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Türkische Gemeinschaft in Heilbronn – Die gefährliche Ideologie der "Grauen Wölfe"

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Die größte rechtsextremistische Organisation in Deutschland wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Recherchen der Heilbronner Stimme ergeben, dass auch die Türkische Gemeinschaft in Heilbronn darunterfällt.

Ein Teilnehmer einer protürkischen Demonstration zeigt den Gruß der "Grauen Wölfe".
Ein Teilnehmer einer protürkischen Demonstration zeigt den Gruß der "Grauen Wölfe".  Foto: Peter Kneffel

Die "Grauen Wölfe" sind laut Bundeszentrale für politische Bildung die größte rechtsextremistische Organisation in Deutschland. Sie nennt sich selbst die Ülkücü-Bewegung ("Bewegung der Idealisten"). Die Behörde geht davon aus, dass ihr bundesweit mehr als 12.000 Menschen angehören. Es gibt drei Dachverbände: ADÜTDF, ATIB und ANF.

In Baden-Württemberg sind es etwa 2550 Anhänger in verschiedenen lokalen Gruppen. Das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) führt die Türkische Gemeinschaft in Heilbronn mit Sitz in der Austraße als Filiale der ADÜTDF. Ein Vertreter der Türkischen Gemeinschaft äußert sich auf Anfrage nicht. Laut LfV handele es sich um eine rechtsextreme, türkisch-nationalistische Bewegung.


"Grauen Wölfe" sind seit Jahrzehnten aktiv

Die "Grauen Wölfe" fallen mit einem antisemitischen und rassistischen Weltbild auf. Seit Jahrzehnten sind sie auch in Deutschland aktiv. Ein Sprecher des LfV teilt auf Nachfrage mit, dass den drei Dachverbänden etwa 50 Ortsvereine in Baden-Württemberg zugerechnet werden. Darüber hinaus gebe es eine nicht vereinsrechtlich organisierte, freie türkisch-rechtsextremistische Szene. Die Gruppen werden vom LfV beobachtet.

Recherchen der Heilbronner Stimme ergeben, dass auch die Türkische Gemeinschaft in Heilbronn darunterfällt. Damit ist sie neben der Bilal-Moschee in der Burenstraße in Heilbronn das zweite bekannt gewordene Beobachtungsobjekt.

Zu einem Verbot der Ülkücü-Bewegung ist es bislang nicht gekommen. Yunus Ulusoy vom Zentrum für Türkeistudien in Essen steht einem Verbot skeptisch gegenüber. "Gedanken oder eine Gesinnung kann man nicht verbieten." Anstatt gegen einen ganzen Verein vorzugehen, sei es bei hinreichenden Beweisen geeigneter, einzelne Personen aus den Vereinen anzuklagen. In der Türkei ist die Mutterpartei der Ülkücü-Bewegung, die MHP, Teil der Regierung. "Eine Art Koalitionspartner" sagt Ulusoy. Der Wissenschaftler weist darauf hin, dass Nationalismus in der Türkei anders besetzt sei als in Deutschland. Es gehe dabei um die Zugehörigkeit zur Türkei, zur Nation.


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Nach Angaben des Verfassungsschutzes treffen sich Mitglieder der türkischen rechtsextremen Grauen Wölfe in Räumen des Vereins der Türkischen Gemeinschaft in Heilbronn in der Austraße. 
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In türkischem Verein in Heilbronn wird extremistisches Gedankengut verbreitet


Vermeintliche Gegner herabgewürdigt

Laut Verfassungsschutz geht damit ein extremes Nationalbewusstsein einher. Das Türkentum wird als übergeordnete Nationalität und Kultur angesehen. Ergänzt wird diese ideelle Überlegenheitsvorstellung dadurch, dass vermeintliche Gegner des Türkentums herabgewürdigt werden. Das betrifft Armenier, Juden, US-Amerikaner oder Kurden. Erst im August dieses Jahres interessierten sich die SPD-Landtagsabgeordneten Sascha Binder und Dr. Boris Weirauch für die Ülkücü-Bewegung. Auf eine kleine Anfrage antwortet das Landesinnenministerium, dass Ziele der Ülkücü-Bewegung mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht vereinbar seien.

Ein Vereinsverbot liegt in der Verantwortung des Bundesinnenministeriums. Dort rechnet man die Ülkücü-Bewegung dem "Auslandsbezogenen Extremismus" zu. Zu möglichen Vereinsverboten äußere man sich generell nicht, teilt eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums schriftlich mit. Es bestünde die Gefahr, dass von einem Verbot Betroffene ihr Verhalten danach ausrichten. "Die Wirksamkeit operativer behördlicher Maßnahmen können beeinträchtigt oder diese vereitelt werden."

Der Heilbronner Bundestagsabgeordnete und innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU, Alexander Throm, äußert sich auf Nachfrage nicht. Er verweist auf einen Antrag von Union, SPD, FDP und den Grünen unter anderem mit den Forderungen, den Einfluss der Ülkücü-Bewegung zurückzudrängen und gegen Vereine der Bewegung Organisationsverbote zu prüfen. Das war vor drei Jahren.

Gruß bei Länderspiel

Beim 2:3 der deutschen Fußballnationalmannschaft gegen die Türkei zeigten mehrere türkische Anhänger den Gruß der rechtsextremistischen Bewegung "Graue Wölfe". Nach Angaben der Polizei gab es 92 Festnahmen, 71 Ermittlungsverfahren wurden eingeleitet. Zwei Polizisten seien beim Einsatz rund um die Partie verletzt worden. Die Sicherheitskräfte verzeichneten sowohl beim Fanmarsch türkischer Anhänger sowie im Stadion vereinzelt den verbotenen Einsatz von Pyrotechnik. Ein Polizist sei mit der Faust geschlagen worden. 

 

 

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