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Am Hafen läuft immer weniger über den Neckar

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Noch weiter zurückgehen darf die Binnenschifffahrt auf dem Neckar nicht. Der Heilbronner Hafen verliert seit Jahrzehnten umgeschlagene Güter an die Schiene. Für die Zukunft muss der Hafen neu ausgerichtet werden, denn die Zeit drängt.

Von Christian Gleichauf
Blick auf den Kanalhafen in Heilbronn mit dem EnBW-Kraftwerk. Foto: Andreas Gugau
Blick auf den Kanalhafen in Heilbronn mit dem EnBW-Kraftwerk. Foto: Andreas Gugau  Foto: Andreas Gugau

Die Zahlenreihen zeigen nach unten. Die Binnenschifffahrt auf dem Neckar ist auch im Jahr 2018 stark rückläufig. Doch Helmut Semenass, als Liegenschaftsamtsleiter der Stadt Heilbronn für den Hafen zuständig, ist optimistisch. Er sagt: "Die Talsohle ist erreicht." Und eine Neuausrichtung soll bald schon die Zukunft des Heilbronner Hafens sichern.

2019 macht ein bisschen Mut

Die Entwicklung der vergangenen Jahre in Heilbronn lässt sich nicht mit Wetterextremen erklären, auch wenn 2018 durch die Dürre im Sommer ein besonders schlechtes Jahr war. Langfristig ging es nach unten. Die ersten Daten für das Jahr 2019 zeigen aber nach oben, teilt Semenass im Gespräch mit der Heilbronner Stimme mit. "Wir versuchen, uns gegen den Abwärtstrend zu stemmen."

Dazu wurde ein Zukunftskonzept für den Heilbronner Hafen in Auftrag gegeben. Es soll in diesem Sommer dem Gemeinderat vorgestellt werden. Die Fachleute untersuchen, welche Weichenstellungen notwendig sind. Noch gibt es keine Erkenntnisse, die veröffentlicht werden dürfen.

Ein Hafen, zwei Verkehrsträger

Eines der offensichtlichen Probleme zeigt sich, wenn man den Zahlen folgt. So wurde ein Großteil der umgeschlagenen Güter nicht erst im vergangenen Jahr vom Neckar auf die Schiene verlagert. Besonders augenfällig ist das bei der Kohle für das Heilbronner EnBW-Kraftwerk. Sieht man sich nur die Zahlen für den Wasserweg an, könnte man auf die Idee kommen, der Kohleausstieg sei schon vollzogen. Von 1,3 Millionen Tonnen im Jahr 2013 ging es zuletzt auf 275.000 Tonnen runter. Doch siehe da, kontinuierlich steigt seit Jahren die Menge, die über die Hafenbahn transportiert wird, auf mittlerweile 765.000 Tonnen.

"Die Verlagerungseffekte sind bei der Kohle deutlich zu sehen", kommentiert Torsten Briegel, Geschäftsführer der für die Hafenbahn zuständigen Stadtwerke. Mittlerweile werden über die Hafenbahn 1,65 Millionen Tonnen an Gütern transportiert - das sind drei Viertel der Menge, die über den Neckar umgeschlagen werden.

Und die Entwicklung scheint so weiterzugehen, wie Uwe Kunath, Leiter der Industrie- und Hafenbahn bei den Stadtwerken, erläutert. "In den ersten zwei Monaten 2019 haben wir über die Hafenbahn schon wieder 25 Prozent mehr Kohle befördert als im Vorjahr."

Leerfahrten machen die Schifffahrt teuer

Sowohl bei den Stadtwerken als auch im Liegenschaftsamt scheint inzwischen aber klar geworden zu sein, dass man die verschiedenen Verkehrsträger nicht mehr unabhängig voneinander betrachten und vorantreiben kann. Semenass gibt ein Beispiel: "Früher war es so, dass die Schiffe mit Kohle fürs Kraftwerk gekommen sind und den Hafen mit Heilbronner Salz wieder verlassen haben." Das sei nun kaum noch möglich. Leerfahrten seien die Folge, was den Transport des Salzes verteuert habe.

Momentan profitiert nun zwar die Hafenbahn von den Verlagerungseffekten, doch langfristig drohen durch den Kohleausstieg auch hier Probleme. Diese sollen nun rechtzeitig angegangen werden.

Perspektive ist für den Hafen entscheidend

Ohne eine Perspektive würde es schließlich kaum Sinn ergeben, freiwerdende Grundstücke am Neckar den Pächtern weiterhin nur für eine "hafenaffine Nutzung" zu überlassen, wie es bisher der Fall ist. Doch eine Abkehr von dieser Vorgabe hätte eine weitere Schwächung des Hafens zur Folge. Mit Spannung werden die Ergebnisse der Untersuchung erwartet.

Mehr zum Thema: Auch in anderen Häfen in Baden-Württemberg wurden 2018 weniger Güter umgeschlagen
 


Einzelne Gütergruppen unter der Lupe

Die Zukunftsaussichten des Heilbronner Hafens sähen deutlich düsterer aus, gäbe es nicht das Salz. So ist die Güterabteilung "Erze, Steine und Erden" die einzig relevante, die sich im Vergleich zu 2011 positiv entwickelt hat. Was sich dahinter verbirgt, lässt sich ableiten aus den Zahlen für Versand und Empfang, die vom Statistischen Landesamt getrennt ausgewiesen werden. Demnach dürfte rund die Hälfte Industriesalz sein, das Heilbronn verlässt. Für den Streusalzversand werden vorwiegend Lkw eingesetzt. Stabil bleiben in dieser Gruppe auch die Zahlen beim Empfang - das sind Kies und ähnliche Baustoffe.

Überraschend schlecht entwickelten sich "Nahrung und Genussmittel". Dass 2018 fast nichts mehr über den Hafen umgeschlagen wurde, überrascht Heilbronner Experten. Reiner Faber, bei der Baywa in Heilbronn für Agrarprodukte verantwortlich, kann sich die Zahlen für 2018 gar nicht erklären, denn allein die Baywa habe mindestens 35.000 Tonnen Getreide über den Neckar versandt - mehr als zehn Mal so viel wie in der Statistik steht. Das Beweka Kraftfutterwerk nutzte den Schiffsweg dagegen noch nie nicht für den Tierfutter-Versand, wie Geschäftsführer Artur Bisenius erklärt. Es gibt keine Verlademöglichkeit.

 

 

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