwelthilfe kanzelt die Maßnahmen als „unzureichend“ ab, weil nicht rasch umsetzbar, und betont, auch Heilbronn werde um Fahrverbote nicht herumkommen. Notfalls solle dies mit richterlichen Beschlüssen erstritten werden.
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Es wird ein spannender Wettlauf mit der Zeit. Die Stadt reicht beim Bund einen Masterplan „Green City“ mit allen Maßnahmen ein, das Rahmenwerk soll bis Sommer stehen. 180.000 Euro bewilligt der Bund kurz vor Weihnachten für die Planung. Das Land Baden-Württemberg stellt Gespräche über kurzfristige Maßnahmen zur Schadstoffreduktion und ein Sofortprogramm in Aussicht.
Stuttgart steht schon einige Schritte weiter vor einem möglichen Fahrverbot. Nachdem die Deutsche Umwelthilfe die Stadt wegen der extrem dreckigen Luft an der Station Neckartor bei Feinstaub und Stickoxiden verklagt hatte, entschied das Verwaltungsgericht Stuttgart im Juli eindeutig zugunsten des Umweltverbandes. Die Richter forderten schnellstmögliche Maßnahmen für eine bessere Luftreinhaltung in der Landeshauptstadt. Das Gericht sah ganzjährige Diesel-Fahrverbote als unausweichlich an, um die Grenzwerte einzuhalten. Stichtag für Maßnahmen: 1. Januar 2018.
Drohendes Dieselverbot in Innenstädten
Nach langem Hin und Her legt das Land Baden-Württemberg Sprungrevision gegen das Urteil ein. Damit sind Fahrverbote vorerst abgewendet. Aber: Im Februar 2018 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig in höchster Instanz im Fall der Deutschen Umwelthilfe im Rechtsstreit mit der Stadt Düsseldorf. Wird dort der erste Richterspruch bestätigt, wird es wohl auch in Stuttgart – und Heilbronn – schwer werden, alte Diesel weiter in die Innenstädte fahren zu lassen.
Die Werte in Stuttgart waren 2016 alarmierend. Bei Feinstaub lag die Stadt am Neckartor mit 63 Überschreitungen der 50-Mikrogramm-Schwelle im Jahr ebenso eklatant über dem Grenzwert wie beim Stickstoffdioxid (Jahresmittelwert 82 statt erlaubter 40 Mikrogramm). Heilbronn hat bei Stickoxid deutlich erhöhte Werte (57 Mikrogramm Jahresmittel). Beim Feinstaub lag die Stadt zuletzt indes deutlich unter dem Grenzwert.
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